Smart Magic
Fallen und Alarme auszulösen, aber es blieb ruhig.
Auf Zehenspitzen lief er über den abgewetzten Teppich. Das erste Zimmer war ein kleines Wohnzimmer mit einer Couch und einem Fernseher sowie einem Schreibtisch, einer Kommode und einem Schrank mit Glastüren. Die Tür zum Schlafzimmer stand auf. Tom konnte das Bett und den großen, dunklen Kleiderschrank sehen.
»Wo hat er sie hingepackt?«, fragte er sich laut. »In den Schreibtisch?«
Langsam, um den Inhalt nicht durcheinanderzubringen, zog er die Schubladen auf. Er sah Stifte, einen Block, Hefter mit irgendwelchen Zetteln darin, Bürokram. Er schloss die Schubladen wieder und schaute sich um. Es hat keinen Zweck; ich muss alles durchsuchen. Insgeheim hatte er gehofft, dass er die Münze irgendwie würde spüren können, aber das war wohl reines Wunschdenken gewesen. Vielleicht gibt es sie auch gar nicht, und alles war bloße Einbildung.
Er schob die lähmenden Gedanken fort und machte sich an die Arbeit, das Wohnzimmer systematisch zu durchsuchen. In der Kommode war nichts zu finden, und im Schrank standen nur Porzellanfiguren: kleine Jungen mit Lederhosen und Gitarren, Tiere, ein altmodisch gekleidetes Porzellanpärchen und dergleichen grell bemaltes Zeug mehr. Mann, was der Alte für einen Müll sammelt. Die beiden Schubladen unten im Schrank enthielten Batterien und allerlei Elektrozeug, das der Alte ihnen im Lauf der Jahre abgenommen hatte. Tom erkannte Karos roten MP3 -Player, den er ihr geschenkt hatte und den sie schmerzlich vermisste, aber er traute sich nicht, das Gerät aus der Schublade zu nehmen.
»Mist. Mist. Mist«, flüsterte Tom und sah sich um. Er hatte keine Ahnung, wie lange er sich schon in dem Zimmer befand. Sein Blick fiel auf die Schlafzimmertür. Er musste seine Suche dort fortsetzen, aber der Gedanke war noch ungeheuerlicher, als heimlich das Wohnzimmer zu betreten. Noch nie war eines der Kinder im Schlafzimmer gewesen. Manchmal wurden einzelne ins Wohnzimmer geholt, wo es derbe Prügel setzte, während die Porzellanmenagerie mit leblosen Augen zuschaute, aber die Tür zum Schlafzimmer war dann immer geschlossen.
»Scheiße.« Mit diesem Wort trat er über die Schwelle und sah sich um. Das Bett war ordentlich gemacht. Überhaupt waren die Zimmer ziemlich aufgeräumt. Tom wagte kaum, über den Teppich zu laufen, aus Sorge, seine Fußspuren würden ihn verraten. Es gab zwei uralte Kommoden und den massiven Kleiderschrank. Tom sah eine Gestalt und sog erschrocken die Luft ein, bevor er sein eigenes Bild im Spiegel an der Schranktür erkannte.
Er wischte sich mit den Fingern über das Gesicht und rieb dann die Hände aneinander. Er lauschte einige Momente, aber alles war ruhig. Also entschied er sich, zuerst den Schrank zu durchsuchen. Er öffnete eine der Türen. Ein muffiger Geruch stieg ihm in die Nase. Alte Kleidung, Mottenkugeln, an mehr mochte er nicht denken. Die meisten Sachen waren ordentlich auf Bügel gehängt; auf dem Boden stand eine Reihe Lederschuhe. Es war merkwürdig, die Kleidung des Alten so zu sehen.
Mit einem Mal war er ein Mensch, jemand, der morgens seine Sachen aus dem Schrank holen musste. Kein Monster, das stets gleich aussah. Ein alter Mann, der dich zu Tode prügelt, wenn er dich erwischt, erinnerte sich Tom und riss sich damit selbst aus seiner Starre.
Er schloss die Tür und machte die nächste auf. Schubladen, Fächer mit Hemden, ein Halter für Gürtel. Mit schweißnassen Fingern zog er die Schubladen auf. Er fand einige auf einer samtigen Unterlage drapierte Uhren, Manschettenknöpfe und in der zweiten Schublade zwei große Blechdosen, in denen einst offenbar Kekse beziehungsweise Süßigkeiten gewesen waren. Sehr vorsichtig hob er den Deckel der größeren Dose an.
Darin lagen Geldscheine. Eine wirklich beträchtliche Menge. Zehner, Fünfziger, Hunderter, alles wild durcheinander – Tom konnte sogar einen Fünfhundert-Euro-Schein ausmachen. Er wusste sofort, worum es sich bei dem Dosenversteck handeln musste. Hier schmeißt er das Geld rein, das wir ihm bringen. Die Versuchung war groß, einfach in die Dose zu greifen und ein paar Scheine mitzunehmen. Der Alte konnte unmöglich im Kopf haben, wie viel Geld genau darin lag. Aber Tom unterdrückte den Impuls. Deshalb war er nicht hier.
Er verschloss die Dose wieder und nahm den Deckel der zweiten ab. Das Erste, worauf sein Blick fiel, war die Münze. Sie lag oben auf einem Haufen Kram, anscheinend weitere Sachen, die der Alte seinen Pflegekindern
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