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Snow Crash

Titel: Snow Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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Menschen aus. Und die Daemonen größtenteils auch.
    Â»Daemon« entstammt dem alten Sprachgebrauch des UNIX Operating Systems, wo es eine Utility-Software auf unterster Stufe bedeutete, den grundlegenden Teil des Betriebssystems. In The Black Sun ist ein Daemon wie ein Avatar, aber er repräsentiert keinen Menschen. Es ist ein Roboter, der im Metaversum lebt. Ein Stück Software, eine Art Geist in der Maschine, normalerweise mit einer bestimmten Rolle, die er ausführen muß. The Black Sun besitzt eine ganze Reihe Daemonen, die den Gästen imaginäre Drinks servieren und kleinere Botengänge für die Leute erledigen.
    Es hat sogar Rausschmeißerdaemonen, die unliebsame Gäste loswerden – sie packen deren Avatars und werfen sie zur Tür hinaus, wobei sie sich bestimmte Grundprinzipien der Avatarphysik zunutze machen. Da5id hat die Physik in The Black Sun übertrieben, damit eine Art Zeichentrickeffekt entsteht und man gewisse besonders anstößige Leute mit riesigen Keulen auf die Köpfe schlagen oder unter herabstürzenden Tresoren zerquetschen kann, bevor sie hinausgeworfen werden. Das passiert mit Leuten, die stören, die eine Berühmtheit belästigen oder auf Band aufzeichnen, und mit allen, die einen ansteckenden Eindruck machen. Das heißt, wenn man einen PC hat, der von Viren befallen ist, und versucht, diese über The Black Sun weiterzugeben, dann sollte man besser die Decke im Auge behalten.
    Hiro murmelt das Wort »Bigboard«. Das ist der Name eines Stücks Software, das er geschrieben hat, eines Power Tools für einen CIC-Stringer. Es klinkt sich ins Betriebssystem von The Black Sun ein, durchsucht es nach Informationen und hält ihm schließlich ein quadratisches Datenblatt vors Gesicht, auf dem
verzeichnet steht, wer hier ist und mit wem sie sich unterhalten. Alles nichtgenehmigte Daten, die Hiro gar nicht haben dürfte. Aber Hiro ist nicht irgendein Bimboschauspieler, der fürs Network kommt. Er ist ein Hacker. Wenn er Informationen haben will, dann stiehlt er sie einfach den Eingeweiden des Systems – Tratsch ex Machina.
    Bigboard zeigt ihm, daß sich Da5id an seinem üblichen Platz befindet, einem Tisch im Hackerquadranten in der Nähe der Bar. Im Filmquadranten trifft man die übliche Mischung von Alleinherrschern und Möchtegerns an. Der Rockstarquadrant ist heute abend überfüllt; Hiro kann sehen, daß ein japanischer Rapstar namens Sushi K auf einen Besuch vorbeigekommen ist. Und eine Menge Typen der Schallplattenbranche hängen im Japanerquadranten herum – der aussieht wie die anderen Quadranten auch, nur ruhiger, die Tische sind dichter am Boden, und er wimmelt von katzbuckelnden, emsigen Geishadaemonen. Viele der Besucher dort gehören wahrscheinlich zu Sushi Ks Gefolgschaft von Managern, Promotern und Anwälten.
    Hiro durchquert den Hackerquadranten und will zum Tisch von Da5id. Er kennt viele Anwesende, ist aber wie immer betroffen darüber, wie viele er nicht kennt – diese scharfgeschnittenen, aufmerksamen, zwanzigjährigen Gesichter. In der Softwareentwicklung fühlt man sich – wie beim Sport – mit dreißig wie ein alter Mann.
    Als er den Mittelgang entlang zu Da5ids Tisch sieht, stellt er fest, daß sich Da5id mit einer Schwarzweißperson unterhält. Trotz fehlender Farbe und beschissener Auflösung erkennt Hiro sie daran, wie sie beim Sprechen die Arme verschränkt, wie sie das Haar zurückwirft, wenn sie Da5id zuhört. Hiros Avatar bleibt abrupt stehen und starrt sie an, und sein Gesicht nimmt denselben Ausdruck an, mit dem er diese Frau schon vor Jahren angestarrt hat. In der Wirklichkeit streckt er eine Hand aus, nimmt sein Bier, trinkt einen Schluck aus der Flasche und rollt ihn im Mund herum, eine sanfte Brandung in einem winzigen Raum.

    Ihr Name ist Juanita Marquez. Hiro kennt sie seit ihrer Zeit als Studienanfänger in Berkeley, wo sie in einem Einführungsseminar in die Physik im selben Laborabschnitt tätig waren. Als er sie zum erstenmal sah, machte er sich ein Bild von ihr, an dem sich viele Jahre nichts änderte: Sie war ein mürrischer, verschlossener, schlaksiger Typ und kleidete sich, als wollte sie sich für eine Stelle als Buchhalterin in einem Bestattungsinstitut bewerben. Gleichzeitig besaß sie eine Zunge wie ein Flammenwerfer, die sie in den seltsamsten Augenblicken gegen jemanden richtete, normalerweise als

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