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Smart Magic

Smart Magic

Titel: Smart Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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allen vieren zu der Kiste, und Matani erhob sich vorsichtig. Ihre Knie waren weich, und ihre Beine fühlten sich an, als könnten sie ihr Gewicht niemals tragen, aber es gelang ihr trotzdem, nicht nur aufrecht stehen zu bleiben, sondern auch die wenigen Schritte in die Mitte des Raums zu gehen, wo sie sich erleichtert hinkniete.
    In der Kiste waren Holzschalen und Becher. Es gab fla che Brotfladen und eine große, tönerne Schüssel mit einem undefinierbaren Brei darin. Matani zog den Korken aus einer aufrecht stehenden Amphore. Mehr schales Wasser, passend zu dem Rest des Essens.
    »Iss«, forderte Nevek sie auf und nahm eine Schale, die er in den Brei tunkte und ihr dann reichte. Sie roch an dem Essen; irgendein Gemüse vielleicht. Er riss etwas Brot ab und legte es auf ihre Schale, bevor er sich selbst bediente. Er tunkte das Brot in den Brei, und sie tat es ihm nach.
    Es schmeckte nicht schlecht, sondern eigentlich nach fast gar nichts. Sie hatte Schlimmeres erwartet. Als sie die ersten Bisse schluckte, meldete ihr Bauch plötzlich doch Hunger an, und sie aß die ganze Schale leer.
    Außer ihnen beiden war niemand zum Essen gekommen, wie Matani verwundert bemerkte. Sie wischte mit dem letzten Stück Brot die Schale sauber. Während sie etwas Wasser hineingoss, erkundigte sie sich bei Nevek: »Sind die anderen alle satt?«
    »Sie sind alle noch zu schwach. Man hat zuerst meist keinen Hunger. Man fühlt gar nichts.« Gerade wollte Matani fragen, was er damit meinte, als er fortfuhr: »Neuankömmlinge wie ihr stecken das meist besser weg.«
    »Wie wir?« Sie blickte sich rasch um. »Ich war nicht allein?«
    »Nein, ihr wart zu zweit. Zumindest hier in der Hütte. Dieses Lager ist so groß wie ein Dorf, aber ich weiß nicht, ob es noch andere Neue in den anderen Hütten gibt.«
    »Wo ist …?«
    Nevek wies auf eine Gestalt, die neben der Tür in der Ecke lag. Von ihr war kaum etwas zu erkennen, und sie lag mit dem Gesicht zur Wand. Sofort kroch Matani los. Sie krabbelte über die Liegenden hinweg und scherte sich nicht darum, wen oder was sie berührte.
    Als sie die Gestalt mit der dunklen Haut und dem halblangen schwarzen Haar erreichte, klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Es ist einer unserer Männer. Sie streckte vorsichtig eine Hand aus, zögerte einen Moment, ihn anzufassen. Dann packte sie ihn am Arm und drehte ihn um.
    Es war Dago, der mit flatternden Augenlidern und offenem Mund zur Decke sah. Matani flüsterte seinen Namen, aber er reagierte nicht. Sie wiederholte den Namen lauter und lauter, bis sie beinahe schrie, aber sein Gesichtsausdruck änderte sich nicht.
    »Manche vertragen es auch gar nicht«, murmelte Nevek hinter ihr. Matani wirbelte herum.
    »Was?«, fuhr sie ihn an. »Wovon redest du nur die ganze Zeit? Was vertragen manche nicht? Was haben sie denn gemacht?«
    »Es ist ihre Magie.« Nevek senkte das Haupt und sah ihr nicht in die Augen. »Die Magie, mit der sie uns allen die Kraft stehlen.«
    »Sie stehlen unsere Kraft?« Matani war verwirrt. Sie erinnerte sich an den Knall, den sie gehört hatte, bevor ihr die Sinne schwanden. Magie der Magatai, ganz bestimmt.
    Aber ein Zauber, der ihnen allen die Kraft raubte? »Wofür? Warum machen sie so etwas?«
    »Ich weiß es nicht«, erklärte der Alte. »Aber sie tun es immer öfter. Es ist, als wollten sie dir die Seele aus dem Leib reißen. Manche sterben einfach dabei. Und die Magatai brauchen immer mehr von uns, immer neue Kraft. Sie bereiten etwas vor, etwas sehr Großes und Mächtiges.«
    Matani sah ihn an. Seine Worte erschienen ihr ungeheuerlich. Wer würde so etwas tun? Aber sie kannte die Antwort: die Magatai. Sie hatte ihr Leben lang Geschichten darüber gehört, wozu die Fremden fähig waren. Ich muss Vater warnen. Ich muss meinen Stamm warnen. Wir müssen weg von hier, weit weg.
    Ihr Blick fiel auf Dago, dem ein dünner Speichelfaden aus dem Mund lief. Er stöhnte leise. Aber ich kann ihn ja nicht so allein hier zurücklassen, dachte sie. Ehe ihr plötzlich schmerzhaft klar wurde, dass ihr eigentliches Problem ein ganz anderes war: Sie war ebenso eine Gefangene der Fremden wie die apathischen Gestalten um sie herum. Wenn sie auch nur irgendjemanden warnen wollte, dann musste sie zuerst einmal herausfinden, wo sie genau war und wie sie überhaupt von hier verschwinden konnte.

Eine Insel voller alter Sachen
    Eine Insel voller alter Sachen

    Tom hielt die Zeichnung der Münze in die Höhe. Das Bild war nahezu perfekt geworden. Er lächelte

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