Slant
Bibliothek. Pent und Pickwenn haben diesen Bereich erkundet.« Als wollte er Hale einen Knochen hinwerfen, damit er Ruhe gibt, fügt er hinzu: »Der Notlift mit eigener Energieversorgung müsste ganz in der Nähe sein.«
Jonathan nimmt Marcus’ Arm und führt ihn von Jenner und Hale fort. Marcus nickt dankbar und blickt zu Jonathan auf. »Ich hasse Wespen und Bienen«, sagt er schleppend. »Ich habe Todesangst vor den Biestern. Anaphylaktischer Schock. Ich besitze keine medizinischen Monitoren, Jonathan.«
Jonathan versucht ihn zu beruhigen, aber er hat keine Worte mehr übrig und kaum noch Speichel auf der Zunge.
»Das Notfallzugangssystem ist von jeder zentralen Kontrolle isoliert«, sagt Giffey, »damit es nicht durch Störungen beeinträchtigt wird. Keinerlei Verbindungen. Kein Datenfluss.«
Giffey setzt sich wieder in Bewegung, langsam, sodass Marcus und Jonathan nicht den Anschluss verlieren. Marcus scheint nun seinen toten Punkt überwunden zu haben; er verzieht bei jedem humpelnden Schritt das Gesicht, aber er bleibt in Bewegung.
»Sie haben den Namen >Roddy< benutzt«, sagt Giffey. »Ist das ein Denker?«
»Wie ich hörte, ist er besser als jeder Denker«, stößt Marcus zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Besser als jeder Mensch.«
Giffey scheint diese Neuigkeit recht positiv aufzunehmen. »Vielleicht ist es eine Bienen- oder Wespenkönigin«, sagt er und wirft Marcus einen bedeutungsvollen Blick zu. Er hat mitgehört, wie Marcus seinen Befürchtungen Ausdruck gab.
»Mich würde nichts überraschen, wenn es um Seefa Schnee geht«, sagt Marcus.
Plötzlich verliert Giffeys Miene an Zuversicht. Dieser Name weckt den Mann aus Hispaniola. »Schnee«, wiederholt Giffey und presst für einen Moment die Lippen zusammen. »Verdammt!«
Sie haben einen unvollendeten Abschnitt der Galerie erreicht, wo riesige schwarze Träger durch große Lücken in den Wänden zu sehen sind. Direkt dahinter liegt der Eingang zur zentralen Bibliothek. Ein Stück der Wand wurde aufgebrochen, offensichtlich von Pickwenn und Pent, und dicke elektrische Kabel wurden aus den Halterungen gerissen, die nun mit den losen Enden auf einer Steinplatte liegen.
Giffey sieht sich die Kabel sehr genau an.
Hales Autorität scheint sich allmählich wiederzubeleben. Er geht vor und zurück und sagt schließlich: »Ich gebe uns die Anweisung zum Rückzug. Hier ist nichts für uns. Mir liegt nichts daran, mein Gesicht zu wahren. Ich will nur noch lebend hier herauskommen. Bringen Sie uns raus, Giffey. Wenn Sie wissen, wo wir uns befinden und wie wir von hier wegkommen, dann zeigen Sie uns jetzt den Weg!«
»Wir werden unser Bestes geben«, erwidert Giffey rätselhaft.
»Sie… Sie haben dieses Ziel schon die ganze Zeit verfolgt, nicht wahr?«, fragt Jenner eifrig. »Den Weg nach draußen. Bu schi fi nigg.«
»Hören Sie endlich mit diesem Schwachsinn auf!«, schreit Hale Jenner an.
»Ich k-k-kann nichts dagegen tun«, sagt Jenner. »Ich muss hier so schnell wie möglich raus, Mr. Giffey.«
Giffey betrachtet immer noch gedankenverloren die Kabel. Alles andere strömt wie Wasser um einen Felsen an ihm vorbei.
»ICH HABE HIER DAS KOMMANDO!«, brüllt Hale. Seine Stimme klingt matt und wirkungslos in diesem engen Raum, wie etwas Totgeborenes. Trotzdem zuckt Marcus zusammen und klammert sich an Jonathans Arm.
»Wir gehen«, versichert Giffey ihnen und runzelt die Stirn. »Das habe ich doch bereits gesagt, oder nicht? Runter, durch das Schott und raus.«
24 /
Jill hat innerhalb des fragmentierten Raums, der ihr zur Verfügung steht, so viele Bollwerke wie möglich errichtet und an einer Hypothese gearbeitet, die eine gewisse, wenn auch verschwindend geringe Erfolgschance verspricht. Roddy ist in der Tat ein Meister, was die Überwindung von Firewalls betrifft, aber nur, wenn er Tage oder Wochen Zeit hat. Seine Leistung ist gewaltig, aber er ist langsam.
Vorübergehend hat sie sich eine hauchdünne Illusion der Freiheit geschaffen. Roddy gestattet ihr, gewisse Bereiche innerhalb von Omphalos zu erkunden. Er zeigt ihr nicht die Stellen, wo er angeblich Eindringlinge getötet hat; diese Informationen sieht sie nur als primitives Diagramm, in dem die Leichen jeweils mit einem roten X markiert sind. Fünf sind noch am Leben, darunter auch die pulsierende grüne 1.
Sie hat es aufgegeben, Roddy bekehren zu wollen. Und sie hat es aufgegeben, weitere Leben zu retten. Jetzt bleibt ihr nur noch die Pusteblumentaktik, indem sie
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