Smart Magic
vorausritt. Den ganzen Tag über vermied er es, in Richtung seiner Diener zu blicken.
»Du darfst nicht so nachgiebig sein, Al-ex-ander«, sagte Jarkas ernst. »Wenn du diese Art von Nachsicht in Toliosa walten lässt, wird dir der Sar’thosa nicht verzeihen. Er erwartet von dir, dass du ihn würdig vertrittst.«
»Vielleicht erwartet er ein bisschen viel von mir«, sagte Alex bitter. »Ist er sich echt sicher, dass ich derjenige bin, den er zu seinem Stellvertreter machen will?«
»Alex.« Der Kampfmeister fasste ihn scharf ins Auge und beugte sich dann zu ihm vor. »Unser Herr ist bereits enttäuscht, dass du bislang keine magische Begabung zeigst und sich nach wie vor nicht offenbart hat, welches Seelentier zu dir gehört. Ich würde dir dringend raten, dafür zu sorgen, dass er keine weiteren Gründe mehr findet, enttäuscht zu sein.«
Alex presste die Lippen zusammen. Er wird zwangsläufig enttäuscht sein, weil ich der Falsche bin!, wollte er laut brüllen. Ich gehöre nicht hierher, ich sollte nicht mal hier sein. Ich bin aus Berlin!! Und ich kann weder zaubern noch habe ich je eine besondere Beziehung zu irgendwelchen Viechern gehabt.
Aber als er aufsah, entdeckte er die Angst in den Augen des Kampfmeisters. Himmelherrgott, wenn dieser Kerl solche Panik hat, dann sollte ich vielleicht nichts tun, um das noch schlimmer zu machen.
Er musste kein Hellseher sein, um zu wissen, dass der Sar’thosa nicht gut darauf reagieren würde, wenn er erführe, dass er eine Menge Training und Mühe in den falschen Typen gesteckt hatte.
»Ich verstehe, Kampfmeister«, sagte Alex also, so förmlich, wie er nur konnte. »Ich werde den Herrn nicht enttäuschen.«
»Gut so, mein Junge.« Jarkas war die Erleichterung förmlich anzusehen.
Einer der Späher kam auf seinem Pferd zurück. »Das Dorf ist nur noch wenige Meilen vor uns«, berichtete er mit einer Verbeugung. »Wir sollten zur Mittagszeit da sein.«
Wenigstens etwas, dachte Alex düster. Er streckte die Hand aus, auf die bereits wieder die ersten Regentropfen fielen. Was immer wir dort sonst noch finden, vielleicht gibt es wenigstens mal ein festes Dach über dem Kopf.
Tatsächlich erreichten sie etwa drei Stunden später Toliosa, so, wie der Späher es gesagt hatte. Aus den anfänglichen Tropfen war mittlerweile ein stetiger Nieselregen geworden. Die Zelte und Ausrüstung, die Pferde und Reiter waren bereits wieder vollständig durchnässt, und entsprechend missmutig ritt der Trupp voran.
Als die ersten Hütten vor ihnen auftauchten, bedeutete Alex dem Zug, anzuhalten.
Er wusste nicht, was er sich unter Toliosa vorgestellt hatte, aber ganz sicher nicht diesen trostlosen Weiler, der nun vor ihnen lag. Seit sie Alynth verlassen hatten, war ihm aufgefallen, dass die Städte und Dörfer am Wegesrand immer schlichter und ärmlicher wurden, aber das hier war sicher ein neuer Höhepunkt dieser Entwicklung. Von Alynth schien dieses Kaff so weit weg zu sein wie die hinterletzte Provinz der Mongolei von Berlin.
Vielleicht fünfzig ärmliche Hütten schmiegten sich in die Ausläufer eines Tales, das von Büschen und Bäumen gesäumt war. Durch den Regen wirkten die Pflanzen schon beinahe unwirklich grün, und Dunst stieg vom Boden auf, sodass es aussah, als würden weiße Vorhänge überall zwischen ihnen hängen. Einzelne Felder lagen um das Dorf herum verstreut, und Reihe um Reihe zogen sich Rebstöcke die flachen Hänge hinauf.
Am auffallendsten war, dass es keine Bewohner zu geben schien. Als die Reiter in das Dorf kamen, wirkten der Dorfplatz und die Behausungen wie ausgestorben.
»Sie sind aus dem Dorf verschwunden, als sie gesehen haben, dass wir kommen«, erklärte Jarkas und schnaubte. »Jämmerliche Feiglinge.«
Er hatte den Satz noch kaum ausgesprochen, als vielleicht zwanzig Pfeile durch die Luft zischten.
»Runter, verdammt«, brüllte der Kampfmeister und duckte sich im Sattel. »Verteilt euch!«
Die Reiter, gewohnt, den Befehlen ihrer Herren prompt zu gehorchen, stoben auseinander.
Nur Alex war sich nicht sicher, wohin er sein Pferd lenken sollte, also gab er ihm die Sporen und trieb die Stute voran. Die Pfeile waren von hinten gekommen, und er suchte Schutz hinter einem flachen, rechteckigen Gebäude.
Beinahe sofort folgten ihm Jarkas und zwei andere, die ihre Pferde rechts und links von ihm in Aufstellung brachten.
»Sie sind hinter den Bäumen, Herr«, erklärte einer der beiden Männer. »Wenn man darauf achtet, sieht man dort Bewegung und
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