Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
Vom Netzwerk:
Krankenhaus gegangen sind, hat Doktor Högsmed von den Kellergängen gesprochen«, sagt er nur. »Er meinte, dort wäre es nicht schön.«
    Â»Högsmed ist Chef, der hat null Ahnung«, erwidert Rettig. »Der ist noch kaum fünf Meter weit in den Keller gegangen.«
    Â»Läuft denn jemand anderes im Keller herum?«, fragt Jan.
    Rettig nickt.
    Â»Mehr oder weniger«, erklärt er. »Der Keller ist das Spielzimmer der Klinik. Die Patienten aus den offenen Abteilungen dürfen sich allein da unten aufhalten. Die haben dort ein Schwimmbecken und eine kleine Kapelle und eine Kegelbahn, solchen Kram.«
    Jan sieht ihn verblüfft an. »Aus den offenen Abteilungen ... Sind diese Patienten ungefährlich?«
    Â»Meistens schon«, sagt Rettig. »Aber manchmal haben sie ihre Ideen, dann muss man sich vorsehen.«
    Jan nickt. Er weiß, dass er sich immer vorsehen muss. Aber er hat das Gefühl, Rami nun ganz nah zu sein, und er möchte Rettig eine letzte Frage stellen: »Wenn du mich nachts da antreffen würdest, würdest du dann Alarm schlagen?«
    Rettig scheint nicht gerade erfreut über die Frage.
    Â»Du kommst da niemals rein, Jan«, entgegnet er. »Und was hast du schon im Patricia zu suchen? Willst du wissen, wie eine Psychiatrie von innen aussieht?«
    Â»Nein«, erwidert Jan schnell. »Ich frage mich nur, ob du mich verpfeifen würdest, wenn ich doch irgendwie da reinkommen würde.«
    Â»Wir sind Kumpel.« Rettig schüttelt den Kopf. »Man verpfeift seine Kumpel nicht. Das heißt, ich würde nichts unternehmen.« Er sieht Jan an. »Aber wenn ein anderer dich finden würde, dann würde ich dir nicht helfen können. Dann würde ich die ganze Sache abstreiten, genau wie die das in den amerikanischen Fernsehserien machen.«
    Mehr kann Jan nicht erwarten.
    Â»Okay. Dann muss ich improvisieren.«
    Â»Da oben wird nachts überhaupt nur improvisiert«, erklärt Rettig.
    Â»Was heißt das?«
    Der Wärter zuckt mit den Achseln. »Die Tage sind im Patricia sehr strukturiert, da gibt es viele Routinen. Aber nachts geht es nicht so friedlich zu. Da kann alles Mög­liche passieren.« Er lächelt Jan an und fügt hinzu: »Besonders bei Vollmond.«
    Jan fragt nicht weiter, sondern zieht die Hülle über das Schlagzeug. Was auch immer Rettig vorhin gesagt hat, er hat nicht sonderlich gut gespielt heute Abend. Er ist einfach kein Gruppenmensch.
    In dieser Nacht träumt Jan wieder von Alice Rami, diesmal ist es ein schlimmer Traum. Er geht neben ihr auf der Landstraße, und das sollte sich eigentlich gut anfühlen, aber als er neben sich hinunterblickt, ist da kein gewöhnlicher Hund, der zwischen ihnen läuft und hechelt. Es ist überhaupt kein Hund.
    Sondern ein knurrendes, wildes Tier, eine gelbbraune Mischung aus Luchs und Drache.
    Â»Komm, Rössel!«, ruft Rami und geht schneller.
    Das wilde Tier grinst Jan höhnisch an und stürzt hinter ihr her.
    Jan bleibt allein im Dunkeln zurück.

Luchs
    Jan sah ein, dass der Wahnsinn ein Ende haben musste.
    Beim Verlassen der Tagesstätte hatte er sich definitiv entschieden: Er würde William befreien. Und zwar jetzt . Aus den geplanten sechsundvierzig Stunden im Bunker würden nur vierundzwanzig werden.
    Er bog vom Bürgersteig ab und ging mit großen, schnellen Schritten in den Wald hinauf.
    In den vergangenen zwei Tagen war der Waldweg von Hunderten von Stiefeln ausgetrampelt worden, er war breit und leicht begehbar geworden. Jan konnte schnell laufen, und als er in den Wald hinaufkam, sah er, wie das Unterholz heruntergetreten war. Es war erst Viertel nach drei und noch nicht dunkel.
    Aber er konnte keine Menschenseele sehen und hörte auch keinen Hubschrauber.
    Er ging weiter, in die Schlucht, schnell durch das alte Tor und verlangsamte seine Schritte erst, als er den Hügel mit dem Bunker erreicht hatte. Hier musste er vorsichtig sein.
    Die kleine Stahltür war immer noch gut verborgen, und als Jan die Äste wegzog, sah er, dass sie nach wie vor verschlossen war.
    Er atmete aus. Jetzt war es wieder Zeit für ein Rollenspiel. Er würde den unschuldigen Erzieher spielen, der in den Wald geht und dem das gelingt, was niemand mehr zu hoffen gewagt hat, nämlich das verschwundene Kind zu finden. Rein zufällig.
    Â»Hallo?«, rief er laut und deutlich gegen den Stahl. »Ist da jemand?«
    Er

Weitere Kostenlose Bücher