Sniper
Kämpfe in Falludscha ist davon die Rede, wie fanatisch die Aufständischen waren. Sicher waren sie fanatisch, aber bei Weitem nicht alle in religiöser Hinsicht. Eine ganze Menge von ihnen stand schlicht und einfach unter Drogen.
Im späteren Verlauf unseres Feldzugs nahmen wir ein Krankhaus am Stadtrand ein, das als Unterkunft genutzt worden war. Wir fanden dort Löffel, Fixerbesteck und andere Beweismittel, die uns ein Bild davon vermittelten, wie sich die Aufständischen vorbereiteten. Ich bin kein Fachmann, aber es sah für mich so aus, als würden sie Heroin kochen und es sich vor dem Kampf spritzen. Außerdem kam mir zu Ohren, dass sie verschreibungspflichtige Medikamente und praktisch alles, was sie in die Finger bekamen, benutzten, um ihren Mut zu steigern.
Man konnte das manchmal sehen, wenn man sie erschoss. Manche wurden von etlichen Kugeln getroffen, scheinbar ohne es zu merken. Es trieb sie also mehr als nur der Glaube und Adrenalin an, auch mehr als Blutdurst. In gewisser Weise waren sie schon auf dem halben Weg ins Paradies, zumindest musste es ihnen in ihrem Zustand so vorkommen.
Unter dem Schutt
Eines Tages stieg ich von einem Dach herab, um eine Pause zu machen und ging mit einem anderen SEAL-Sniper in den Garten. Ich klappte das Zweibein meines Gewehrs auf und stellte es ab.
Plötzlich gab es gegenüber von uns eine Explosion, vielleicht drei Meter entfernt. Ich ging in Deckung, drehte mich um und sah, wie eine Betonwand in Schutt und Asche fiel. Auf der anderen Seite kamen zwei Aufständische mit geschulterten Kalaschnikows zum Vorschein. Sie sahen genauso überrascht aus wie wir; auch sie hatten gerade eine Pause gemacht, als eine fehlgezündete Rakete einschlug oder vielleicht eine IED hochging.
Es war wie in einem Wildwestduell – wer zuerst zur Pistole griff, würde überleben.
Ich griff mir meine und fing an zu schießen. Mein Kamerad tat dasselbe.
Wir trafen sie, aber die Geschosse erzielten nicht die gewünschte Wirkung. Sie flohen, rannten durch das Haus, in dem sie sich zuvor versteckt hatten, und stürmten auf die Straße.
Sobald sie das Haus verlassen hatten, wurden sie von den auf der Straße patrouillierenden Marines erschossen.
Ziemlich am Anfang des Gefechts traf eine Panzerabwehrrakete das Gebäude, in dem ich gerade arbeitete.
Es war ein Nachmittag, als ich an einem Fenster im obersten Stockwerk meinen Posten bezog. Die Marines am Boden wurden von der davorliegenden Straße aus beschossen. Ich gab ihnen Feuerschutz und schaltete ein Ziel nach dem anderen aus. Die Iraker begannen auf mich zu schießen, aber zum Glück nicht besonders präzise, was für sie typisch war.
Dann traf eine Panzerabwehrrakete das Haus. Die Mauer fing den Großteil der Explosion ab, was positiv und zugleich negativ war. Positiv daran war, dass dadurch mein Leben verschont blieb. Negativ war, dass die Explosion ein großes Stück der Mauer absprengte. Selbiges fiel auf meine Beine, sodass meine Knie zwischen dem Mauerwerk und dem Betonboden eingequetscht waren. Für kurze Zeit war mir, als könne ich meine Beine gar nicht mehr bewegen.
Es tat wahnsinnig weh. Ich trat den Schutt so gut es ging weg und schoss auf die Feinde am anderen Ende des Häuserblocks.
»Alles in Ordnung bei euch?«, schrie einer der Kameraden, die bei mir waren.
»Alles bestens, alles bestens«, schrie ich zurück. Aber meine Beine schrien genau das Gegenteil. Sie schmerzten unerträglich.
Die Aufständischen zogen sich zunächst zurück, aber dann kochte die Atmosphäre wieder hoch. So war es immer – zuerst eine trügerische Ruhe, gefolgt von einem intensiven Gefecht, bevor dann wieder Ruhe einkehrte.
Als der Schusswechsel schließlich zu Ende ging, stand ich auf und kletterte aus dem Zimmer. Unten deutete einer meiner Kameraden auf meine Beine.
»Du ziehst das Bein nach«, sagte er.
»Die Scheißwand ist auf mich gefallen.«
Er sah nach oben. Dort, wo zuvor die Wand gewesen war, war nun ein großes Loch. Bis zu jenem Zeitpunkt war niemandem bewusst gewesen, dass ich in dem Zimmer gewesen war, in dem die Rakete eingeschlagen war.
Ich hinkte noch eine Zeit lang – eine ganze Zeit lang – und später musste ich mir beide Knie operieren lassen; allerdings konnte ich das noch einige Jahre hinauszögern.
Natürlich ging ich nicht zum Arzt. Wer zum Arzt geht, wird aus dem Verkehr gezogen. Ich wusste, dass ich auch so zurechtkommen würde.
Im eigenen Saft schmoren
Man darf keine Angst vor dem Schuss haben. Wenn
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