Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
Vom Netzwerk:
Googie?«
    »Ausgezeichnet. Sie ist gerade mit Tigger in Schottland.« Kaum kamen ihr diese Worte über die Lippen, merkte Edith, dass sie diese lächerlichen Spitznamen zum ersten Mal laut ausgesprochen hatte. Vor der Hochzeit hatte sie für sich beschlossen, ihre Schwiegereltern
mit Harriet und John anzureden, doch schon brach sie ihren Vorsatz wieder, als sie das unausgesprochene Drängen nach Vertrautheit, nach Mitgliedschaft im Club spürte, das in Mrs. Frank Wellen schlug. Denn was Edith ihren Freunden auch erzählte, sie wollte als Schwiegertochter kein Fremdkörper sein. Sie wollte nicht, dass man Lady Uckfield bemitleidete, weil Charles keine bessere Wahl getroffen hatte. Vielmehr sollten die Leute ihrer Schwiegermutter zu Ediths Esprit gratulieren, zu ihrem guten Geschmack, ihrem Charme und ihren Talenten als Gastgeberin. Und so lernte Edith die erste Lektion, warum es in England keine Revolutionen gegeben hat, warum so viele Karrieren verwässert wurden wie die des ersten Labour-Premiers Ramsey MacDonald. Die Lektion nämlich, dass man mit unbequemen Außenseitern am besten fertig wird, wenn man sie ins innerste Heiligtum hereinlässt und zu Konvertiten macht, deren besonderer Eifer garantiert, dass sie in kürzester Zeit katholischer sind als der Papst. Diese Lektion verringerte Ediths Groll auf die Mächte nicht, die sie ihr erteilt hatten, doch sie erlebte einen weiteren Schwindel erregenden Moment der Erkenntnis, dass sie jetzt zur Gang dazugehörte. Das gab ihr ein Gefühl der Macht. Sie drehte sich um und lächelte Charles zu.
    Auf dem Programm stand eine Besichtigung der Skulpturen, zu der die Gruppe nun aufbrach. An der Haustür stieß eine junge, ziemlich drahtige Frau zu ihnen, eine Kleinausgabe von Mrs. Frank. Sie hatte offenbar gerade Tennis gespielt und trug einen etwas zu großen Schläger vor sich her, den sie halb als Schutzschild, halb als Fächer benutzte, um ihr Gesicht zu verdecken. Ihre Gastgeberin stellte sie ihnen als ihre Nichte Tina vor. Im Gegensatz zur Tante war die Nichte quälend schüchtern. Sie schloss sich der Gruppe an, wie man es ihr offensichtlich befohlen hatte, blieb aber stumm und gab nur klägliche, hingehauchte Antworten von sich, wenn sie direkt angesprochen wurde.
    Sie kamen an einem Pool vorbei, der in einen kleinen Felsen über dem Meer gehauen worden war, und Edith hörte Annette nach den Terracottavasen rings um den Rand des Pools fragen, die ständig dampfendes Wasser nachfüllten.
    »Das sind römische Vasen«, sagte Tina fast unhörbar. »Mein Onkel hat sie von einem Wrack hier in der Nähe hochholen lassen.«
    »Und dann haben die Klempner sie angeschlossen?«
    »Was meinen Sie mit den ›Klempnern‹, bitte?«
    Charles schnitt Annette ziemlich gereizt das Wort ab. »Sie meint, dass die Vasen jetzt zur Speisung des Pools benutzt werden.«
    »Ja. Mit Meerwasser.«
    »Meerwasser? Erwärmtem Meerwasser?«
    Tina nickte. »Das ist viel gesünder, nicht? Wir haben noch einen anderen Pool mit normalem Wasser, aber der hier ist schon gut, nicht?«
    Annette schwieg eine Weile. Sie begann sich der Meinung der anderen anzuschließen, dass sie hier fehl am Platz war. Die Gruppe hatte auf einer Terrasse Halt gemacht, auf die Kaskaden von Bougainvilleen herabwucherten; hier stand auf einem Marmorsockel ein großer männlicher Torso von Rodin. Alle murmelten und bewunderten. Mrs. Frank wandte sich an Caroline und begann sich nach verschiedenen gemeinsamen Freunden zu erkundigen. Sie schien beleidigt, dass sie nicht zu Charles’ Hochzeit eingeladen worden war, da viele ihrer Fragen mit den Worten endeten, dass »sie auf dem Empfang gewesen sein mussten«, was Caroline immer wieder zu bejahen gezwungen war. Die Namen plätscherten hervor, während sie unter dem tiefblauen mediterranen Himmel von einer Terrasse zur nächsten stiegen. Hatte sie die Esterházys gesehen? Die Polignacs? Die Devonshires? Die Metternichs? Die Frescobaldis? Namen aus Geschichtsbüchern, Namen, die Edith von Schularbeiten über Philipp II. von Spanien, das Risorgimento, die Französische Revolution, den Wiener Kongress kannte. Doch hier hatten sie jede geschichtliche Bedeutung verloren, hatten sich in Spielkarten verwandelt, Hofkarten, hoch bewertete Hofkarten im Schlagabtausch der Namen. Mrs. Frank spielte hohe Trümpfe aus, und Edith bemerkte amüsiert, dass Jane Cumnor und Eric bei Tina zurückgeblieben waren, um dem Gefühl der Ausgrenzung zu entgehen, ein Gefühl, das sie selbst anderen so

Weitere Kostenlose Bücher