Smaragdjungfer
geliehen, wenn sie mich begleitet hat. Sie hat bei unserem letzten Treffen am Dienstagnachmittag Wein darüber verschüttet, als ich mit ihr bei einer Vernissage war, und wollte sie reinigen lassen. Ich war einverstanden.« Er schüttelte den Kopf. »Ein Fehler, der sich jetzt rächt. Offenbar hat sie das Collier schon zu irgendeinem Juwelier gegeben. Ohne ihren Abholschein bekomme ich es wahrscheinlich nicht zurück. Und den wird mir die Polizei kaum aushändigen. Die verlangen erst mal einen Beweis dafür, dass das Collier mein Eigentum ist und ich es Jasmin nicht geschenkt habe.« Er schnaubte. »Keine Frau ist so viel wert wie dieses Collier.«
Graf nahm sein Weinglas und trank einen Schluck. Kastor tat es ihm nach.
»Wie ich mich erinnere, hat sie das Collier aber am Dienstagabend getragen, als sie bei mir war.« Graf musterte Kastor aufmerksam. »Sie hat es ständig getragen. Auch wenn sie nicht in Ihrer Begleitung war.«
Kastor machte eine wegwerfende Handbewegung. »Eine billige Variante mit unechten Steinen. Das Design gefiel mir, deshalb habe ich nach dieser Vorlage ein echtes Collier anfertigen lassen, das genauso aussieht. Ihrer Kette sah ich auf den ersten Blick an, dass die Steine falsch waren. Ich mag es nicht, wenn meine Begleiterinnen billig aussehen. Auch nicht im Hinblick auf ihren Schmuck.«
»Wie lange kennen Sie sie eigentlich schon?«
Kastor zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Das wissen Sie doch, Witold. Sie selbst haben mich mit ihr bekannt gemacht. Irgendwann letztes Jahr im Winter. Oder war es schon im Herbst? Wann hatten Sie die Benefizveranstaltung organisiert für diesen afrikanischen Künstler?«
»Im Herbst. Und ja, ich erinnere mich.« Graf blickte Kastor lauernd an. »Da ich einer der Letzten war, der Jasmin vor ihrem Tod gesehen hat, war die Polizei heute bei mir, um mich zu fragen, ob mir etwas an ihr aufgefallen sei oder sie Streit mit jemandem gehabt hat. Angeblich haben Sie der Polizei gegenüber behauptet, am Abend mit ihr zusammen gewesen zu sein. Daraus schlossen die, dass Sie bei mir gewesen sind, als auch Jasmin hier war. Ich sah mich gezwungen, das zu bestätigen, um Sie zu decken.«
Kastor dachte kurz nach, ehe er mit den Schultern zuckte. »Kann sein, dass ich von einer Abendveranstaltung gesprochen habe. Sie kennen meine Arbeitszeiten, Witold. ›Abend‹ ist für mich die Zeit, bevor ich meinen Club öffne. Ab sechs Uhr beginnt für mich die Nacht. Es tut mir sehr leid, wenn die Polizei Sie nur wegen meiner unkonventionellen Zeitdefinition in Verlegenheit gebracht hat.«
»Das ist weniger der Rede wert als die Tatsache, dass diese Kommissarin misstrauisch geworden ist. Ich bin mir sicher, dass sie meiner Aussage nicht glaubt. Wir müssen sehr vorsichtig sein, damit die nächste Lieferung nicht gefährdet wird.« Er nippte an seinem Wein und wechselte das Thema. »Wie ist der Stand der Dinge?«
»Die Ware steht bereit und ist zu jedem von Ihnen gewünschten Termin abrufbar. Wann planen Sie die Verschiffung?«
»In der Nacht von Samstag auf Sonntag um null Uhr dreißig von der üblichen Stelle. Wie schnell können Sie eine weitere Lieferung in derselben Größe bereitstellen?«
»Das dauert. Mindestens einen Monat. Meine Kontaktleute müssen vorsichtig sein und können nicht zweimal hintereinander in kurzer Zeit dieselbe Quelle anzapfen. Aber ich werde sehen, was ich tun kann.«
Graf gab sich damit zufrieden. »Was diese lächerliche Anschuldigung gegen Sie betrifft, Jerome.« Er sah ihm in die Augen. »Gibt es irgendetwas, das die Polizei auf unsere Spur bringen könnte?«
»Nur, dass ich zum falschen Zeit am falschen Ort war. Und das ist nichts, was Dr. Jasper nicht mit seinen hervorragenden juristischen Fähigkeiten aus der Welt schaffen könnte.«
»Gut. Denn das Letzte, was wir uns gegenwärtig leisten können, ist eine zu intensive Aufmerksamkeit seitens der Polizei.«
»Keine Sorge, Witold. Ich habe Vorkehrrungen getroffen, dass man mir so oder so nichts nachweisen kann. Erst recht nicht hinsichtlich unserer Geschäfte.«
Kastor trank seinen Wein und plauderte noch eine Weile mit Graf über unverfängliche Themen, ehe er den Reeder eine Stunde später verließ. Auf dem Weg nach Hause kreisten seine Gedanken darum, wie er sich Paula Rauwolf vom Hals halten konnte.
Paula blickte aus ihrem Wohnzimmerfenster hinaus in die Dunkelheit. Die Silhouetten der Bäume, die auf der anderen Straßenseite den Alten Deichsweg vom Friesendamm trennten, waren ein
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