Smart Magic
keinerlei Spuren hinterlassen, Soirin lag ganz friedlich da. Alex fühlte, wie ihm die Knie weich wurden, und stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab.
»Sie war etwas Besonderes, nicht wahr, Al-ex-ander?« Die warme, schmeichelnde Stimme ließ Alex ganz plötzlich herumfahren. Er hatte weder Schritte gehört noch sonst irgendwie gemerkt, dass sich jemand näherte.
Hinter ihm stand ein Mädchen, wohl das schönste, das er je gesehen hatte. Sie war fast ebenso groß wie er selbst, sehr schlank, und sie trug ein grünes Kleid, das wie seine eigene Rüstung mit Hunderten winziger, blasser Hände verziert war. Ihr nachtschwarzes Haar reichte ihr bis zur Taille, und sie schenkte ihm ein Lächeln, das ihm an diesem düsteren Ort seltsam unpassend erschien.
»Ich habe sie hierhergebracht«, sagte Alex düster. »Und jetzt soll ich irgendein Ritual mit ihr durchziehen.«
Das schöne Mädchen lachte leise. »Du erfüllst nur den Willen deines Herrn, Jagoshi.«
»Jagoshi?«
»So heißen die Weltenwechsler bei vielen Völkern, Al-ex-ander«, antwortete sie gelassen.
»Wer … ich … ich meine, woher weißt du, wer ich bin?«, fragte er und fand selbst, dass sich seine Worte dumm und ungewollt feindselig anhörten.
Aber sie schien es ihm nicht übelzunehmen. »Gibt es denn in Alynth jemanden, der nicht weiß, wer du bist, Al-ex-ander?«, fragte sie mit ihrer dunklen, melodiösen Stimme und trat noch einen Schritt näher.
»Und wer bist du?«, wollte er wissen, statt ihre Frage zu beantworten.
Sie stand jetzt so nah bei ihm, dass ihre Lippen beinahe sein Ohr berührten, als sie flüsterte: »Eine Baobhan.«
Da ihm diese Erläuterung absolut gar nichts sagte, beschloss Alex, weiterzufragen.
»Und was tust du hier?«
Obwohl das orangefarbene Licht einen warmen Schein über den Raum warf, sah ihre Haut unwirklich blass aus. Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz … Das stammte aus einem Märchen, erinnerte sich Alex, aber er wusste nicht mehr, welches es gewesen war.
»Die Magatai glauben, dass nur sie die geteilte Welt beherrschen sollten. Sie hassen und fürchten alle, die anders sind. Die Elfen, die Trolle, die Nereiden, die Chimären … und uns. Sie bekämpfen uns und haben uns in die dunkelsten Wälder, die unwegsamsten Gebirge und tiefsten Gewässer zurückgetrieben. Aber manchmal nehmen sie auch Gefangene. Wenn sie glauben, dass es ihnen nutzt. So bin ich hierhergekommen. Dein Herr weiß, dass meine Magie ihm nützlich ist.«
»Du bist eine der Magierinnen, die ihre Kraft aus dem Tod ziehen, richtig?«, erkannte Alex.
Ihre Augen wurden schmal. »Deshalb bin ich in den Hallen der Jetoj. Niemand sucht sich aus, woher er seine Magie bekommt, Al-ex-ander.« Sie ging langsam um ihn herum, so dicht, dass er spürte, wie sich die Härchen an seinen Armen aufrichteten. »Und du weißt noch immer nicht, woher du deine Magie bekommen kannst, nicht wahr? Und das lässt dich gewaltig um dein Leben fürchten.«
»Lass mich!« Alex trat einen Schritt zur Seite. Die Baobhan mit ihrer unheimlichen Magie und ihren merkwürdig offenherzigen Erklärungen machte ihm gegen seinen Willen Angst.
»Was, wenn ich wüsste, dass du der falsche Jagoshi bist? Wenn ich dir sagte, dass es einen anderen gibt, den aber die Magatai in ihrer Verblendung nicht sehen können?«
Alex erstarrte. Er fühlte sich in die Enge getrieben und vor Panik wie gelähmt. »Du darfst es ihnen nicht verraten«, stieß er hervor. »Der Sar’thosa darf nicht erfahren, dass ich der Falsche bin.«
»Oh, keine Angst.« Das ebenso schöne wie mächtige Mädchen stand nun wieder vor ihm. »Von mir wird vorerst niemand dein Geheimnis erfahren. Und ich könnte dir sogar helfen.«
Er hatte das Gefühl, als ob ein eisiger Hauch über ihn hinwegstrich.
Unvermittelt hob die Baobhan ihre Arme und beschrieb mit ihnen Kreise, und die winzigen Hände und Arme, die im Stoff ihres Kleides gefangen waren, schienen ihre Bewegungen zu imitieren. Bald erschien vor ihr ein Kreis aus leuchtend roten Splittern, und durch diesen Kreis hindurch sprang ein Wesen in diese Welt, wie Alex es noch nie zuvor gesehen hatte.
Auf den ersten Blick sah es aus wie ein etwas kleinerer Löwe. Zumindest wirkten Kopf und Körper wie der eines Löwen. Der Schwanz jedoch war mit Schuppen besetzt, an den Seiten erkannte Alex ledrige Flügel, und als die Kreatur das Maul öffnete, sah Alex nadelspitze Zähne.
»Das hier ist ein Mantikor«, erklärte die Baobhan, offenbar
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