Smaragdjungfer
aber mindestens die Hälfte von ihnen lügt in dem Punkt. Die wichtigsten Stammkunden waren Kastor und, wie Paula und Rambacher schon rausgefunden haben, Witold Graf. Sollen wir dem mal intensiver auf den Zahn fühlen?«
Roemer winkte ab. »Das beweist nur, dass die Tote zu Graf Kontakt hatte. Und mehr, als dass er sie regelmäßig als Begleiterin gebucht hat, wird gerade er nicht aussagen.« Er nickte in die Runde. »Wir haben also eine Menge neuer Ansatzpunkte. Priorität hat jetzt herauszufinden, wer die Tote wirklich war und ob der Hintergrund der Tat Erpressung, Wirtschaftsspionage oder was ganz anderes ist.«
»Vor allem müsste man Kastor fragen, was seine Fingerabdrücke fast überall in der Wohnung der Toten zu suchen haben«, insistierte Paula. »Und diesen S. Kronenberg – der dürfte nicht schwer zu finden sein – sollten wir hinsichtlich der Kameliendame unter Druck setzen.«
»Letzteres ja, Ersteres vorläufig nicht«, ordnete Roemer an.
»Was ist mit der Ortung des Handys der Toten?«, fragte Rambacher.
»Ausgeschaltet. Wo immer es ist«, antwortete Roemer. »Als Erstes beantragen wir jetzt den Durchsuchungsbeschluss für Severins Agentur. An die Arbeit.«
Kaum in ihr Büro zurückgekehrt, packte Paula ihr Notizbuch ein und zog ihre Jacke an.
»Ich fahre nach Oldenburg zur Rechtsmedizin. Die Tote wird um zehn obduziert. Sie können mitkommen oder nicht.«
Rambacher begleitete sie.
Da die Anwesenheit mindestens eines Ermittlungsbeamten bei der Obduktion Pflicht ist, hatten Dr. Johansson und seine Co-Obduzentin, Dr. Verena Georgios, auf Paulas Eintreffen gewartet. Zu Paulas Leidwesen war auch Oberstaatsanwalt Breitenbach gekommen. Obwohl es nicht nötig war, bestand er immer darauf, bei seinen Fällen dabei zu sein. Er bedachte Paula mit einem finsteren Blick.
»Pünktlichkeit ist wohl auch nicht Ihre Stärke, Frau Rauwolf.«
»Doch, wie Sie aus Erfahrung mit mir wissen dürften. Aber heute wurde die Pünktlichkeit vom Stau am Dreieck Oldenburg West ermordet.«
Verena Georgios kicherte, und Dr. Johansson grinste breit.
»Außerdem sind die fünf Minuten Verspätung nicht weiter tragisch«, begütigte er und schüttelte Paula und Rambacher die Hand.
»Kriminalhauptmeister Lukas Rambacher. Guten Morgen.«
»Der Neue«, ergänzte Paula.
»Willkommen bei uns. Lassen Sie uns anfangen.«
Johansson führte sie in den hell erleuchteten Obduktionssaal, wo ein Team bereits an einer anderen Leiche arbeitete. Jasmin Stojanovics Körper lag auf einem der Tische. Sprichwörtlich bleich wie der Tod.
Paula blickte nachdenklich auf die Leiche, während Johansson mit der äußeren Beschau begann und die Körperoberfläche akribisch untersuchte. Sie hörte kaum, was der Mediziner in das über dem Obduktionstisch angebrachte Mikrofon des Aufnahmegerätes diktierte. Ungewollt drängte sich ihr der Gedanke auf, dass auch Christopher auf einem dieser Tische gelegen hatte und man ihn ebenso aufgeschnitten hatte wie Jasmin Stojanovic in wenigen Minuten.
Sigurd Fischer hatte Paula heimlich eine Kopie des Berichts zukommen lassen. Sie hatte Monate gebraucht, bis sie in der Lage gewesen war, ihn zu lesen. Das Ergebnis hatte sie immerhin insofern beruhigt, dass eindeutig feststand, dass sie Christopher nicht mehr hätte retten können. Als sie ihn aus der Schusslinie gezogen hatte, war er bereits von vier Kugeln getroffen worden, von denen eine das Herz durchschlagen hatte. Trotz dieser Beweise konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, versagt zu haben, als es darum ging, den Mann zu beschützen, den sie liebte.
Sie hatte nicht einmal bei seiner Beerdigung dabei sein können. Als Christopher zu Grabe getragen wurde, war sie gerade von der Intensivstation auf die normale Station verlegt worden und nicht in der Lage aufzustehen, geschweige denn irgendwo hinzugehen. Eine Schussverletzung im Bauchbereich verheilte nun mal nicht so schnell. Als sie endlich sein Grab hatte besuchen können, fiel es ihr schwer zu glauben, dass sein Körper dort ruhte. Es kam ihr so unwirklich vor wie ein schlimmer Traum. Bis jetzt war sie noch nicht richtig daraus erwacht.
Christopher stand neben Dr. Johansson und lächelte ihr zu. »Hauptsache du bist am Leben, Wölfin. Welchen Sinn hätte es gemacht, wenn du auch noch gestorben wärst? Schließlich muss jemand die ganze Geschichte aufklären. Du erinnerst dich? Da gibt es immer noch ein paar ungeklärte Fragen.«
Allen voran die, wieso Rasta-Charlie und seine Leute offenbar
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