Snobs: Roman (German Edition)
Allgemeinen an Hilfe erhoffen kann. Meine Mutter verfügte nur über dürftige Fremdsprachenkenntnisse und wollte um jeden Preis verhindern, dass ihre Kinder später einmal nicht so leiden müssten wie sie, die den Gattinnen französischer Diplomaten ihre Bereitschaft zur Völkerverständigung immer nur durch ein stummes, lächelndes Zunicken signalisieren konnte. Daher ruinierte sie uns Halbwüchsigen hin und wieder die Sommerferien und schickte uns zu Familien in den hintersten Winkeln Frankreichs, wo, wie ihre unerbittlichen Nachforschungen ergeben hatten, garantiert kein Englisch gesprochen wurde. Als Folge dieser grausamen Maßnahmen sprechen wir alle leidlich Französisch, was natürlich das Vergnügen eines Besuchs der wunderbaren Metropole erhöht.
Ich war noch nie im Ritz abgestiegen, hatte dort aber einmal an einem überaus feudalen Empfang teilgenommen, der Teil der Festivitäten war, mit denen eine Hochzeit zwischen zwei hochnoblen Familien aus dem Faubourg St. Germain gefeiert wurde. Das Ritz passt weniger in unsere hastige Zeit, sondern gehört noch jener vergangenen Ära der Grandhotels an, als verschleierte Schönheiten wartend herumstanden, bis ihre Zofen vor dem Aufbruch an die Riviera alle zwanzig Gepäckstücke kontrolliert hatten. Ein Palast in Rot, Weiß und Gold, luxuriös und doch hübsch – ganz anders als die modernen Entsprechungen an der Park Lane, die in ihrer Innendekoration an riesige Friseursalons des billigeren Typs erinnern. Ich freute mich sehr über den Aufenthalt hier, vor allem, da ich nichts bezahlen musste, und nicht einmal die verächtlichen Blicke des Hotelpersonals auf mein ramponiertes Gepäck konnten meine Begeisterung dämpfen.
Geschniegelt, im Smoking und mit der leicht verzweifelten Miene des Engländers auf Amüsiertrip versammelten wir uns an der Bar und begannen, dem Champagner zuzusprechen. Tommy Wainwright gesellte
sich zu mir und ich fragte ihn, ob er wüsste, was für den Abend geplant war.
Er zuckte mit den Achseln. »Wir werden wohl hier essen und dann in ein peinliches Etablissement am linken Ufer weiterziehen. Das ist doch das Übliche?«
»Vermutlich. Kennen Sie Charles schon lange?«
»Wir waren zusammen in Eton. Mit zwanzig bin ich dann eine Weile mit Caroline ausgegangen und so haben wir uns sozusagen wiedergetroffen. Und Sie?«
»Eigentlich kenne ich ihn kaum, deshalb fühle ich mich hier fast wie ein Hochstapler. Doch ich habe ihn mit Edith bekannt gemacht und bin wohl als ihr Vertreter dabei. Damit ich ein Auge darauf habe, dass ihn niemand von der Sache abzubringen versucht.«
Wainwright lächelte. »Dann sind Sie also ein Freund von Edith. Wie interessant. Wir sind uns kaum begegnet. Ich muss sagen, sie ist eine echte Schönheit. Aber das muss sie auch sein, um den Hauptgewinn abzuräumen.«
»Als die Verlobung bekannt gegeben wurde, fühlten sich wohl einige ziemlich auf den Schlips getreten.«
Er lachte. »Das kann man sagen. Ich glaube, die Leute waren deshalb so irritiert, weil keiner Edith kannte. Zumindest keiner der Leute, die ich kenne. Wie wenn ein Außenseiter das Derby gewinnt. Irgendwann klang der Tratsch, als wäre sie eine Kreuzung aus Eliza Doolittle und Rebecca.« Das konnte ich mir lebhaft vorstellen und sagte es auch. Wainwright lächelte. »Nach dem Wenigen, was ich von ihr gesehen habe, bin ich sicher, dass sie großen Erfolg haben wird.« Er nickte zum Bräutigam hinüber. »Er ist wirklich verknallt. Einfach herrlich. Es macht mir Freude, ihn so zu sehen.« Es war ein sehr warmer Abend und der Geschäftsführer hatte die Tische aus dem Speisesaal in den kleinen Hof hinaustragen lassen. Der weiche Sandstein, kunstvoll behauen, um vor dem kritischen Auge von César Ritz zu bestehen, und der bescheidene Brunnen, der im Dunkel kühl vor sich hinplätscherte, weckten angesichts der Verbindung von Luxus und Schönheit jene beglückende Zufriedenheit, der stets zu widerstehen
töricht wäre. Sie ist weiß Gott selten genug. Paare mit elegantem europäischem Flair saßen an den Nebentischen, die Frauen mit glitzerndem Schmuck behangen, eine hatte einen weißen Pudel dabei, der satt und träge kläffte. Ich genoss es, den Reichen bei ihren weniger anfechtbaren Vergnügungen zuzusehen. Leider ist jedoch nichts im Leben vollkommen. Mir wurde der Platz neben Eric Chase zugewiesen, der so viel wie möglich aus dem Arrangement herausschlagen wollte.
»Bringen Sie uns noch eine Flasche«, wies er den Ober schroff an, als er sich
Weitere Kostenlose Bücher