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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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genießen«, sagteich, »auch ohne sich zum Krüppel schießen zu lassen. Zu meiner Zeit haben wir Port getrunken und bis tief in die Nacht über unsere Hoffnungen und Träume gesprochen.«
    »Dass wir es eines Tages bis nach Los Angeles schaffen, das können wir nur
hoffen
und davon
träumen
. Was gibt es da zu reden?«
    »Ja – nun«, sagte ich, aber mir fiel keine ebenso vernichtende Antwort ein.
    Wir umrundeten die in Flutlicht getauchte Riesenkrake des Sevo-Vatikans und bogen in eine enge Gasse ab, die am Fuß der so genannten Gründermauer in die Altstadt führte. Jedes Plateau hatte seine Altstadt, erbaut entweder zur Zeit der persischen Besatzung oder des Einfalls der Ottomanen, das weiß ich nicht mehr genau. Auf dem Sevo-Plateau und dem »Plateau International« waren diese Altstädte einst von den Muslimen besiedelt worden, deren geschäftige Badehäuser und stummeligen Minarette zwei stille, abgeschiedene Klein-Istanbuls bildeten.
    Aber in der Altstadt der Sevo lebten keine Muslime mehr. Sie erhob sich auf einem kleinen Hügelkamm und wurde von einem Netz verwinkelter Gässchen durchzogen, die sich ihren Weg vom Meer in die Berge bahnten und schließlich alle in einer Sackgasse endeten, vor je einem herrschaftlichen alten Haus auf hölzernen Hühnerbeinen, das strafend auf den Fahrer herabsah, der es gewagt hatte, seine Ruhe zu stören. Die nobelsten Villen waren mitten in den Hügelkamm gebaut worden und mit zwei Jahrhunderte altem Prunk und Zierrat geschmückt. Ihre Fassaden leuchteten in Pastelltönen, einem blassen Gelb oder Grün und einem gespenstischen Azur, das früher einmal die Farbe des unter ihnen ausgebreiteten, nun grauen Meeres gespiegelt haben mochte. Lange hölzerne Balkone gaben den Häusern einen ganz eigenen Charme, die hölzernen Verkleidungen trugen ein verschlungenes Schnitzwerk aus den Löwen und Fischen der Sevo-Mythologie. Seit meiner Ankunft in diesem Land hatte ich nichts Schöneres gesehen.
    Das Haus, dem wir uns näherten, überstrahlte an Glanz und Größe alle anderen – ein weitläufiges weißes Gebäude, von Oberlichtern durchsetzt, während manche der Nachbarhäuser so verfallen waren, dass sie nicht einmal Fensterscheiben oder Dachziegel ihr Eigen nannten.Als wir uns dem Anwesen derer von Nanabragov näherten, entpuppte es sich als Betonbau, als aufwändige Parodie eines traditionellen sevischen Heims, ein Behältnis aus Zement, dem man ebenso kalt entschlossen Balkone und Wendeltreppchen angeklebt hatte wie die Satellitenschüsseln auf dem Dach.
    Als wir vor dem Haus hielten, fiel meine Eskorte still in sich zusammen. Die Jungen hielten sich an ihren Waffen fest und atmeten langsam durch die Nase. Sie reckten die Hälse, damit sie die Satellitenschüsseln auf dem Dach besser sehen konnten. Gemeinsam dachten sie an Los Angeles, ihre Bestimmung, ein Schicksal, das sich nicht in Worten ausdrücken ließ, nur in Gewehrsalven und der Umarmung nackter Frauen im Whirlpool.
    Die kreisförmige Auffahrt umrundete eine Kopie von Berninis
Fontana del Moro
; den Marmor, aus dem der stattliche maurische Meeresgott in der Mitte gehauen worden war, hatte man um einiges zu glatt poliert. Ich konnte meine Nana aus dem Haus laufen sehen, gekleidet wie immer – jugendlich eng anliegend, Fleischfalten und Ohrreifen; deutlich hob sich der Buckel ihrer Klitoris unter einem Paar schwarzer Jogginghosen hervor.
    »Da bist du ja«, rief sie.
    Das ließ mich erzittern. »Hallöchen!«
    »Hast du dich aber fein gemacht!«, sagte sie. Ich trug mein zeltgroßes Polohemd und ein paar Khaki-Pluderhosen, die ich mir auf Dr. Levines Rat zugelegt hatte. »Lecker«, sagte sie. »Her mit dem süßen Gesicht.« Sie küsste mich lange und kräftig und drückte mir den ausufernden Arsch, bis sich die Falten meiner Khakis bauschten wie Zeppeline. Ich warf einen Blick zurück auf meine verdutzte Eskorte, als wollte ich sagen: »Seht ihr, so wird man als zivilisierter Mensch behandelt, wenn man bei der Anrede die Höflichkeitsform des
vy
benutzt.«
    »Komm doch rein«, sagte Nana. »Papa kann es kaum erwarten, dich kennen zu lernen. Das Essen ist fertig. Sie haben extra drei Hammel geschossen.« Sie nahm mich bei der Hand und zog mich hinter sich her; ihre Schultern dünsteten einen süßen Pfefferminzgeruch aus, wie junge Frauenkörper ihn manchmal abgeben, um mir das Leben schwer zu machen.
    Wir betraten ein Vestibül von den Ausmaßen einer mittleren Scheune, vier goldgerahmte Spiegel vervielfachten die

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