Smart Magic
sprach:
»Tom!«
»Hallo? Wer … Wer bist du?«, brachte Tom gerade so heraus. Sein Herz raste, und er spürte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat. Er war allein in diesem Wald, die nächsten Menschen, die ihm helfen könnten, waren vermutlich weit weg, und mit einem Mal wurde ihm ganz mulmig zumute.
»Ich habe dir unsere Münze gegeben, Tom. Du brauchst noch die eure.«
Verwirrt starrte Tom in die Dunkelheit. Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, aber es half nichts. Die Stimme kam ihm seltsam vor, jetzt, da er mehr als einen Satz gehört hatte. Sie klang tief und dunkel und so, als würde jemand in einer großen Halle sprechen, gefolgt von einer Art Echo.
Tom hatte das eigenartige Gefühl, sie streng genommen überhaupt nicht zu hören. Es war, als würde er die Worte verstehen, ohne dass seine Ohren sie überhaupt registrierten. Der Gedanke machte ihn schwindlig. Ich höre Stimmen in meinem Kopf. Aber der Sprecher war ja hier, direkt vor ihm, auch wenn Tom ihn kaum sehen konnte. Er atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Du schaffst das schon, versuchte er sich selbst zu überzeugen. »Du hast mir eine Münze gegeben? Das Silberding in unserem Garten?« Innerlich verfluchte Tom sich für seine Wortwahl. Schließlich wollte er den Fremden nicht beleidigen, indem er dessen Geschenk herabwürdigte. Also redete er hastig weiter: »Wofür brauche ich die Münze?«
»Du musst bezahlen, Tom. Du musst bezahlen.«
Ein kalter Schauer lief Tom über den Rücken. Im ersten Moment klangen die Worte wie eine Drohung, aber dann wusste er instinktiv, dass es keine sein sollte. Etwas schwang in der Stimme mit, was er auf einer Ebene verstand, die jenseits von Sprache lag. Überraschenderweise erschien ihm dieses Gefühl irgendwie vertraut, so als spreche die Stimme eine Seite in ihm an, derer er sich vorher nicht bewusst gewesen, die aber schon immer da gewesen war.
»Was soll ich bezahlen? Wer bist du? Was willst du von mir?«
Tom trat vorsichtig einen Schritt vor, dann noch einen. Er nahm seine Umgebung jetzt mit geschärften Sinnen wahr. Spürte den weichen Waldboden unter seinen Füßen, die kühle Berührung des Nebels, sah die dunklen Schatten der Bäume.
Die Gestalt blieb jedoch im Nebel verborgen, auch als Tom näher kam. Es schien, als würde sie sich vor ihm zurückziehen, obwohl sie sich nicht bewegte. Er kniff die Augen zusammen, um sie genauer zu betrachten. Der Sprecher war groß, deutlich größer als er selbst, wenn auch recht hager. Er wirkte wie ein Schatten im Nebel. Tom konnte kaum die Konturen ausmachen.
»Du musst die Fahrt bezahlen, Tom. So ist es Brauch.«
Jetzt glaubte Tom hinter der Gestalt ein Licht zu sehen. Kaum wahrnehmbar, mehr ein Schimmern im Nebel. Je länger er in die Dunkelheit spähte, desto mehr glaubte er zu erkennen. Es war wie ein dünner, kaum greifbarer Kreis oder Strudel, der sich langsam hinter dem Fremden bewegte. Oder um den Fremden herum?
»Was für eine Fahrt soll das denn sein? Ich hatte eigentlich nicht vor, zu verreisen«, erwiderte Tom schnell, bevor ihm auffiel, dass er sich gerade bereits auf einer Reise befand. Er wollte sich schon verbessern, aber dann stellte er doch noch einmal die wichtigste Frage überhaupt: »Wer bist du?«
»Ich wurde geschickt, um dir den Weg zu zeigen, Tom. Wir brauchen dich. Und du brauchst die Münzen, hörst du? Such im Haus der Gräber nach der zweiten.«
Und dann, völlig unvermittelt und ehe Tom reagieren konnte, war die Gestalt verschwunden und das blasse Licht mit ihr.
Tom stand allein im Wald und stieß den Atem aus, von dem er kaum bemerkt hatte, dass er ihn angehalten hatte. Er kniff sich in die linke Hand; es tat weh, also träumte er nicht. Für einen Moment lehnte er sich an einen Baumstamm, verblüfft und komplett verwirrt. Wer sind diese Leute? Und wozu sollten sie mich brauchen?
Als er sich von dem Baum löste, wusste er, dass er vor den Antworten ebenso viel Angst hatte wie vor den Fragen.
Den Rückweg zum Zeltlager fand Tom überraschend leicht. Er hatte anscheinend kaum hundertfünfzig Meter davon entfernt gestanden, auch wenn es ihm viel weiter vorgekommen war. Wie im Traum schlich er zwischen den Zelten hindurch, fand den Eingang zu seinem und kroch schließlich in seinen Schlafsack.
Jetzt war er froh, dass die anderen Jungs noch im Dorf waren und ihm niemand irgendwelche blöden Fragen stellte. Er fühlte sich unglaublich müde, aber immer, wenn er die Augen schloss, sah er die
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