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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Einheimischen mit seinem Peugeot.«
    »Ist das Geld von Oleg dem Elch schon auf Mischas Offshore-Konten?«, fragte Aljoscha-Bob.
    »Auf Zypern liegen für Mischa ungefähr 35 Millionen Dollar«, sagteBelugin und betrachtete seine gelblichen Fingernägel, von den Überresten des sorgsam gehorteten Vermögens des Geliebten Herrn Papa offensichtlich wenig beeindruckt – seiner langen Spur aus abgewrackten Fabriken, ergaunerten Gasförderungslizenzen, der berühmten VainBergAir (eine Fluglinie ohne Flugzeuge, aber mit ganz vielen Stewardessen) und natürlich dem berüchtigten Friedhof für neurussische Juden.
    Für mich klang die Summe ehrlich gesagt auch nicht nach besonders viel. Rechnen wir mal nach. Ich war 30 Jahre alt, die durchschnittliche Lebenserwartung eines russischen Mannes liegt bei 56 Jahren, also hatte ich wahrscheinlich noch ungefähr 26 Jahre zu leben. 35 Millionen durch 26 macht zirka 1.350.000 Dollar im Jahr. Damit würde ich in Europa nicht weit kommen, aber zum Überleben reichte es. Ach, in New York war ich mit bloßen 200.000 Dollar pro Jahr ausgekommen, aber da war ich noch jung und musste nicht für einen Diener aufkommen und verbot mir gewisse Extravaganzen (zum Beispiel den Heißluftballon oder den Bungalow auf Long Island).
    Aber warum sollte ich mich mit meiner Armut aufhalten! Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten legte sich das Gefühl reinen Vergnügens um meine gequälte Leber und die aufgedunsenen Lungen. Die Freiheit war nah.
    Ich erinnerte mich, wie ich Leningrad als Kind entkommen war, an die sommerlichen Zugreisen auf die Krim. Süße Reminiszenzen an den kleinen Mischa, der sich aus dem Zugfenster lehnt, an die russische Landschaft jenseits der Schienen, die gelegentliche Espe, die dem neugierigen Jungen ihre Zweige ins Gesicht schlug. Wenn meine Mutter mir den zerdrückten Panamahut brachte und mir ein improvisiertes Liedchen trällerte, wusste ich immer, dass der Sommer nicht mehr weit war. Sie sang:
Mischa, der Bär
    kriecht aus dem Bau
    Er sehnt sich sehr
    nach Sommers Blau
    Ja,
mamotschka
, ich sehne mich sehr! Ich grinste und rülpste in mein Schnapsglas. Es gefiel mir ganz außerordentlich gut, heute am Leben zu sein, wo ich doch wusste, dass ich in der nächsten Woche dem bronzenen Ross von Peter dem Großen nachfolgen durfte. Ich würde mir den Traum jedes gebildeten jungen Russen erfüllen. Ich würde
rübermachen
.
    »Folgendes müsst ihr tun«, sagte Hauptmann Belugin. »Gleich nach der Landung in Absurdistan geht ihr ins ›Park Hyatt Svanï City‹ und meldet euch bei Larry Zartarian, dem Hoteldirektor. Er wird alles in die Wege leiten. Und in null Komma nichts bist du Belgier.«
    »Belgien«, seufzte Sweta wehmütig. »Hast du ein Glück.«
    »Du bist eine dicke, fette kosmopolitische Riesennutte«, sagte Aljoscha-Bob, »aber ich liebe dich trotzdem.«
    »Du verrätst dein Land, aber was soll man machen?«, sagte Hauptmann Belugin.
    Ich ließ mir ihre Worte durch den Kopf gehen, prostete mir selber zu. »Ja, was soll man machen?«, sagte ich. »Alles hat seine Grenzen.«
    Die Gläser machten kling. Klar lag meine Zukunft vor mir. Ich trank meinen Wodka und fühlte mich erhoben. Im Rückblick kann ich jetzt natürlich verraten: Ich lag total falsch. In jeder Hinsicht. Familie, Freundschaft, Koitus, die Zukunft, sogar was die Gegenwart anging, meine wichtigste Stütze … in allem lag ich total falsch.

13
    Mischa der Bär mag fliegen sehr
     
    Ich trommelte meine Hausangestellten zusammen und teilte ihnen ihre Entlassung mit. Sofort weinten sie in ihre Schürzen und rissen sich die Haare aus. »Könnt ihr nicht irgendwohin aufs Land gehen?«, fragte ich sie. »Seid ihr das Stadtleben nicht leid? Ihr seid frei!« Leider waren sie pleite, und ihre Verwandten auf dem Land hatten sie verstoßen; nun waren sie Obdachlosigkeit und Hunger ausgeliefert, dann dem Einbruch des schrecklichen russischen Winters. Also gab ich jedem 5000 Dollar, worauf sie sich mir weinend an den Hals warfen.
    Gerührt von meiner eigenen Großzügigkeit, ließ ich Swetlana und den Künstler Valentin kommen, der noch immer mit seiner Naomi und seiner Ruth in meiner Bibliothek hauste. »Ich gründe eine Hilfsorganisation namens ›Mischas Kinder‹«, eröffnete ich ihnen. »Ich habe zwei Millionen Dollar zum Wohle der Kinder meiner Geburtsstadt bereitgestellt.«
    Sie sahen mich schief an.
    »Ich meine St. Petersburg«, erklärte ich.
    Noch immer keine Reaktion.
    »Sweta«, sagte ich, »du hast mir

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