Smart Magic
Augen öffnete, glaubte Tom für einen winzigen Moment, dass er in seinem Bett lag. Er hatte ein undeutliches Gefühl von Dringlichkeit, so als ob er ahnte, dass er zu spät zur Schule kommen würde. Doch dann sah er den Nachthimmel über sich, der mit Sternen übersät war, und die Erinnerungen kehrten zurück. Ein Kampf, der Reiter in der schwar zen Rüstung, Matani, der Troll, ein Lichtblitz und ein Rabe.
Er setzte sich auf, aber sofort spürte er einen pochenden Schmerz in den Schläfen und zuckte zusammen. Er schloss die Lider und hielt sich den Schädel.
»Du solltest langsam aufstehen. Du musst sehr erschöpft sein.«
Es war Matanis Stimme, und sie klang freundlich und besorgt. Tom war endlos froh, sie zu hören. Langsam wagte er es, die Augen wieder zu öffnen. Er lag in einer Kuhle im Gräsermeer. Jemand hatte ihm die Jacke ausgezogen und sie ihm wie ein Kissen unter den Kopf geschoben. Ein kleines Feuer brannte, und Resk stocherte mit einem Schwert darin herum. Es roch nach Gebratenem, und Tom lief sofort das Wasser im Mund zusammen, während sein Magen deutlich grummelte.
»Du hast Hunger«, stellte Matani fest und reichte ihm einen Lederbeutel. »Aber erst musst du trinken.«
Skeptisch besah Tom den Beutel, fand eine kleine Öffnung aus Horn und setzte sie an die Lippen. Es war nur Wasser, aber es vertrieb die Trockenheit aus seiner Kehle. Er trank, setzte ab, trank erneut und dann noch einige Schlucke, bis der Beutel deutlich leichter war. Es war, als würde das Wasser auch seinen Kopf waschen und die Gedanken klarer spülen.
»Wo sind wir? Was ist passiert?«
»Wir sind nicht weit von der Stelle, an der wir den Männern aufgelauert haben. Resk hat dich von dort weggetragen.« Sie deutete auf den Hügeltroll, der inzwischen eine Satteltasche auf dem Schoß hatte und ihren Inhalt mit großer Sorgfalt inspizierte. »Wir konnten dich nicht wecken, wie nicht anders zu erwarten.«
»Wieso nicht?«
»Du hättest uns sagen müssen, dass du so etwas kannst.« Der Tonfall des Trolls, der gerade einen kleinen silberfarbenen Gegenstand ins Licht hielt, klang ein bisschen vorwurfsvoll.
»Der Reiter hat Resk verletzt«, erklärte Matani. »Hätten wir gewusst, dass du über solche Magie verfügst, hätten wir anders angreifen können.«
»Ich hätte es euch gesagt, wenn ich es selbst gewusst hätte«, protestierte Tom. »Aber ich hatte keine Ahnung davon. Und ich habe es nicht mit Absicht getan. Es ist einfach passiert. Er … er wollte mich erschlagen, und dann … Es ging alles so schnell.«
»Dafür hast du es aber gut gemacht«, sagte der Troll anerkennend und nahm ein Tuch aus der Satteltasche, das er zwischen seinen groben Fingern rieb, wie um die Qualität zu prüfen.
»Es sah nicht so aus, als wüsstest du nicht, was du tust.« Matani setzte sich neben Tom und sah ihn eindringlich an. »Das ist sehr seltsam, weißt du? Du bist sehr seltsam. Deine Kleidung. Deine Sprache. Dass du deinen Begleiter nicht erkannt hast. Und dass du Magie besitzt, ohne es zu wissen.«
Tom wurde bei dieser Aufzählung fast schwindelig. »Glaub mir, wenn ich dir sage, dass es mir nicht besser geht. Was denkt ihr, wie seltsam ihr ausseht?«
Matani gab ein leises, glucksendes Lachen von sich. »Sehr, vermute ich. Geht es dir jetzt denn besser?«, fragte sie dann.
»Ja, danke.« Er lächelte. Sie musste sich irgendwo den Schmutz von der Haut gewaschen haben. In ihrem dunklen Gesicht leuchteten ihre Augen so hell wie der Mond am Himmel.
Tom suchte nach Worten, um ihr zu erklären, wie merkwürdig das alles für ihn war. »Da, wo ich herkomme, gibt es so etwas wie Magie eigentlich nicht. Nur dumme Tricks für Kinder. Ich weiß weder, wo ich bin, noch, wie ich genau hierhergekommen bin. In den letzten Wochen sind mir ein paar echt schräge Sachen passiert, und ich hab dauernd diesen Raben getroffen, der wollte, dass ich eine bestimmte Münze auftreibe, um irgendeine Reise damit zu bezahlen. Meine Freunde haben mir Mut gemacht, mich auf diese Sache einzulassen, und ich habe es getan, weil sie mich sowieso verfolgt hat.« Er räusperte sich und fragte sich für einen kurzen Moment, wie diese ganze Geschichte auf Matani wirken mochte, aber die Worte sprudelten einfach weiter aus ihm heraus.
»Dann war da ein Licht, wie ein Strudel. Das Licht fühlte sich richtig an, so als ob ich endlich den Weg gefunden hätte, von dem der Rabe geredet hatte. Aber dann bin ich in dem Lager angekommen, und seitdem ist gar nichts mehr
Weitere Kostenlose Bücher