Slant
Apropos, ich soll dir etwas sagen: >Bei Zigarren zählen eins und sieben nicht. <«
Der Mann mit dem angegrauten Haar reagiert nun mit wirklichem Schrecken, als er nach dem Geländer greift, damit er nicht das Gleichgewicht verliert. Der Name und die Parole entfalten ihre ganze Wirkung.
Jack Giffey stirbt. Er hat Angst, als er verschwindet – so viel kann Carl Black spüren – und dann zerplatzen die Gedanken, die Erinnerungen und die Charaktereigenschaften, die nicht zu Carl Black gehören, verpuffen wie schlechte Verbindungen in einem Netzwerk.
»Komm schon, alter Knabe«, sagt der große Mann und nimmt seinen Arm.
»Danke«, sagt Carl Black.
Jetzt fühlt er sich wirklich alt, völlig aufgebraucht. Er hat Mühe, den Rest der Treppenstufen zu bewältigen.
37 /
»Wer, zum Teufel, sind Sie?«
Jonathan öffnet die Augen und blickt durch die offene Tür des Lifts nach draußen. Eine kleine, zierliche Frau in schwarzer Bluse und schwarzer Hose steht nicht weit entfernt und starrt ihn mit geweiteten, verängstigten Augen an. Zwischen Daumen und Zeigefinger hält sie eine Zigarette mit über zwei Zentimetern Asche, die jeden Augenblick herunterzufallen droht.
»Sie dürfen hier nicht sein. Nur ich benutze diesen Lift. Raus!«
Jonathan rappelt sich langsam auf und kommt auf die Beine. Es ist ihm peinlich, dass man ihn in einem solchen Zustand gefunden hat. »Ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte.«
»Hier sind Sie auf jeden Fall falsch«, sagt die Frau und drängt ihn mit ungeduldigen Handbewegungen, den Lift zu verlassen. »Stehen Sie auf und verschwinden Sie.«
Jonathan ist über einen Kopf größer als sie, trotzdem fühlt er sich durch ihre wütend funkelnden Augen eingeschüchtert.
»Sie sind Seefa Schnee«, sagt er.
Sie schnippt die Zigarette fort und tritt zurück. »Ich kenne Sie nicht.«
»Ich bin mit Marcus Reilly gekommen.« Er befindet sich in der Nähe des Herzens von Omphalos, und er hat das letzte Stück seines Weges ohne Marcus zurückgelegt, aber er ist sich nicht zu gut, Marcus’ Namen zu benutzen, wenn er damit seine Chancen verbessern kann.
Sie scheint nicht bewaffnet zu sein.
»Marcus ist ein kleines Licht«, sagt sie. »Wollte er Sie rekrutieren?« Sie hält sich automatisch die Hand vor den Mund, als sie eine Serie abgehackter Flüche ausstößt.
»Ja«, antwortet Jonathan, nachdem dieser Zwischenfall vorüber ist.
Sie wischt sich über die Lippen. »Ein kleines Licht. Ihm ging das Geld aus. Das wissen Sie, nicht wahr? Haben sich Dinge angesehen, die Sie gar nicht sehen sollten. Schauen Sie nur, womit ich arbeiten muss.«
»Marcus wollte mir alles zeigen«, sagt Jonathan. Die Kälte in seinem Kopf fließt in den Rumpf und breitet sich dort aus. Sein Brustkorb fühlt sich wie ein Eisblock an. Er kann töten, wenn es sein muss, wenn er nur auf diese Weise hier herauskommt – alles, was nötig ist, um die Ordnung seiner Familie wiederherzustellen oder ihren Zusammenbruch zu rächen. Reiß das Herz heraus!
»Was m-machen Sie?«, fragt Schnee.
»Ich arbeite in der Produktion von Nano-Nährmitteln«, sagt Jonathan. »Für die Nutrim-Gruppe.«
Schnee nickt hektisch. Ihre Fingernägel sind sehr schmutzig. Er hat noch nie zuvor Fingernägel gesehen, die durch Tabakrauch verschmutzt sind. Sie sehen scharf und hässlich aus. Sie blinzelt und versteckt die Hände hinter dem Rücken.
»Das ist wichtig«, sagt sie in beiläufigem Tonfall, als hätten sie sich soeben auf einer Party kennen gelernt. Jonathan spürt, dass Seefa Schnee sehr einsam ist. »Uns sind die Rohstoffe ausgegangen. Das würde er tun.« Dann scheinen ihre Gedanken umzuschalten und ihre Stimme wird angespannter. »Aber Sie können hier nicht bleiben. Jetzt ist alles Scheiße. Sie sind den Eindringlingen entkommen – ist auch Marcus entkommen?«
»Er ist im ersten Stock und wartet. Ich suche einen Weg nach draußen.«
»Mhm hm«, macht Schnee, die ihm offenbar nicht glaubt. Trotzdem beobachtet sie ihn mit neugierigen Augen. »Mhm hm. Hier sind Sie falsch. Sie müssen in den ersten Stock zurückkehren und den Notlift nehmen…« Dann scheint sie sich an etwas zu erinnern. »Die große Halle ist noch nicht fertig. Sie müssen um die große Halle herumgehen.«
Jonathan verlässt die Liftkabine. Schnee weicht einen weiteren Schritt zurück. Sie trägt schwarze Pyjamahosen. Ihre Füße sind nackt. Ein kleines, teures Pad hängt an einem Riemen um ihren Hals, und er erkennt ausgedehnte Dattoos auf ihren
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