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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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eigentlich nichts zu sagen, außer dass ich mich sehr glücklich schätze.«
    »Hört, hört!« Der Tisch lebte in galantem Gemurmel auf. Ich beobachtete Edith, wie sie Charles in jungmädchenhafter Manier mit unverhohlener Anbetung ansah; ihr Gesicht erinnerte mich an Elizabeth Taylor in Kleines Mädchen, großes Herz . Und zwar an den Augenblick, als sie das Pferd geschenkt bekommt. Ich weiß nicht, ob sich Edith diese Blicke vor vier Jahren von der Braut ihres Exverehrers abgeguckt hatte, ob sie einfach den geeignetsten Gesichtsausdruck aufsetzte, um Kritik von vornherein zu ersticken, oder ob sie Charles wenigstens momentan wirklich anbetete. Wahrscheinlich spielte alles zusammen. Ich wandte den Kopf und sah, dass Lady Uckfield mich ihrerseits beobachtete, ein leises, sehr bewusst kontrolliertes Lächeln auf dem hübschen Katzengesicht. Ich erwiderte ihren Blick, und sie hob leicht die Augenbrauen, bevor sie aufstand und ihren Gästen damit erneut das Zeichen gab, sich zu erheben. Ich bin nicht
sicher, was Lady Uckfield mit ihrem spöttischen Blick ausdrücken wollte.
    Wahrscheinlich sprach Caroline für uns alle (ganz sicher jedoch für mich), als sie leise brummte: »Na, sie hat’s geschafft. Ich hoffe nur, sie weiß, worauf sie sich einlässt.«

5
    Ich war nicht häufig zu Gast bei Festivitäten, die als gesellschaftliches Großereignis gelten können. Jedenfalls nicht bei solchen, die im Brennpunkt des öffentlichen Interesses stehen. Doch Edith hatte inzwischen den Status einer Heldin der Boulevardpresse erlangt, und als sie ihren Fisch dann tatsächlich an Land zog, lechzten die Journalisten, die sie aufgebaut hatten, nur so danach, den Lohn ihrer Mühen zu ernten. Sie hatten aus Edith eine Story gemacht, und Edith hatte sie nicht enttäuscht. Als Folge gab es zur großen Erheiterung Lady Uckfields Angebote von Hello! und OK! zur exklusiven Berichterstattung, und auch wenn diese Angebote selbstredend auf Ablehnung stießen, blieb das Interesse groß. Ich glaube nicht, dass Mrs. Lavery anfangs begriff, warum dem Wunsch dieser Zeitschriften nicht entsprochen wurde. Auch habe ich den Verdacht, es hätte ihr ganz gut gefallen, Edith und Charles, umgeben von den edlen Sprösslingen seiner Verwandten, auf einer jener rot umrandeten Titelseiten zu sehen. Aber als sie Lady Uckfield dahingehend eine vage Andeutung machte, bekam sie einen gewaltigen Schuss vor den Bug. Denn ihre Gesprächspartnerin wandte sich zu Edith und sagte: »Deine Mutter besitzt einen ausgesprochen boshaften Humor. Einen Moment lang bin ich doch tatsächlich darauf hereingefallen.« Natürlich hatte Mrs. Lavery dann bei der Vorstellung, dass Lady Uckfield ihr fast geglaubt hätte, wie verrückt gelacht. Und ließ nie wieder ein Wort über die Sache verlauten. Jedenfalls war ich ebenso neugierig wie geschmeichelt, als ich gebeten wurde, eine kleine, ehrenvolle Rolle bei dem Ereignis zu übernehmen, das sich – jedenfalls nach dem Getöse der Zeitungen – zur Hochzeit des Jahres zu entwickeln schien: Ich sollte den Gästen in der Kirche ihre Plätze zuweisen.
    Die Einladung dazu erhielt ich von Charles, der in seiner sympathischen, runden Handschrift anfragte, ob ich ihm diesen Gefallen tun wolle. Für einen Schauspieler ist es immer schwer, sich im Voraus auf solche gesellschaftlichen Termine festzulegen – nicht zuletzt deshalb, weil am Theater das ungeschriebene Gesetz gilt, dass man anderen Dingen als seiner Arbeit nicht die geringste Bedeutung beizumessen hat, wenn man nicht als talentlos gelten will. Für die Hauptrolle in Ben Hur hätte ich die Sache wohl sausen lassen, aber ansonsten war ich fest entschlossen, meinen Part bei Ediths Apotheose zu erfüllen.
    Isabel rief mich am selben Vormittag an: »Ich höre, du machst den Platzanweiser«, sagte sie. »David nicht.« Ich antwortete, wie ich wohl oder übel musste, dass ich das doch etwas verletzend fand. »Nun, ich muss sagen, das finde ich auch. Er ist ziemlich eingeschnappt deswegen und geht mir sehr auf die Nerven, aber ich sehe nicht, was ich daran ändern könnte.« Ich erwiderte, sie könne überhaupt nichts daran ändern, und schließlich sei ich der Einzige von Ediths Freunden, den Charles schon einmal gesehen hatte, bevor er Edith kennen lernte. »Das weiß ich und habe es David auch gesagt, aber du weißt doch, wie er ist.«
    »Und was ist mit dir?«
    »Was soll mit mir sein?«
    »Spielst du auch eine Rolle bei der Sache? Ich dachte, Alice könnte vielleicht

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