SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast
anders.
Lächelnd liest Janie seine freundliche Korrespondenz mit den Kunden und versucht, ihn sich vorzustellen. Sie wünscht sich, sie hätte mit ihm über all das reden können.
Über sein Leben.
Ein lautes Krachen aus der Küche lässt sie erneut aufschrecken, und sie springt frustriert auf.
»Carrie, was zum Teufel soll das? Im Ernst, lass uns gehen, ja? Mein Gott, dich kann man aber auch nirgendwo mit hinnehmen!« Sie will sich einfach nur konzentrieren, sie will sich die Worte einprägen. Diese Unterbrechungen machen sie verrückt.
Carrie steht auf dem Küchentresen, um in die oberen Schränke zu sehen, und hält sich an einer offenen Schranktür fest. Über die Schulter hinweg sieht sie Janie verlegen an, als diese in die Küche stampft, um sich die Schweinerei anzusehen. »Ich liebe es, wenn du mich Gott nennst.«
Janie presst die Lippen aufeinander, ist immer noch wütend und versucht, nicht zu lächeln.
Der Krach war nicht so schlimm, wie er sich angehört hat.
Es sind fast nur leere Dosen.
»Sieh mal, was ich gefunden habe«, sagt Carrie, zieht eine Schuhschachtel hervor und springt damit herunter. »Notizen und so! Wie eine Schachtel voller Erinnerungen!«
»Stopp! Das geht gar nicht!« Nervös sieht Janie aus dem Fenster, als ob das Geschepper von Blechdosen in dieser Stille sofort Polizeisirenen und quietschende Reifen auf den Plan rufen würde.
»Aber …«, widerspricht Carrie. »Mann, du musst dir das ansehen! Das ist ein Haufen voller Hinweise auf deine Vergangenheit. Die Geschichte deines Dads! Bist du nicht unheimlich neugierig?« Sie starrt Janie an. »Komm schon, Janers! Was für ein Detektiv bist du eigentlich? Das sollte dich interessieren. Hier sind ein paar Anstecknadeln und Münzen und so, und ein Ring! Aber da sind auch Briefe …«
Janies Augen leuchten auf, aber sie sieht die Schuhschachtel nur an. »Nein. Das ist zu … indiskret. Es ist nicht …« Sie bricht ab.
»Los doch, Janers«, flüstert Carrie mit blitzenden Augen.
Janie beugt sich vor und sieht in die Schachtel, vorsichtig verschiebt sie ein paar Dinge darin.
»Nein«, sagt sie und richtet sich abrupt auf. »Und ich will, dass du aufhörst, herumzuschnüffeln.«
»Oh Mann! Wie langweilig!«
»Ja. Aber … es ist einfach irgendwie illegal, was wir hier tun.«
»Du hast doch gesagt …«
»Ja, weiß ich. Ich habe gelogen.«
»Wir könnten also verhaftet werden? Na, das ist ja toll. Du weißt doch, dass ich das schon einmal erlebt habe, und ich habe keine Lust, schon wieder im Gefängnis zu landen – schon gar nicht mit dir! Wer würde uns denn dann rausholen?« Carry hebt die Dosen vom Boden auf und stellt sie wieder zurück. »Meine Eltern würden mich umbringen. Und Stu auch. Verdammt, Janie!«
»Ich … es tut mir leid. Aber es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass wir erwischt werden. Diesen Typen kennt doch praktisch niemand. Außerdem bin ich seine Tochter, das könnte uns einigen Ärger ersparen. Nicht, dass wir welchen bekommen würden …« Janie stellt die Schachtel mit den Erinnerungen auf den Tresen und hilft Carrie beim Aufräumen. Sie ist enttäuscht und wünscht sich, sie wäre doch alleine gekommen. Sie hätte gerne ein wenig Zeit für sich, um sich die Sachen anzusehen, sich zu konzentrieren und es zu verstehen.
Aber sie weiß, dass die Zeit knapp wird. Sie muss herausfinden, wie sie Henry helfen kann, bevor er stirbt. Und vielleicht findet sich in der Schachtel ein Hinweis darauf.
Trotzdem will Janie nichts stehlen. Jedenfalls keine Gegenstände.
Resigniert seufzt sie. »Lass uns abhauen, Carrie.«
Sie gehen.
Janies Hand zögert am Türknauf.
18:00 Uhr
Müde schlurft sie die Auffahrt entlang und am BMW vorbei.
»Hi.«
Carl sitzt auf einem umgedrehten Eimer und streicht den Türrahmen der Eingangstür. Er wendet sich ihr zu, während er sich mit dem T-Shirt-Ärmel den Schweiß vom Gesicht wischt.
»Hi«, antwortet er kühl.
»Du hast mich den ganzen Nachmittag nicht angerufen.«
»Du nimmst doch sowieso nicht ab, wozu sollte ich mir also die Mühe machen?«
Janie nickt, sie weiß, dass sie sich idiotisch verhalten hat. »Wie war das Meeting?«
Er sieht sie nur an. Dieser Blick – so verletzt.
Sie weiß, was sie sagen muss. »Es tut mir leid, Carl.« Und das stimmt auch. Es tut ihr wirklich leid.
Er steht auf.
»Okay«, erwidert er. »Willst du mir erzählen, was in letzter Zeit mit dir los ist?«
Janie schluckt schwer. Sie fährt sich mit den Fingern durch die Haare und
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