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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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Zimmer gekündigt und gesagt, wir kämen so schnell wie möglich, um zu packen und zu zahlen. Die machen mit den Filmleuten so viel Kohle, dass sie kaum gemeckert haben.« Er strahlte. »Edith und Charles
haben uns für heute Abend noch einmal zum Essen eingeladen, also brauchen wir uns nicht ums Einkaufen zu kümmern.«
    »Wie überaus großzügig von Edith und Charles.« Bella ließ sich die ungewohnten Namen genüsslich auf der Zunge zergehen und lächelte mir verschwörerisch zu. Ich sah schon, dass Simon bei ihr noch für viel Erheiterung sorgen würde.
     
    Es war natürlich eher mühsam, gleich nach dem ersten Abend einen weiteren in Broughton Hall zu verbringen und noch mehr höfliche Konversation mit »Tigger« und »Googie« zu machen. Bella und ich gestanden uns später, dass wir beide insgeheim daran gedacht hatten, uns zu drücken. Simon wurde offenbar nicht von einer solchen Unlust geplagt. Doch letzten Endes kamen wir unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass ein Nichterscheinen reichlich ungehobelt von uns wäre, nachdem uns die Broughtons einen solchen Gefallen getan und damit unsere Lage immens verbessert hatten. Und so parkten wir kurz nach acht wieder auf dem Kies und begaben uns zum Haupteingang.
    Simon war wie ausgewechselt. Seine Prahlereien am Abend zuvor, die ihm selbst natürlich unbewusst geblieben waren, hatten sogar dem ungeschärften Blick seine gesellschaftliche Unsicherheit verraten. Er hatte Namen erwähnt, die nichts Glanzvolles hatten, und von gesellschaftlichen Ereignissen geredet, die entweder belanglos oder ihm sichtlich unvertraut waren. Man musste sich richtig zusammennehmen, um ihn wegen seiner Unbeholfenheit nicht zu bemitleiden, trotz seines Erfolgs bei seiner Gastgeberin. Wie viele Schauspieler und übrigens auch Normalsterbliche wollte er seine Zugehörigkeit zu einer Welt demonstrieren, die er seit langem als die seine ansah, in die er aber selten, wenn überhaupt, vordrang. Heute Abend dagegen war er frei von alledem. Er strahlte die Begeisterung des unsicheren Egozentrikers aus, der feststellt, dass seine Zweifel unbegründet waren, dass er tatsächlich gemocht wird. Auf dem Weg zum Familiensalon war es schwer, Bellas grinsendem Blick auszuweichen, als Simon seine Hand übers schimmernde Treppengeländer gleiten ließ und liebenswürdig mit dem Butler plauderte, ganz der Freund der Familie. Oben mussten
wir miterleben, wie er Lord und vor allem Lady Uckfield begrüßte wie alte Kumpel.
    Eine der Grundwahrheiten des Lebens ist, dass einem die Welt im Allgemeinen so viel Achtung entgegenbringt, wie man sie für sich selbst übrig hat. Die unerfahrene Gastgeberin zittert über ihrer Gästeliste und überlegt ewig hin und her, ob sie es wagen soll, eine hochgestellte Persönlichkeit oder eine Berühmtheit einzuladen, die sie kaum kennt. In späteren Jahren wird sie entdecken, dass solche Personen in der Regel niemandem das Recht abstreiten, ihnen eine Einladung zu schicken. Wenn sie hingehen wollen, sagen sie zu, wenn nicht, dann eben nicht. Es wäre Lord Uckfield niemals in den Sinn gekommen, lange darüber nachzugrübeln, ob Simon Russell ihm gesellschaftlich ebenbürtig war oder nicht. Russell schien sich als ebenbürtig zu betrachten, und dies, in Verbindung mit der Tatsache, dass seine Rolle in Lord Uckfields Leben lediglich darin bestand, das Dinner mit ihm einzunehmen und ihm lustige Geschichten zu erzählen, rechtfertigte Russells leutselig lässige Manieren in den Augen des Peers voll und ganz. Viele gesellschaftliche Karrieren beruhen auf dem gleichen Prinzip, vor allem in London. Simon unterschied sich nicht von den Kunsthändlern und Opernliebhabern, die heute in aristokratischen Zirkeln auftauchen; immer wieder sieht man sie in Zeitschriften zwischen Medienberühmtheiten und den Gattinnen vermögender Erben hervorlächeln. Natürlich wissen Leute wie Simon meist nicht, dass ihre ranghohen Gastgeber sie über die oberflächliche Akzeptanz hinaus, die ihnen ihr Charme und ihre gewinnende Art einbringen, nicht ernsthaft zu ihrer Welt zählen. Es ist ein trauriger Anblick, wenn der Günstling einer großen Familie nach Jahren Dienst im Salon bei einem öffentlichen Ereignis erscheint – einer Hochzeit oder, schlimmer noch, einem Gedenkgottesdienst – und sich dann in der hintersten Bank zwischen dem Parlamentsabgeordneten des Wahlkreises und der Zentralheizung wiederfindet, während entfernt bekannte und ungeliebte Größen nach vorn geführt werden. So ist

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