Smart Magic
ein älterer Mann mit sehr dunkler Haut, der eine Holzschale in der Hand hielt. Er hielt sie ihr fragend hin. Sie nickte, und er brachte sie an ihre Lippen.
Diesmal trank sie langsam und vorsichtig, und es gelang ihr, sich nicht zu verschlucken.
»Danke.« Sie erschrak, als sie ihre Stimme hörte. Es klang nicht nach ihr, sondern nach einer alten, kranken Frau, schwach und zittrig.
»Das erste Mal ist das Schlimmste«, sagte der Mann, als erwartete er, dass Matani ihn verstand. »Es wird dir bald besser gehen, und beim nächsten Mal ist es nicht mehr so schlimm.«
Matani kniff die Augen zusammen. »Wo bin ich?«, fragte sie, statt auf das einzugehen, was der Mann gesagt hatte.
»Ich weiß nicht, wie der Ort heißt. Wir sind in einem Lager der Magatai im Gräsermeer.«
Die Magatai. Schlagartig kehrten die Erinnerungen zurück. Die Herde, der Fluss, die Hirten und der Angriff. Die Reiter mit ihren Helmen. Vachir, die wie der Wind über die Steppe flog, aber nicht schnell genug, um zu entkommen. Und der Knall. Vorsichtig tastete sie ihren Körper mit den Händen ab.
»Du bist nicht verletzt, zumindest nicht so, dass ich es sehen würde«, beruhigte er sie. Auch ihre Finger konnten nichts finden, und der Anflug von Panik verging wieder.
Sie atmete tief durch und setzte sich langsam auf. Als der Schmerz zurückkam, musste sie die Augen schließen, aber wenn sie ruhig dasaß, ebbte er allmählich ab, bis er nur noch ein dumpfes Pochen hinter ihren Augen war, unangenehm, aber nicht mehr unerträglich.
»Gut. Du willst nicht aufgeben«, stellte der Alte grinsend fest.
»Ich bin Matani. Ich bin eine Jägerin«, erwiderte sie.
Er deutete auf seine Brust: »Ich bin Nevek. Woher kommst du?«
»Aus dem Gräsermeer. Und du?«
»Ich komme aus dem Süden, wo es so heiß ist, dass es kein Gras mehr gibt, sondern nur Sand. Ich hatte viele Tiere. Früher.«
Er brach ab, und Matani sah, dass es dem Alten schwerfiel, daran zu denken. Sie blickte sich um. Der Raum, in dem sie sich befanden, war groß genug, um Dutzenden von Menschen Platz zu bieten. Die Luft war stickig, und das einzige Licht kam durch zwei große Löcher weiter oben in der einen Wand, durch die ein rötlicher Schimmer fiel. Es war kein Sonnenlicht, das sah sie sofort.
Ein unangenehmer Geruch von Schweiß und Krankheit drang Matani in die Nase. Es gab keine Möbel, keine Decken, nur nackten Boden aus grobem Holz und ebensolche Wände. Die meisten anderen hier hatten die Augen geschlossen, und sie alle wirkten alt, verbraucht und abgehärmt. Matani sah leere Augen und offene Münder; es war, als starrte sie Totenschädel an.
»Was ist mit ihnen?«, flüsterte sie entsetzt.
»Sie erholen sich. Hoffentlich. So wie du.«
Bevor Matani antworten konnte, öffnete sich eine Tür unterhalb der beiden Lichtlöcher. Eine massige Gestalt trat in den Raum. Obwohl sie im Lichtschein stand und kaum mehr als ein Schattenriss war, erkannte Matani eine Rüstung und einen Helm wie die der Reiter, die sie gefangen genommen hatten. Der Krieger blieb stehen, ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und trat dann zur Seite, um weiteren Gestalten Platz zu machen.
Zwei Männer schleppten eine große Kiste in den Raum. Hinter ihnen wurde die Tür sofort wieder geschlossen, ohne dass Matani hätte erkennen können, was dahinter lag. Der Krieger vertrieb mit Tritten eine ganze Reihe der Liegenden; er war brutal und stieß ihnen seine spitzen Stiefel in die Seite, bis sie davonkrochen. Die beiden Männer stellten ihre Last auf dem frei gewordenen Boden in der Raummitte ab.
»Fütterungszeit«, rief der Krieger.
Wir sind doch keine Begrah, dachte Matani zornig und ballte die Faust, aber Nevek legte ihr die Hand auf die Schulter. Die beiden Träger zogen sich zurück, und der Krieger folgte ihnen, behielt dabei aber die Menschen um ihn herum im Blick. Er hätte sich die Mühe nicht machen müssen. Kaum jemand zeigte eine Regung. Er schritt über Beine und Leiber hinweg, trat hier und da noch einmal zu, bevor er die beiden Träger erreichte, die an der Tür auf ihn warteten.
Matani spähte angestrengt, als sie hinausgingen, sah aber nur einen kleinen Raum, in dem ein rotes Licht schien. Offenbar waren dort mehr Menschen, aber sie konnte keine Einzelheiten ausmachen.
»Hast du Hunger?«, fragte Nevek, und obwohl Matani eigentlich überhaupt keine Lust verspürte, das Essen der Magatai anzurühren, nickte sie. Wer weiß, wann ich sonst wieder etwas bekomme.
Der Alte kroch auf
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