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Slide - Durch die Augen eines Mörders

Slide - Durch die Augen eines Mörders

Titel: Slide - Durch die Augen eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Hathaway
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hochgezogene Augenbrauen, heruntergeklappter Kiefer. Ich hoffe, dass eines Tages alles herauskommt und er sich an sein ganzes Psycho-Blabla erinnert.
    Als ich die Tür öffne, sehe ich Samantha Phillips, die sich vor dem Spiegel an ihrer Spindtür die hübsche kleine Nase pudert. Sie schaut von mir zu dem dämmrigen Zimmer, aus dem ich gerade aufgetaucht bin. Schadenfreude blitzt in ihren Augen auf, vermutlich denkt sie sich schon irgendwelchen Klatsch aus. Bis heute Abend werden alle über meine skandalöse Affäre mit Mr Golden tuscheln.
    »Holst du dir ein paar Pluspunkte?«, fragt sie grinsend.
    Ich schneide eine Grimasse und gehe weg. Ihre Stimme erinnert mich an Umkleiden und violette Kleider und Hände, die da sind, wo sie nicht hingehören.
    »Du solltest lieber aufpassen«, ruft sie mir nach. »Sophie Jacobs hat es sich auch bei Mr G. gemütlich gemacht. Und sieh dir an, was aus ihr geworden ist.«
    Ich bleibe abrupt stehen und drehe mich um. »Was soll das heißen?«
    Sie macht ihren Spind zu. »Ich habe sie mit ihm gesehen. In seinem Auto. Ich will dich ja nur warnen. Er mag es gerne jung.« Sie dreht sich auf dem Absatz um und geht kichernd weg.
    Und dann trifft mich die Erkenntnis. Ich habe sie auch zusammen gesehen. Es war Sophie, die zitternd und weinend auf seiner Couch gesessen hat. Wenige Stunden, bevor sie ermordet wurde.

9. Kapitel
    I ch komme zu spät zu Psychologie, aber Mr Golden trägt mich nicht ins Klassenbuch ein. Im Grunde sagt er gar nichts, schaut mich nicht einmal an, sondern redet einfach weiter über intrinsische und extrinsische Motivation.
    Als ich mich umschaue, bemerke ich, dass nur zwei Plätze frei sind – neben Rollins und neben Zane. Genau wie in Bio sieht Rollins mich an und wendet sich wieder ab.
    Ich schaue zu Boden und lasse mich auf den leeren Stuhl neben Zane fallen. Dann hole ich mein Notizbuch heraus. Mr Golden läuft umher, während er redet, den Finger in die Luft streckt und an seinem Bart zupft. Seine Stimme klingt höher als gewöhnlich, und er sieht aus, als hätte er zwanzig Tassen Kaffee intus. Was er sagt, ergibt keinen richtigen Sinn. Es ist nur ein Haufen Wörter.
    Was genau ist am Freitag hier passiert?
    Warum hat Sophie in Mr Goldens Zimmer geweint?
    Er ist ein guter Lehrer, und ich kann mir vorstellen, dass Schüler sich ihm gerne anvertrauen. Vielleicht ist Sophie hereingekommen, nachdem sie festgestellt hatte, dass Amber das Nacktfoto überall herumgeschickt hatte. Vielleicht hatte sie auch Probleme mit Scotch und wollte Mr Golden um Rat fragen.
    Oder
vielleicht
hat Samantha zur Abwechslung mal recht.
    Oder Sophie und Mr Golden hatten
tatsächlich
eine Affäre.
    Er ist älter, sieht auf seine Art aber gut aus, ein bisschen wie Johnny Depp. Ich kann mir vorstellen, dass ein Mädchen sich in ihn verliebt. Und welcher Typ würde nicht auf Sophie abfahren? Sie war hinreißend.
    Aber sie war noch ein Kind.
    Mir dreht sich der Magen um, als ich mir die beiden zusammen vorstelle.
    »Alles klar?« Eine Hand zupft an meinem Ärmel und reißt mich aus meinen verdrehten Träumen. Zane beugt sich zu mir, und ich nehme einen Hauch von prickelndem Aftershave wahr.
    Er hat ein Notizbuch vor sich aufgeschlagen, in dem er einen Roman versteckt hat. Ich recke den Hals, um den Titel zu lesen –
Zärtlich ist die Nacht
. Zane bemerkt meinen Blick und wirft mir ein schiefes Grinsen zu.
    Ich lächle zurück, und meine Wangen werden ganz warm. Es ist schön, etwas anderes als Angst zu empfinden. Es ist schön, Zane süß zu finden mit seinem blonden Haar, das ihm in die Stirn fällt, statt darüber zu spekulieren, wer Sophie ermordet hat. Zane wendet sich wieder seinem Buch zu, und ich versuche, mich auf Mr Goldens Ausführungen zu konzentrieren. Dann bemerke ich, dass mich jemand anstarrt. Rollins sieht gar nicht glücklich aus.
     
    Nach dem Unterricht verlässt Rollins wortlos den Raum, aber Zane wartet, während ich mein Notizbuch in den Rucksack packe.
    »Schönes Wochenende gehabt?«
    »Hm. Nicht so richtig.«
    Er schaut mich von der Seite an. »Alles klar mit dir?«
    »Ja, wenn man davon absieht, dass die beste Freundin meiner Schwester gestorben ist.« Mir wird klar, wie verbittert das klingt. »Tut mir leid, hab eine schwere Woche hinter mir.«
    Er streckt die Hand aus, als wollte er meinen Arm berühren, zieht sie aber verunsichert zurück. »Das tut mir leid.«
    Um ihn nicht völlig zu frustrieren, versuche ich es mit Smalltalk. »Wie war denn dein

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