Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
Vom Netzwerk:
wild wachsenden Tomaten, und trotzdem gingen sie zu McDonald’s. Ich nahm mir vor, die Ernährungsgewohnheiten von Mischas Kindern zu überprüfen. Hoffentlich waren die progressiven Sozialarbeiter aus Park Slope schon in St. Petersburg und arbeiteten an den Kleinen.
    »He, da ist der Demokrat!«, schrie jemand Trotl an. »He, Demokrat, gib mir einen Milchshake aus, ja? Dann glaube ich dir auch alles, was du sagst.«
    Ein hoch gewachsener, knapp 20-jähriger Slawe kam auf uns zu, steif und offiziös in seiner McDonald’s-Wegwerfuniform, aber mit einem Lächeln, schwul genug, dass er sich damit im Petersburger »Club 69« einen Namen machen könnte. Ein Schild wies ihn in kyrillischen Lettern als
Dzhunior Manadzher
aus. »Sir«, sagte er. »Sie wollen Monsieur Lefèvre sprechen?«
    »Ihren kriminellen Fraß will ich ganz bestimmt nicht«, gab ich zurück.
    »Bitte folgen Sie mir«, sagte der Junior Manager. »Mr Trotl und Ihr Diener dürfen sich so lange an einem Cheeseburger auf Kosten des Hauses erfreuen. Nein, Mr Trotl, Sie dürfen sich einen Cheeseburger
teilen
, mehr nicht.«
    Er führte mich an den Toiletten vorbei, aus denen es schaurig nach scharfen Reinigungsmitteln stank, an einem gerahmten Poster, das den Pacific Coast Highway Kaliforniens zeigte, zu einer Tür auf eine kleine Sackgasse, die in riesigen Plastikbehältern den McDonald’s-Müll beherbergte. Erst nach einer ganzen Weile hatte ich Monsieur Lefèvre vom belgischen Konsulat ausgemacht; er lag auf einer verdreckten Matratze, die er mit beiden Armen umklammerte wie Jona, frisch aus dem Wal.
    »Monsieur Lefèvre ist nicht wohl«, sagte der magere russische Junge. »Ich gehe ihm etwas zu trinken holen.«
    »Mischa«, bellte der Belgier in die Matratze. »Wodka«, sagte er auf Russisch.
    »Meinen Sie mich?«, fragte ich.
    »Ich heiße auch Mischa«, sagte der Junge und verließ uns.
    Der Belgier drehte sich mit den Ellenbogen auf den Rücken, um mich richtig sehen zu können. »Heilige Mutter Gottes«, sagte er auf Englisch. »Sind Sie fett! Sie sind noch fetter als auf Hauptmann Belugins Foto. Sie sind der Fetteste überhaupt.«
    »Ja, ich bin ein stattlicher Mann«, sagte ich. Lefèvre war dagegen blond und ausgemergelt, hatte wahrscheinlich eben das mittlere Alter erreicht, stoppelbärtig, rotäugig und von der absurdischen Kombination aus Sonne, Meer und Sand hübsch gebräunt. Was immer mit ihm geschehen war, musste schnell und unwiderruflich geschehen sein.
    »Na dann«, sagte Lefèvre mit mildem Grinsen. »Wer will denn hier Belgier werden?«
    »Ich«, sagte ich. Wollte er mich veräppeln? »Ich habe Hauptmann Belugin 240.000 US -Dollar gezahlt. Für meine Staatsbürgerschaft und die Arbeitserlaubnis meines Dieners. Damit ist wohl alles geregelt.«
    »Mm-hmpf«, sagte der Belgier, hob eine Hand und ließ sie schlaff vor seinem Körper hängen. »Alle wollen sie Belgier werden. Also, ich will kein Belgier sein, oh nein. Ich wäre lieber ein mexikanischer Zapatista oder ein Montenegriner. Was Wildes!« Er gähnte und kratzte sich den vollendet weißen Nasenrücken. Mein Blick fiel auf seine Sonnenbrille, die zertreten vor seinen Füßen lag.
    Mischa, der McDonald’s-Junior-Manager, erschien mit einer Flasche Flagman-Wodka und einem McDonald’s-Pappbecher. Er füllte Wodka in den Becher, neigte sanft Lefèvres Kopf und flößte dem Diplomaten den Wodka ein. Er musste würgen, aber der größte Teil des Alkohols schaffte es bis in des Belgiers Blutbahnen und rötete ihm rasch das Gesicht.
    »Was sind Sie?«, fragte Lefèvre, während er Mischa seinen Mund mit einem McDonald’s-Papierhütchen abwischen ließ. »Beruflich.«
    »Ich bin Philanthrop«, sagte ich. »Ich nenne eine Wohltätigkeitseinrichtung mein Eigen, ›Mischas Kinder‹.«
    »Sind Sie auch einer von diesen Pädophilen?«
    »Was?«, kreischte ich zu Recht. »Wie können Sie nur? Wie grässlich! Ich wollte schon mein ganzes Leben lang Kindern helfen.«
    »Ich dachte nur, weil Sie so fett und aufgedunsen sind –«
    »Hören Sie auf, mich zu beleidigen. Ich kenne meine Rechte.«
    »Noch sind Sie kein Belgier, mein Freund«, sagte er. »Ich scherze nur. In Belgien haben wir ein Pädophilenproblem. Riesenskandal. Sogar Regierungs- und Polizeikreise sind verwuselt.«
    »Verwickelt«, korrigierte ich ihn.
    »Ich fand, Sie sollten über Ihr neues Heimatland besser im Bilde sein, bevor Sie an Bord kommen. Noch irgendwelche Fragen?«
    Ich überlegte, ob es etwas gab, was ich über

Weitere Kostenlose Bücher