Smart Magic
denn ich bin gar nicht der, den sie haben wollten. Du bist der, hinter dem sie eigentlich her waren.«
Tom hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand mit einer hastigen Bewegung den Boden unter den Füßen weggezogen.
»Du weißt davon? Heißt das … Heißt das, dass du jetzt zu ihnen gehörst?« Toms entsetzter Gesichtsausdruck musste ihn verraten haben, denn Alex reagierte ziemlich sauer.
»Tom, ich bin eines Nachts in Berlin mit ’ner geklauten Karre und ’nem Waisenjungen, der unbedingt mitten in der Nacht nach Brandenburg rauswollte, losgefahren und am nächsten Tag in Alynth aufgewacht. Das war ein ziemlich krasser Wechsel, weißt du? Was heißt da, ob ich jetzt zu ihnen gehöre? Die Magatai haben mich aufgenommen und ganz anständig behandelt. Anders als in Berlin bin ich hier mal zur Abwechslung jemand, und ich mache ein paar Sachen, die deutlich besser sind, als mit Enno Tankstellen klarzumachen. Also, wenn du es unbedingt so sehen willst – dann gehöre ich schon zu den Magatai.«
»Total abgefahren«, kommentierte Tom, als Alex fertig war.
»Und du?«, fragte Alex lauernd. »Warum bist du nicht bei den Magatai gelandet? Wo hast du dich die ganze Zeit rumgetrieben? Und wo hast du so schicke Lederklamotten hergekriegt?«
Der letzte Satz klang wieder deutlich entspannter, und Tom beschloss, ihm seine harsche Art nachzusehen. Schließlich war er immer noch Alex, sein großer Bruder, und der einzige Mensch auf dieser Seite der geteilten Welt, der je würde begreifen können, wie unfassbar krass das alles war, was er erlebt hatte.
»Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll«, sagte er. »Ich habe draußen in der Steppe gelebt. Die Magatai haben dort Lager, in denen sie Gefangene halten. Dort bin ich zuerst gelandet. Ich habe ein Mädchen getroffen, Matani, und einen Troll, die froh waren, von dort verschwinden zu können. Matani hat mich zu ihrem Stamm mitgenommen, und dort bin ich dann untergekommen. Sie haben mir viel beigebracht, das Reiten und das Jagen und …« Tom holte kaum Luft, um seine Erzählung fortzusetzen. Es gab so viel zu berichten, so viel, wovon Alex erfahren musste. Er redete und redete und zauberte sogar ein kleines Licht, um seinem Ziehbruder zu verdeutlichen, was er alles gelernt hatte.
Schließlich war er mit seiner Erzählung am Ende. Er sah Alex an, und das Gefühl, in dieser fremden Welt nicht mehr allein zu sein, übermannte ihn, und er fiel dem Älteren in die Arme.
»Scheiße«, murmelte Alex. »Als ich dich zuerst hier unten hab liegen sehen, dachte ich, dass dir nichts und niemand mehr helfen kann. Ich wollte gerade hier runtergehen und die Baobhan bitten, das Ritual absichtlich zu versauen. Damit sie dich nicht zu einem Zombie machen können.«
Obwohl Tom nicht genau wusste, wovon Alex jetzt sprach, und das zurückkehrende Gefühl, dass dieser tief in die Angelegenheiten der Magatai verstrickt war, in seinem Kopf alle Alarmglocken schrillen ließ, versuchte er, möglichst locker zu bleiben. »Da muss ich mich wohl bedanken.«
Sie lachten gemeinsam, und Tom sagte: »Du hattest echt Pech, dass du mit mir zusammen warst, als mich die Magatai über die Grenze der Welt gezerrt haben. Ich hab zwar keine Ahnung, warum du auch hier gelandet bist, aber noch habe ich sowieso nicht ganz verstanden, wie diese ganze Weltenwechsler-Sache funktioniert. Ich meine, warum ausgerechnet ich und so.«
»Weißt du einen Weg zurück?«, fragte Alex leise und sah Tom eindringlich an.
Tom schüttelte den Kopf. »Bislang habe ich keinen gefunden und nichts darüber gehört. Um hierherzukommen, habe ich die beiden Münzen gebraucht. Aber ich hab keinen Schimmer, was man brauchen würde, um wieder auf unsere Seite zu gelangen.«
Alex erwiderte nichts, und Tom konnte nicht sagen, was er wohl dachte.
»Doppeltes Pech war ja wohl, dass du bei den Schwarzen Herren gelandet bist«, fuhr Tom fort. »Aber jetzt können wir aus der Festung hier abhauen. Du kommst doch mit mir, oder? Wir gehen zu Matanis Volk, die werden dir gefallen.«
Doch anstatt sich zu freuen, runzelte Alex die Stirn.
»Tom, du hast nicht gesehen, was ich gesehen habe. Gegen die Leute, die hier das Sagen haben, war der Alte echt gar nichts. Die Magatai sind reich und mächtig, die haben alles, was man sich vorstellen kann. Klar, bis auf Fernseher, Handys, Laptops und so was. Aber die Magatai beherrschen diesen Teil der Welt, daran gibt’s nichts zu rütteln. Willst du dich etwa den Rest deines Lebens verstecken, in Zelten
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