So bitterkalt
drauÃen den Flur und gingen wieder. Sie sahen immer noch verbissen aus, und Jan begriff, dass William nicht gefunden worden war.
Er trank seine Tasse aus und sah wieder aus dem Fenster. Der Wald über der Tagesstätte hatte sich verfinstert.
Brich es ab, sagte eine Stimme in seinem Kopf. Tu das Richtige, und brich dieses Ritual hier ab. Lass ihn raus.
Jan erhob sich.
»Ich muss los.«
»Gehst du nach Hause?«, fragte Nina.
»Ich weià nicht. Vielleicht gehe ich noch mal in den Wald rauf.«
Er sah Nina hilflos an, doch sie wich seinem Blick aus und schaute nur traurig zum Fenster hinaus und sagte leise: »Sie glauben nicht, dass er da ist.«
»Okay. Aber ich drehe vielleicht trotzdem eine Runde dort oben, ehe ich nach Hause gehe«, erklärte Jan. »Ich muss irgendetwas tun.«
Die Kolleginnen vom »Luchs« sahen ihn tröstend an, doch er erwiderte ihr Lächeln nicht.
39
Aus der Entfernung sieht die »Lichtung« so zerbrechlich aus. Es ist nur eine Holzbaracke, denkt Jan, für einige wenige Jahre für einen Test gebaut, um dann wieder abgerissen zu werden. Jetzt kommt der Winter, und ein einziger starker Sturm, der vom Meer hereinzieht, würde das Dach von der Vorschule heben, die Wände umwerfen und die Zimmer sauber fegen können.
Mit Sankt Psycho verhält es sich ganz anders. Der graue Steinkoloss steht seit mehr als hundert Jahren und wird sicherlich noch weitere hundert bestehen.
Es ist Samstag, und Jan hat Nachtdienst in der Vorschule. Er erwartet, fröhliche Kinderstimmen zu hören, als er die Tür aufmacht, doch es ist still. Nur ein schwaches Klirren klingt aus der Küche, und als Jan seine Jacke aufhängt, sieht Hanna zu ihm heraus. Sie hat ein Messer in der Hand, doch es ist nur ein gewöhnliches Schneidemesser. Sie räumt gerade die Spülmaschine aus.
»Hallo«, sagt sie.
»Hallo«, erwidert Jan. »Sollte heute nicht Lilian arbeiten?«
»Sie ist krank.«
Jan sieht sich um. »Und wo sind die Kinder?«
»Sie sind bei Miras neuer Pflegefamilie«, erklärt Hanna.
»Aha. Wann kommen sie zurück?«
»Jede Minute.«
Obwohl sonst niemand da ist, wirft Hanna rasch einen Blick über die Schulter und macht dann einen Schritt auf Jan zu.
»All das, worüber wir gesprochen haben, Hanna«, sagt er leise, »all die Geheimnisse, die erzählen wir doch nicht weiter, oder?«
Er kommt sich dabei ziemlich blöd vor, doch Hanna schüttelt nur den Kopf.
»Geheimnisse schweiÃen uns zusammen.«
»So ist es.« Jan nickt. »Wir haben einen Pakt.«
Mehr kann er nicht sagen, denn in diesem Moment wird die Eingangstür aufgestoÃen, und zwei kleine Persönchen in wasserfesten Overalls stürzen herein. Es sind Mira und Leo.
Mira grüÃt fröhlich, als sie ihre Erzieher erblickt, und Hanna und Jan treten automatisch einen Schritt auseinander. Vor den Kindern die Fassade aufrechterhalten.
Die Fünfjährigen werden von einem Mann mittleren Alters mit blauer Schirmmütze, hellbrauner Jacke und schweren Arbeitsschuhen begleitet. Er strahlt Ruhe und Sicherheit aus, lächelt und schüttelt erst Jan die Hand, dann Hanna und stellt sich als »Miras Zusatzpapa« vor. Beide erwidern das Lächeln des neuen Pflegevaters.
»Es ist heute alles sehr gut gegangen«, sagt er. »Das sind herrliche Kinder. Es wird alles wunderbar werden.«
»Ganz sicher«, erwidert Jan.
Jetzt, da die Kinder zurück sind, kann er nicht mehr mit Hanna sprechen. Ihr Dienst endet um halb sieben, und sie geht nach langen Umarmungen mit Mira und Leo und einem kurzen Nicken in Jans Richtung pünktlich nach Hause.
Als er mit den Kindern allein ist, bereitet er ein AbendÂessen zu und setzt sich mit ihnen an den Tisch.
»Hattet ihr einen schönen Tag?«
Mira nickt. »Ich werde auf einem Bauernhof wohnen. Die haben Pferde!«, erzählt sie.
»Das ist ja toll«, sagt Jan. »Durftest du sie streicheln?«
Mira nickt wieder. Sie ist voller froher Erwartung, auf einem Bauernhof zu wohnen. Jan sieht ihre Begeisterung und freut sich mit ihr.
Dann schaut er Leo an. Jan weiÃ, dass auch er auf einem Hof auÃerhalb der Stadt wohnen wird, doch in seinem Blick ist gar keine Vorfreude zu erkennen.
»Seid ihr satt?«, fragt er.
»Vielleicht. Gibt es noch SüÃigkeiten?«, fragt Mira.
Die Kinder essen ein paar SüÃigkeiten, lesen
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