Smaragdjungfer
reichte dem gutaussehenden Neukunden fünf Ledermappen und lächelte gewinnend. »Ich bin mir sicher, dass das Passende für Sie dabei ist. Sie werden zufrieden sein.« Sein Handy klingelte mit einem dezenten Ton. »Sehen Sie sich alles in Ruhe an und lassen Sie sich Zeit. Sie finden in jeder Mappe auch eine DVD, die Sie auf diesem Gerät abspielen können.« Er schob ihm einen DVD-Player hin, der mit einem großen Plasmabildschirm verbunden war. »Entschuldigen Sie mich einen Moment.«
Er ging in sein Büro und machte der Empfangsdame auf dem Weg dorthin ein Zeichen, sich um den Kunden zu kümmern. Ehe er das Gespräch annahm, schloss er die Tür.
»Severin.«
»Deine Kameliendame ist aufgeflogen. Stichtag letzten Donnerstag. Man hat bei Jasmin eine belastende Notiz gefunden, in der unter anderem deine Kasse im Tresor erwähnt wird.«
»Scheiße!«
»Der Durchsuchungsbeschluss wird gerade beantragt. Du hast ungefähr eine Stunde Zeit, bevor wir anrollen. Du weißt, was du zu tun hast. Vor allem, lass die Kasse verschwinden.«
»Alles klar.«
»Noch was. Jasmin scheint nicht die gewesen zu sein, für die sie sich ausgegeben hat. Weißt du was darüber?«
»Das ist das Neueste, was ich höre. Wenn ich auch nur den leisesten Verdacht gehabt hätte, hätte ich sie nie eingestellt. Außerdem hast du doch ihren Hintergrund überprüft und mir gesagt, dass sie sauber ist.«
»So sah es auch aus, denn die Täuschung ist verdammt professionell eingefädelt. Egal. Beseitige die Beweise so schnell du kannst.«
Severin unterbrach die Verbindung und machte sich hektisch daran, nicht nur die Kasse verschwinden zu lassen, sondern sich auch der Kameliendame zu entledigen. Die verbleibende Zeit reichte dafür gerade aus. Der Lohn für die Warnung würde seinem Informanten von anderer Seite zugehen. Wie immer würde niemand Severin und ihn miteinander in Verbindung bringen können.
Allerdings sollte er in Anbetracht von Jasmins Tod und dieser zusätzlichen Panne überlegen, ob er seine Callgirlvermittlung nicht eine Weile auf Eis legte. Bedauerlicherweise würde der Mann, der sein Unternehmen protegierte – und daran nicht schlecht mitverdiente –, damit absolut nicht einverstanden sein.
»Die haben zusammengearbeitet.«
Paula schlug mit der flachen Hand auf das Lenkrad, während sie ungeduldig darauf wartete, dass die Ampel auf Grün sprang.
»Die Möglichkeit besteht«, stimmte Rambacher ihr zu.
Die beiden hatten ein paar ehemalige Mitschüler von Kastor aufgesucht, die mit ihm zusammen Abitur gemacht haben mussten, um etwas mehr über ihn in Erfahrung zu bringen. Mit dem Ergebnis, dass keiner aus dem Jahrgang ihn zu kennen schien. Wie bei Jasmin Stojanovic. Und wie bei ihr kannte keine Rentenversicherung einen Jerome Kastor. Auch er war mit Sicherheit nicht der Mann, der er zu sein vorgab. Und da es ein höchst unwahrscheinlicher Zufall gewesen wäre, dass zwei Leute unabhängig voneinander etwa zur gleichen Zeit in dieselbe Stadt zogen, beide mit gefälschten Lebensläufen, Kontakt zueinander und zu Witold Graf, lag Paulas Verdacht auf der Hand.
»Graf ist der Schnittpunkt. Die Frage ist nur, wie das Verhältnis zu Graf ist. Arbeiten sie für ihn oder gegen ihn?«
»Falls er tatsächlich was mit dem ganzen Fall zu tun hat. Gegenwärtig laufen ja wohl keine Ermittlungen gegen ihn?«
Paula schüttelte den Kopf. »Er besitzt eine nicht gerade kleine Flotte, die für ihn in die ganze Welt fährt. Da sind Schmuggelgeschäfte ein Leichtes. Aber wie bei Severin war jedes Mal Fehlanzeige, wenn wir eine Razzia gemacht haben. Und seit einiger Zeit haben wir keine Informanten mehr, die uns über seine Aktivitäten auf dem Laufenden halten. Sie sind der Reihe nach spurlos verschwunden. Wir vermuten, dass Graf mitbekommen hat, dass sie Kontakt zu uns hatten und sie mundtot machen ließ.«
Und der heißeste Kandidat, den man vielleicht zur Aussage gegen Graf hätte bewegen können – Rasta-Charlie – war tot. Was Paula keine Sekunde bedauerte. Der Kerl hatte Christopher auf dem Gewissen. Und wenn Sigurd Fischer ihn nicht erschossen hätte – in anerkannter Notwehr – hätte Paula das getan. Ohne jede Notwehr.
Die Ampel zeigte endlich grün, und Paula legte einen Kavaliersstart hin, dass die Reifen quietschten. »Jedenfalls halten wir zwar immer die Augen offen, aber ohne Beweise keine Anklage. Ohne hinreichenden Tatverdacht bekommen wir nicht mal die Genehmigung, den Kerl zu überwachen oder seine Geschäfte genauer
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