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Slide - Durch die Augen eines Mörders

Slide - Durch die Augen eines Mörders

Titel: Slide - Durch die Augen eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Hathaway
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geführt hat. Doch dazu müsste ich erklären, woher ich das weiß, und das würde mir Mattie selbst in ihrem verwirrten Zustand kaum glauben.
    Sie legt sich wieder aufs Kissen und zieht sich die rosa Tagesdecke über den Kopf. Das Licht der Straßenlaterne fällt durch die Schlitze in den Jalousien. Ich stehe auf und schließe sie. Auf dem Weg nach draußen bemerke ich das Nachtlicht mit den Schäfchen, das sie schon als Baby hatte. Ich schalte es ein und lasse die Tür offen.
     
    Ich spüle vier Koffeintabletten mit einem Schluck Limo hinunter, obwohl meine Hände zittern und bunte Flecken vor meinen Augen tanzen. Nur so kann ich wach bleiben und der Verletzlichkeit entgehen, die der Schlaf mit sich bringt.
    Mein Psychologiebuch liegt aufgeschlagen auf dem Bett, aber ich kann mich nicht auf die verschiedenen Motivationstheorien konzentrieren. Sophies glasiger Blick verfolgt mich. Alle paar Minuten läuft das Grauen wieder vor meinen Augen ab.
    Das Grauen, als ich Sophie Jacobs tot daliegen sah.
    Draußen klickt etwas, und mein Blut wird zu Eis. Kann das der Mörder sein? Weiß er, dass ich die schreckliche Tat mit angesehen habe, und will mich nun aus dem Weg schaffen? Ich krieche aus dem Bett zum Fenster, nehme allen Mut zusammen und spähe in den dunklen Garten. Nichts Ungewöhnliches, nur Schatten, die durch die Nacht geistern.
    Ich atme aus, lasse die Jalousien herunter und kehre ins Bett zurück.
    Ich klopfe mit meinem Textmarker auf das Buch, und plötzlich wird mir klar, dass ich aktiv werden muss. Wenn ich der Polizei schon nicht sage, was ich gesehen habe, muss ich wenigstens herausfinden, wer Sophie Jacobs getötet hat – und warum. Ich zermartere mir das Hirn und erinnere mich an jeden Krimi, den ich im Fernsehen gesehen habe.
    Wie geht der Held vor?
    Ich könnte mit den Hauptverdächtigen anfangen. Ich nehme mein Notizbuch und schlage eine neue Seite auf. Irgendwie fühlt es sich besser an, wenn ich meine Gedanken niederschreibe. Gut. Womit fange ich an?
    Da wäre zum einen Amber, angeblich eine von Sophies besten Freundinnen. In den letzten Tagen hat sie bewiesen, dass sie keinerlei Loyalität empfindet. Und es war schon seltsam, wie sie heute Nachmittag ohne ein Wort aus unserem Haus geflohen ist. Ich notiere mir ihren Namen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie eifersüchtig auf Sophie war – weil sie meiner Schwester so nahestand und vor allem, weil Scotch, einer der beliebtesten Jungen der Schule, sie toll fand.
    Ach ja, Scotch. Ich schreibe seinen Namen hin und unterstreiche ihn zweimal. Ein verhinderter Vergewaltiger und Arschloch erster Güte. Doch welches Motiv hätte er, Sophie zu töten?
    Die Puzzleteile tanzen durch meinen Kopf und machen sich über mich lustig. Manche Ränder sind gezackt, andere glatt. Es sieht aus, als müssten sie zusammenpassen, doch ein Stück fehlt – das Wichtigste von allen.
    Ich erinnere mich, wie ich gestern Abend durch das Teleskop auf die Sterne am klaren Nachthimmel geschaut habe. Etwas in meiner Tasche hat geknistert.
    Die Kalenderseite, die ich in der Hand gehalten habe, bevor ich gewandert bin.
    Heilige Scheiße.
    Der Mörder muss gestern vor unserem Haus gewesen sein.
    Der Mörder …
    Augenblick. Der Zettel ist mein wichtigster Hinweis. Ich muss ihn finden. Ich werfe das Notizbuch beiseite und suche auf allen vieren den Boden nach der Kalenderseite ab. Neben dem Teleskop liegt sie nicht. Vielleicht habe ich sie in dem Durcheinander versehentlich unters Bett gekickt. Ich lege mich hin und spähe darunter. Nichts. Nicht einmal Staubflocken. Vanessa ist so gründlich, dass sie sogar regelmäßig die Betten beiseiteschiebt und darunter staubsaugt.
    Vanessa!
    Hat sie den Zettel vielleicht aufgehoben und in den Müll geworfen?
    Ich schaue in den Papierkorb. Nichts, nur ein sauberer Beutel. Ich renne nach unten. Manchmal kippt Vanessa den Müll aus den kleineren Mülleimern in den großen in der Küche. Ich öffne den Schrank unter der Spüle und schaue in den Mülleimer. Nur eine Bananenschale. Ich will gerade nach draußen gehen und den Recycling-Müll durchsuchen, als ich Brandgeruch wahrnehme.
    Nein. Bitte nicht.
    Als ich in den Garten trete, wird mir klar, dass meine Hoffnung, den Zettel jemals wiederzufinden, soeben in Flammen aufgeht. Mein Vater steht vor einem lodernden Feuer und schaut mich an, als ich niedergeschlagen zu ihm gehe.
    »Es schien mir ein guter Abend für ein Feuer zu sein.« Sein Gesicht ist halb Licht, halb

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