Sniper
unseres mit dazu.«
Wir einigten uns schließlich darauf, dass wir unterschiedlicher Meinung waren.
Als die Zeit für den nächsten Auslandseinsatz näher kam, wurde unsere Beziehung sogar noch distanzierter. Taya schob mich emotional von sich, als ob sie für die kommenden Monate eine Rüstung anlegen würde. Und es kann durchaus sein, dass ich dasselbe tat.
»Das ist keine Absicht«, sagte sie mir in einem jener seltenen Momente, in denen wir beide erkannten, was gerade mit uns geschah, und wir sogar darüber reden konnten.
Wir liebten uns noch. Es klingt vielleicht seltsam, aber wir waren uns gleichzeitig nah – und auch wieder nicht; wir brauchten den anderen zwar, und dennoch auch einen eigenen Freiraum. Und wir brauchten andere Dinge, auf die wir uns konzentrieren konnten. Zumindest ging es mir so.
Ich konnte es kaum abwarten zu gehen. Ich freute mich darauf, endlich wieder meine Arbeit zu erledigen.
Geburt
Einige Tage vor unserer Abreise ging ich zum Arzt, um mir eine Zyste am Hals entfernen zu lassen. In seinem Behandlungszimmer betäubte er den umliegenden Bereich mit einem Lokalanästhetikum und steckte dann eine Nadel in meinen Hals, um die Masse zu entfernen.
Glaube ich zumindest. Ich weiß es nicht genau, weil ich einen Anfall erlitt und das Bewusstsein verlor, sobald die Nadel in mich eindrang. Als ich zu mir kam, lag ich flach auf dem Behandlungstisch, meine Füße waren da, wo mein Kopf hätte sein müssen.
Ich verspürte keine anderen Nebenwirkungen, weder vom Anfall noch von der Behandlung. Es ging mir bestens. Daher konnte niemand genau sagen, warum ich diese Reaktion gezeigt hatte.
Aber es gab ein Problem – ein Anfall kann ein Grund dafür sein, aus der Navy entlassen zu werden. Zum Glück war ein Sanitäter, mit dem ich gedient hatte, ebenfalls anwesend. Er überredete den Arzt, den Anfall in seinem Bericht nicht zu erwähnen bzw. diesen so umzuformulieren, dass er weder meinen Auslandseinsatz noch meine Karriere gefährdete. Die Sache fiel unter den Tisch.
Der Anfall bewirkte jedoch, dass ich es nicht rechtzeitig zu Taya schaffte. In der Zeit, in der ich besinnungslos war, unterzog sie sich gerade einer routinemäßigen Schwangerschaftsuntersuchung. Es waren noch etwa drei Wochen bis zum Geburtstermin unserer Tochter und nur wenige Tage bis zu meiner Abreise. Unter anderem wurde eine Ultraschalluntersuchung gemacht und als die Arzthelferin vom Bildschirm aufsah, bemerkte Taya, dass etwas nicht stimmte.
»Ich habe den Eindruck, dass wir das Baby jetzt gleich entbinden müssen«, war das Einzige, was die Arzthelferin noch sagte, bevor sie aufstand und den Arzt holte.
Die Nabelschnur hatte sich um den Hals unserer Tochter gelegt, außerdem lag sie auch falsch und es war nicht genug Fruchtwasser vorhanden.
»Wir machen einen Kaiserschnitt«, sagte der Arzt. »Keine Sorge. Morgen ist das Kind da und alles wird gut.«
Taya hatte mich mehrmals angerufen. Ich sah sie erst, als sie schon im Krankenhaus war, wo wir eine aufreibende Nacht verbrachten, bevor am nächsten Morgen der Arzt den Kaiserschnitt vornahm. Während des Eingriffs wurde eine Arterie verletzt und plötzlich spritzte das Blut nur so durch den Raum. Ich hatte Todesangst um meine Frau. Ich spürte echte Angst. Schlimmer noch.
Und endlich bekam ich einen Eindruck davon, was sie tagtäglich durchmachte, während ich im Krieg war. Es war eine schreckliche Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, die ich in jenem OP-Saal erlebte.
Das ist schwer zuzugeben, geschweige denn zu verarbeiten.
Unserer Tochter ging es gut. Ich nahm sie und hielt sie in meinen Armen. Als sie noch im Mutterleib war, war ich ihr gegenüber genauso reserviert gewesen wie damals vor der Geburt meinem Sohn gegenüber; jetzt, da ich sie im Arm hielt, empfand ich echte Wärme und Zuneigung.
Taya sah mich seltsam an, als ich ihr das Baby reichen wollte.
»Willst du sie nicht halten?«, fragte ich sie.
»Nein«, sagte sie.
Oh Gott, dachte ich, sie lehnt unsere Tochter ab. Ich muss bald gehen und sie kann keine Muttergefühle für die Kleine aufbringen.
Einige Augenblicke später streckte Taya ihre Arme aus und nahm sie.
Gott sei Dank .
Zwei Tage später ging ich fort.
Kapitel 9
Die Punisher
»Ich bin wegen der Mörser hier«
Man könnte meinen, dass eine Armee, die eine Großoffensive plant, Mittel und Wege kennt, um ihre Soldaten direkt ins Kriegsgebiet zu befördern.
Falsch gedacht.
Wegen der Entfernung der Zyste und der Geburt meiner Tochter
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