Snobs: Roman (German Edition)
setzten sich.
Das mondbeschienene Meer glitzerte hinter ihren Köpfen, als sie es sich plaudernd auf den Polstern der Korbsessel bequem machten, die Sektkelche in den Händen, die Frauen in Designerkleidern und mit blitzenden Diamantohrringen. Edith, mehr Zuschauerin als Teilnehmerin, schmiegte sich in die weichen Kissen und wärmte sich am Luxus des privilegierten Lebens. In all den Jahren ihrer Jugend hatte sie nicht nur das Schicksal eines Habenichts vermeiden, sondern auch entschieden zu den Besitzenden gehören wollen, und jetzt, nachdem sie schon der Möglichkeit des Scheiterns ins Auge geblickt hatte, war sie hier und lebte ihren Traum. Dieses Grüppchen aus Adligen und Millionären war ein Beispiel für ihr künftiges Umfeld, diese exotische Kulisse die erste von vielen. Wie ein Autofahrer, der hinter der Wüste die fernen Berge sieht und später plötzlich feststellt, dass er sich, ohne es richtig mitbekommen zu haben, bereits mittendrin befindet, sann Edith voller Staunen über die Entwicklung ihres Lebens nach, vom
respektablen gutbürgerlichen Dasein in Elm Park Gardens und der Milner Street bis zur aktuellen Szenerie, einer Mischung aus amerikanischer Seifenoper und einem Roman von Laclos.
Der erste Abend verlief recht unspektakulär. Edith kannte alle außer einer farblosen Blondine, die anscheinend mit Peter mitgekommen war, und Erics Freunden, den Watsons. Bob Watson war langweilig und recht gewöhnlich, doch seine Frau Annette, obschon ebenfalls nicht aus besseren Kreisen, war hübsch und lustig; Edith fand sie gleich sympathisch. Sie hatte Anfang der Achtziger, vor der Ehe, als Model und Schauspielerin gearbeitet und sprudelte über vor unzähligen urkomischen Anekdoten über diverse römische Monumentalschinken und spanische Western, in denen sie mitgespielt hatte. Sie plauderte das ganze Essen hindurch, das in dem loggiaartigen, auf den Innenhof hinausgehenden Speisezimmer serviert wurde, und rettete Edith vor dem Schlagabtausch der Namen, über den hinaus sie von den anderen nichts zu erwarten hätte.
Charles hielt sich mit einer Meinung über die Gäste eher zurück. »Nun, Annette hat zweifellos viel zu erzählen, das muss man ihr lassen«, war sein einziger Kommentar, als er das Licht ausmachte.
»Ich mag sie. Sie ist witzig.«
»Urteile nicht zu früh.« Edith fühlte sich auf unerklärliche Weise zurechtgewiesen, auch wenn Charles nicht in einem verärgerten Ton gesprochen hatte, und ließ sich mit beklommenen Vorahnungen aufs Kissen sinken wie ein Kind, das am nächsten Tag eine Tracht Prügel auf sich zukommen sieht. Der Strom ihrer Gedanken wurde vor dem Einschlafen nicht unterbrochen, da sie zum ersten Mal seit ihrer Hochzeit nicht miteinander schliefen.
Am nächsten Morgen wachte Edith spät auf und entdeckte, dass sie allein war. Mit einem herrlichen, fast greifbaren Gefühl des Wohlbehagens läutete sie, wie von Caroline aufgefordert, nach dem Frühstück und gab sich wieder ihren gewohnten Tagträumereien über das Leben hin, das vor ihr lag. Das Dienstmädchen kam mit dem Frühstückstablett und sagte ihr, dass die anderen bereits gegessen hätten und unten am Landesteg wären. Sobald Edith fertig war, schlüpfte
sie in einen Badeanzug, nahm ein Handtuch und stieg die steilen, gepflasterten Stufen hinunter, die in den Fels unter der Villa gehauen waren. Sie konnte die Chases, die Cumnors und Charles erkennen, vom Rest der Gesellschaft war nichts zu sehen. Auf dem Steg begrüßte sie alle mit einem Winken, breitete ihr Handtuch aus, legte sich in die südliche Sonne und überließ sich ihrer wolleweichen Wärme. Charles ließ sich schwungvoll neben ihr nieder, besprühte sie mit Wassertropfen und gab ihr einen salzigen Kuss. »Guten Morgen, Liebling.« Sie lächelte und küsste ihn wieder.
»Was machen wir heute? Liegen wir einfach hier und tanken Sonne?«
Caroline antwortete: »Wir dachten, wir könnten zum Lunch nach Cala Ratjada fahren, und dann haben uns die Franks zum Tee zu sich gebeten. Ihr seid alle mit eingeladen.«
»Wer sind die Franks?«, fragte Edith.
»Eine ziemlich ungewöhnliche Familie, steinreich und im Besitz einer Skulpturensammlung, die man sich offenbar nicht entgehen lassen darf.«
»Warum sind sie so reich und woher kennt ihr sie?«
»Punkt eins – wer weiß? Es hat etwas mit Franco zu tun, deshalb sollte man lieber nicht nachfragen. Punkt zwei: Wir kennen sie gar nicht, aber Mummy ist die Patentante eines ihrer Neffen in Rom und hat ihnen
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