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Smart Magic

Smart Magic

Titel: Smart Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Menschen und Tieren. Der Raum, in dem er sich befand, war nicht sehr groß. In der Mitte stand eine dicke, mit bunt angemalten Schnitzereien versehene Holzstange, die wie eine Säule zur Decke emporragte. Als Tom sie sich genauer besah, bemerkte er, dass sie tatsächlich das Dach abstützte – er war nicht in einem kleinen Raum, sondern in einem großen Zelt. Die Stange ragte durch ein Loch in der Decke hinaus, und er konnte einen schmalen Streifen Himmel sehen, der zwar noch dunkel war, aber gerade begann, sich hell zu färben, als ob gleich die Sonne aufgehen würde. Oder es wird gerade dunkel. Wie lange habe ich geschlafen?
    Die Zeltwände waren mit einer Vielzahl dieser farbigen Teppiche behangen, die alle Tiere und Menschen zeigten, hauptsächlich Pferde und Reiter. Zwischen den Teppichen waren Holzkonstrukte gespannt, die auf Tom wie Jägerzäune wirkten. Alles war sehr bunt. Er sah viel Rot und Blau und etwas Gold. Auf dem Boden lagen ebenfalls Teppiche, die allerdings keine Bilder aufwiesen. Sie waren in dunkleren Farbtönen gehalten, passten aber zum Rest der Einrichtung. Ein niedriger Tisch, kaum kniehoch, stand fast in der Mitte des Zeltes. Auf dem Tisch lag eine dunkelblaue, sehr fein gewebte Decke mit goldenen, eckigen Mustern, und darauf stand ein kleiner Tonkrug mit einer passenden Schale. An den Wänden gab es noch mehr Mobiliar, eine Truhe aus bunt lackiertem Holz und sehr seltsam aussehende Holzgerüste, die Tom nach längerem Hinsehen für Stühle hielt. Das Licht kam von zwei Öllampen, deren Flammen von kleinen Lampenschirmen aus dünn geschabtem Leder geschützt waren.
    Tom setzte sich auf und nahm alles in sich auf. Außer ihm war niemand in dem Zelt, aber er konnte von draußen leise Stimmen hören. Er schlug die Decken zurück und stellte überrascht fest, dass er ein langes, dünnes Stoffgewand trug, das ihn an ein Nachthemd erinnerte. Seine eigenen Klamotten waren nirgends zu sehen. Na toll, im Nachthemd, dachte er, und dann fiel ihm noch etwas ein: Wer hat mich umgezogen? Seine Wangen kribbelten, und bei dem Gedanken daran, dass es vielleicht Matani gewesen war, schoss ihm die Röte ins Gesicht. Er sah sich nach Kleidung um, konnte aber nichts finden. Also nahm er die oberste Decke und schlang sie sich wie einen Umhang um die Schultern, bevor er den Ausgang aus dem Zelt suchte, ihn fand und an die frische Luft trat.
    Jetzt war er sicher, dass es Morgen war. Obwohl der Himmel noch zu weiten Teilen dunkel war, spürte er es, als könnte er fühlen, wie die Sonne aufging.
    Zwischen den Zelten brannte ein großes Feuer, an dem einige Gestalten versammelt waren. Tom zögerte einen Augenblick, bevor er sich ein Herz fasste und hinüberging.
    »Tom!«
    Matani saß neben einem großen Mann, in dem Tom den Hünen erkannte, den sie ihm mit einem seltsam klingenden Titel vorgestellt hatte. Gestern? Oder heute? Er beschloss, danach zu fragen.
    »Hallo.« Er lächelte die beiden an. »Wie lange habe ich geschlafen?«
    Dafür, dass er sich extrem unwohl unter den Blicken der Fremden fühlte, klang seine Stimme eigentlich ganz normal, fand er.
    »Nur diese Nacht«, erklärte der Hüne und stand auf. Im Sitzen war er schon beeindruckend gewesen, aber stehend, mit einem über die Schultern gelegten Fell und seinen zahlreichen, fingerdicken Zöpfen wirkte er weniger wie ein Mensch als vielmehr wie eine Naturgewalt.
    Er kam auf Tom zu, den er um deutlich mehr als einen Kopf überragte. Die Decke, die er trug, roch nach Pferd.
    Tom konnte in dem Gesicht des Mannes nichts lesen, also versuchte er, trotz seiner Nervosität möglichst gelassen zu wirken.
    »Du hast Matani gerettet«, erklärte der Mann.
    »Eigentlich … na ja, eigentlich hat sie eher mich gerettet. Da waren die Reiter, diese Magatai. Die hätten mich ein-, zweimal beinahe umgebracht.«
    Der große Mann schwieg, und auch Tom wusste nicht, was er sagen sollte, bis Matani fragte: »Hast du Hunger?«
    Als habe er nur auf das Stichwort gewartet, meldete sich Toms Magen zu Wort. Es war kein Knurren, aber ein deutliches Gefühl der Leere.
    »Ja«, sagte er verwundert. Normalerweise konnte er frühmorgens nichts essen, weil er lange Zeit nach dem Aufstehen einfach keinen Hunger hatte.
    »Dann setz dich ans Feuer«, sagte der Hüne. Es war anscheinend als Einladung gemeint, klang aber wie ein Befehl. Tom setzte sich neben Matani auf einige übereinandergelegte Felle. Es war ein weicher Sitzplatz. Sein Gesicht und seine Hände waren bald warm vom Feuer.

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