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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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zwei Bilderbücher und lassen sich nach den üblichen Protesten um Viertel nach acht ins Bett bringen.
    Jan setzt sich in die Küche und wartet. Der Kellergang, der zu Sankt Psycho führt, lockt, aber er hat heute Abend nicht vor hinzugehen. Morgen, am Sonntagabend, wenn die Wäscherei leer ist und die Sicherheitsvorkehrungen weniger streng, dann wird er hinübergehen. Heute Abend wird er nur kurz in den Besuchsraum hochfahren. Dieses Risiko muss er eingehen.
    Um halb elf nimmt er den Fahrstuhl nach oben. Er öffnet die Tür vorsichtig, doch im Raum ist es dunkel, und er ist leer.
    Hier ist alles unverändert, und als Jan schnell zu dem Sofa hingeht und das Sitzkissen hebt, findet er einen neuen Umschlag. Diesmal ist er hellblau und nicht so dick.
    Als Jan ihn unten in der Küche öffnet, fallen achtzehn Briefe heraus, doch ihn interessiert nur einer davon. Er ist an ihn adressiert, an Jan, und er reißt den Umschlag sogleich auf, als wäre es ein Weihnachtsgeschenk.
    Darin liegt ein kleines Blatt Papier, darauf nur eine kurze, in schmalen und dünnen Buchstaben geschriebene Mitteilung. Doch Jan liest sie wieder und wieder:
    Jan, das Eichhörnchen erinnert sich an dich wie an einen Traum
    oder wie an ein Gedicht oder eine leuchtende Wolke am Himmel.
    Ich erinnere mich an dich, an dich, an dich.
    Ich warte immer noch darauf, aus dem Zoo herauszukommen.
    Aber du kannst mich darin sehen,
    mein Nest ist ausgezeichnet.
    Komm in den Wald und sieh nach.
    Eine Antwort. Dies ist eine Antwort von Rami. Es muss so sein. Jan lässt das Papier sinken, seine Hände zittern. Er sieht zum Fenster. Dahinter leuchten die Lichter des Krankenhauses, aber er bezwingt den Drang, sofort in die Nacht hinauszulaufen und nach Ramis Zimmer zu suchen.

40
    Â»Keith Moon meets Topper Headon!«, ruft Rettig. »Genau so klingt es, wenn du Schlagzeug spielst, Jan!«
    Jan nickt und schlägt einen letzten Trommelwirbel. Er sitzt seit fast einer Stunde hinter dem Schlagzeug, und die Musik hat ihm geholfen, den Brief aus dem Krankenhaus zu vergessen.
    Und jetzt hat Rettig ihn auch noch geradezu gelobt. Das ist nett, weshalb Jan noch zögert, ihm die schlechten Nachrichten von der »Lichtung« zu überbringen.
    Aber schließlich fasst er sich doch ein Herz. Als nur noch er und Rettig im Probenraum sind, sagt er wie beiläufig: »Die Vorschule wird in Zukunft nachts geschlossen sein.«
    Rettig packt weiter die Instrumente ein.
    Â»Ab wann?«, brummt er nur.
    Â»Schon ab nächster Woche. Die Kinder haben jetzt alle Pflegefamilien.«
    Â»Okay, dann weiß ich Bescheid.«
    Â»Aber du begreifst doch, was das bedeutet?«, fragt Jan eindringlich.
    Â»Wieso?«
    Â»Es wird keiner vom Personal nachts dort sein. Scheint so, als müssten wir die Kurierdienste einstellen.«
    Aber Rettig schüttelt den Kopf.
    Â»Denk doch mal nach, Jan.«
    Â»Was meinst du?«
    Â»Wenn nachts etwas geschlossen ist – was bedeutet das?«
    Jan erhebt sich vom Hocker und legt die Schlägel weg. Er hat über eine Stunde lang so kräftig damit getrommelt, dass er nun Blasen an den Fingern hat.
    Â»Das heißt, dass niemand hineinkommt«, sagt er. »Wenn etwas geschlossen ist, sind die Türen zu.«
    Â»Klarer Fall«, bestätigt Rettig, »aber du wirst die Schlüssel zur ›Lichtung‹ doch wohl behalten, oder?«
    Â»Klar.«
    Â»Und die Hauptsache ist doch, dass die Vorschule leer ist. Dass nachts niemand da ist, oder?«
    Â»Wohl schon«, meint Jan.
    Â»Und wenn jemand den Schlüssel zu einem Ort hat, der geschlossen ist, dann kann er einfach hineingehen«, fährt Rettig fort, »und schon kann er tun und lassen, was er will.«
    Â»Aber nur«, wirft Jan ein, »wenn es kein Sicherheitssystem und keine Überwachung gibt.«
    Â»Nachts bin ich der Überwacher.« Rettig klappt seinen Gitarrenkasten zu und fügt dann hinzu: »Aber wenn du meinst, können wir mit den Briefen eine Pause machen. In ein paar Wochen werden wir in Sankt Patricia eine große Brandschutzübung haben, und vorher ist dort oben immer ziemlich viel los.«
    Jan nickt schweigend. Er denkt an all das, was er in den letzten Wochen erlebt hat. An die seltsamen Geräusche in den Kellergängen.
    Â»Der Keller des Krankenhauses«, beginnt er, »ist der nachts eigentlich ganz leer?«
    Â»Warum?«
    Jan zögert.
    Â»Als wir damals durch das

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