Snobs: Roman (German Edition)
liebenswürdiges Geplauder über die Modelle, die ihnen am besten gefallen hatten, als Adela Edith bemerkte, die sich durch die spärlicher werdende Menge auf sie zuschob. Solche Situationen sind eine Herausforderung. Selbst als ihr Mann muss ich sagen, dass Adela kein Mensch ist, der vor schwierigen Aufgaben zurückscheut, doch was hatte es für einen Sinn, Lady Uckfield den Nachmittag zu verderben oder sie vor ihrer Begleiterin in eine unangenehme Lage zu bringen? Ihre Schwiegertochter war eine Skandalfigur und dies ein öffentlicher Ort, an dem es vor Journalisten wimmelte. Adela traf die Judas-Entscheidung einer Schadensbegrenzung, suchte Lady Uckfields Blick und nickte leise in Richtung der sich nähernden Edith. Lady Uckfield bewies jene Gewandtheit, die das Empire groß gemacht hat, und nahm die Anwesenheit ihrer Schwiegertochter ohne mit der Wimper zu zucken zur Kenntnis. Sogar Adela hätte geschworen, dass ihr plötzlicher Aufbruch rein zufällig mit diesem Moment des Erkennens zusammenfiel, hätte die ältere Dame ihr nicht verschwörerisch den Arm gedrückt. Eine Sekunde später waren die Prinzessin und ihre Begleiterin verschwunden und Adela konnte Edith nur noch einer leicht verwirrten Louisa vorstellen.
Sie unterhielten sich eine Weile, wobei Edith nach mir fragte und Adela ausdrücklich nicht nach Simon fragte, dann trennten sie sich. Allerdings nicht, bevor Edith munter bemerkt hatte: »Meine liebe Schwiegermutter sieht gut aus.«
»Sehr gut, würde ich sagen«, sagte Adela.
Edith lachte. »Was für ein komischer Gedanke, dass man zu einer peinlichen Verwandten geworden ist! Nun ja. Sie kann mir nicht ganz aus dem Weg gehen. Sie wird sich an die Vorstellung gewöhnen müssen, dass ich immer noch in London lebe, ob ihr das gefällt oder nicht.«
»Ich glaube nicht, dass sie dir absichtlich aus dem Weg gegangen
ist. Sie hat dich nur nicht gesehen«, sagte Adela und fügte lahm hinzu: »Ich habe gar nicht daran gedacht, etwas zu erwähnen …«
»Nein«, sagte Edith. »Warum solltest du auch?«
Und so gingen sie auseinander, Adela und Louisa zu Fortnum’s und dann zurück in unsere Wohnung, um mir alles haarklein zu erzählen, Edith in die Ebury Street zu Simon, der tobte, weil ihm der Text der morgigen Szene zusammengestrichen worden war. Er hatte den zweiten Hauptdarsteller in Verdacht, gegen den er bereits eine ausgesprochene Abneigung entwickelte, und diese spezielle Ungerechtigkeit beschäftigte ihn so stark, dass er für Ediths Erzählung wenig Aufmerksamkeit aufbrachte. Wahrscheinlich erzählte sie ihm auch nicht viel, sondern nur, dass sie Googie, aber Googie nicht sie gesehen hatte. Nach kleineren Grausamkeiten wie dem Abend im Annabel’s war dies der Vorfall, der ihr das Ausmaß ihres Absturzes bisher am grellsten verdeutlichte, und sie konnte noch nicht darüber reden, ohne dass ihr leicht übel wurde.
Adelas Bericht machte mir hinreichend klar, dass Edith einiges auszustehen hatte, egal, wie glücklich sie mit Simon war, und ich beschloss, sie anzurufen und zu einem anständigen Lunch einzuladen. Doch bevor ich dazu kam, erhielt ich zu meiner Überraschung eine Einladung von Isabel Easton, die uns bat, ein Wochenende in Sussex zu verbringen. Der Umschlag war an Adela adressiert. Isabel hatte offensichtlich ihre Lektion gelernt: In der Oberschicht wird bei einem Schreiben, das an ein Paar gerichtet ist, der Umschlag immer nur an die Dame adressiert. Warum? Wer weiß? Jedenfalls las Adela die Nachricht zuerst, und sie war es auch, die vorschlug, die Einladung anzunehmen. Adela mochte Isabel nur mäßig gern und David überhaupt nicht, deshalb vermutete ich, dass sie irgendeinen Hintergedanken hatte.
Ich brauchte nicht lange zu warten, um hinter ihre tieferen Beweggründe zu kommen. »Wenn wir dort sind, könnten wir Charles anrufen«, sagte sie.
Ich war wohl nicht mehr bei den Eastons gewesen, seit wir vor drei
Jahren alle nach Broughton zitiert worden waren, um Ediths Triumph mitzuerleben. Ich hatte die Eastons in London gesehen, so dass die Unterbrechung nicht allzu stark auffiel, und rückblickend könnte ich gar nicht mehr sagen, warum ich meine gewohnheitsmäßigen Besuche dort eingestellt hatte. Vielleicht war eine gewisse Verlegenheit zwischen uns entstanden, weil ich mich über ihre Köpfe hinweg mit Edith angefreundet hatte, aber sicher bin ich nicht. Jedenfalls freute ich mich wirklich, als meine Frau und ich zwei Wochenenden später wieder in ihrem Wohnzimmer mit den
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