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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Temperaturen, Weichspüler und »Feinwäsche« bei. Wenn die Trommel im Trockner sich nicht mehr drehte, legten wir immer gemeinsam unsere Socken zusammen. Sie verwandelte sie in perfekt gerundete Bällchen, und es war so schön, sie zu Hause wieder auszurollen und in ein frisches warmes Paar zu schlüpfen. Selbst gewaschene Socken werden für mich auf ewig für Demokratie und die Vorherrschaft der Mittelschicht stehen.
    Ich nahm Rouenna mit in den Keller. Die Waschmaschine lief schon. Mein Diener Timofej beaufsichtigte eine junge neue Magd, die meine Jogginganzüge und meine lendenschurzartigen Unterhosen sortierte. »Ja, so ist es recht«, sagte Timofej weise nickend zur Magd. »Sogefällt es dem Herrn. Du bist ein sehr braves Mädchen, Lara Iwanowna.«
    Ich scheuchte die Dienerschaft davon, indem ich drohte, ihnen meinen Schuh auf den Kopf zu schlagen (eine kleine Pantomime, die ich gelegentlich mit ihnen aufführe und die ihnen Freude zu bereiten scheint). »Danke für dein Luftpostpaket mit den Trocknertüchern, Rowie«, sagte ich. »Die guten gibt es hier einfach nicht. Vom Sommerbriseduft kann ich einfach nicht genug bekommen.«
    Rouenna studierte die Schalter und Knöpfe an der neuen Waschmaschine, die ich aus Berlin hatte einfliegen lassen. »Wie funktioniert die denn, Baby?«
    »Die Gebrauchsanweisung ist auf Deutsch.«
    »Ach, dass sie nicht auf Englisch ist, sehe ich auch. Nicht reden, zeigen.«
    »Was?«
    »Nicht reden, zeigen.«
    »Und das heißt?«
    »Das sagt Professor Shteynfarb immer in meinem Schreibkurs. Dass man nicht dauernd Exposition machen darf, sondern sagen soll, was Sache ist.«
    »Du bist in einem Schreibkurs bei
Jerry Shteynfarb

    »Den kennst du,
Alter
? Geiler Typ. Er findet, ich habe eine echt eigene Stimme. Und dass man eine eigene Stimme braucht, wenn man fette Fiction schreiben will.«
    »Er findet
was
?« Ich ließ mir einen Bottich mit Waschpulver auf den verschwitzten linken Fuß fallen. Der Gifthümpel schoss einen verzweifelten Schmerzenspfeil durch meinen Körper und füllte mir den Mund mit Medizingeschmack. Vor mir sah ich Rouenna und Shteynfarb zusammen im Bett.
    Damit Sie wissen, mit wem Sie es bei diesem Jerry Shteynfarb zu tun haben: Er war auf dem Zufallscollege mein Kommilitone gewesen, ein völlig durchamerikanisierter russischer Edelemigrant (mit sieben Jahren in die Staaten gekommen), der mit Hilfe seiner dubiosen russischen Referenzen eine Karriere im Fachbereich Kreatives Schreiben gemacht hatte und dabei mit dem halben Campus ins Bett gehüpftwar. Nach seinem Abschluss hatte er, wie angedroht, einen Roman geschrieben, einen traurigen kleinen Abgesang auf eine Einwandererexistenz, die mir vergleichsweise wie das beste aller möglichen Leben vorkam. Das Buch hieß
Der russische Debütant wirft das Handtuch
oder so ähnlich. Die Amerikaner sind natürlich voll drauf abgefahren.
    »Mit Professor Shteynfarb noch ’ne alte Rechnung offen?«
    »Bei dem musst du aufpassen, mehr sage ich nicht. In gewissen New Yorker Kreisen hat er einen Ruf als großer Aufreißer. Der steigt mit jeder in die Kiste.«
    »Und bin ich etwa jede?« Rouenna knallte die Tür der Waschmaschine zu.
    »Du bist etwas Besonderes«, hauchte ich.
    »Jedenfalls sagt der Professor, dass ich wirklich was zu erzählen habe, nicht das übliche Zeug, wie reiche Weiße sich in Westchester scheiden lassen. Ich schreibe eine Story, wie sie unser Haus in Morrisania abgefackelt haben.«
    »Ich dachte, du willst Sekretärin werden«, sagte ich. »Eine fette Chefsekretärin.«
    »Ich erweitere meinen Horizont, war doch
deine
Idee«, sagte Rouenna. »Ich will nicht nur gebildet sein, ich will auch schlau sein.«
    »Aber Rou –«
    »Kein Aber, Snack. Ich hab’s satt, dass du immer alles besser weißt. Du hast echt keine Ahnung.« Um alle Missverständnisse unmöglich zu machen, rammte sie mir die Faust in den Mund. »Was steht jetzt in diesem deutschen Scheißding?«
    Ich zog ihre Faust aus meinem Mund und tupfte mir mit einem vorbeischwebenden Trocknertuch zart den Speichel ab. Ich wollte ihr
zeigen
, wie sehr ich sie liebte, nicht bloß reden, aber ich fühlte mich schwach und impotent, voll der Worte, ansonsten aber leer. »
Kalt
bedeutet kalt, also
cold
, und
heiß
bedeutet heiß, also
hot
«, erklärte ich.
    Sie drehte an den Schaltern, und die Waschmaschine begann zufrieden zu rattern. Sie sah mir in die blauen Augen. »Natürlich liebe ich dich, du Idiot«, sagte sie. Und mit dem anstrengungslosen

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