So bitterkalt
für den Winter ein bisschen Holz zu hacken, nicht wahr?«
Weiter kommt er nicht, denn plötzlich sind hinter Jan eilige Kinderschritte zu hören.
»Papa! Ich bin fertig mit den Katzen, Papa!«
Jan wendet den Kopf und sieht den kleinen Jungen, Torgnys Sohn, wie er mit einem Malbuch in der Hand angelaufen kommt.
»Gut, Filip«, sagt Torgny. »Papa kommt gleich!«
Er nickt Jan wieder zu und stellt die übliche Verkäuferfrage: »Sonst noch einen Wunsch?«
»Ja.« Jan legt die Hand auf die Axt. »Erinnerst du dich nicht an mich?«
Torgny sieht verunsichert aus.
»Ich weià nicht recht ...«, beginnt er, aber Jan unterbricht ihn.
»Jan Hauger.«
Torgny schüttelt den Kopf.
»Das macht dann dreihundertneunundneunzig Kronen«, sagt er nur.
Er hat eine Plastiktüte für die Axt herausgeholt, aber Jan hält das Werkzeug auf dem Tresen fest.
»Ich wollte lieber sterben, als euch noch einmal zu begegnen.«
Bei diesen Worten fällt Torgny eine Maske vom Gesicht. Es ist die Maske des Ladenbesitzers, die verschwindet. Dahinter ist hauptsächlich Verwirrung zu sehen. Jan will den fünfzehnjährigen Torgny herauslocken, den Mobber, den es doch da noch geben muss.
Er hält die Hand fest auf der Axt und redet weiter, als würde er mit einem Kind sprechen: »Du und deine Gang, ihr habt mich mit Zigaretten verbrannt.«
Torgny hört zu, erwidert aber nichts.
»Dann habt ihr mich in die Schulsauna eingesperrt und die Temperatur hochgedreht.«
Der Ladenbesitzer öffnet langsam den Mund. »Das soll ich gemacht haben?«, fragt er.
»Du mit drei anderen.«
»Und warum?«
Jan antwortet nicht. Die Trommeln dröhnen.
»Ich weiÃ, dass du dich an mich erinnerst«, sagt er nur. »Du warst es, auÃerdem Peter Malm, Niklas Svensson und Christer Vilhelmsson.«
Er sieht Torgny nicken und ergänzt: »Deine Freunde, die im Wald ums Leben gekommen sind.«
»Ich erinnere mich«, sagt Torgny. »Ich weiÃ, was passiert ist.«
Jan schielt zur Seite. Er ahnt, dass Der Scheue irgendwo hinter ihm steht.
»Christer hat Niklas und Peter erstochen«, fährt Torgny leise fort. »In ihrem Zelt.«
Jan sieht ihn erstaunt an.
Torgny hebt die Stimme ein wenig und redet schneller: »Sie waren in der letzten Schulwoche drauÃen zum Zelten. Ich war nicht dabei, deshalb weià ich nicht alles, aber es gab irgendeinen Streit. Peter hat ihn begonnen, er musste die Leute ja immer herausfordern, musste sie brechen. Christer konnte damit nicht umgehen. Irgendwann ist er ausgerastet, und er hatte ein Messer dabei. Also hat er Niklas und Peter im Schlaf erstochen, ist durch den Wald geflohen und vor ein Auto gerannt.«
Jan schüttelt den Kopf. »Das war nicht Christer Vilhelmsson, der das getan hat. Das war ...«
»Natürlich war es Christer«, beharrt Torgny. »Er war zwar in unserer Gang, aber er war immer derjenige, auf dem alle herumhackten. Er war ganz unten.«
»Ich war ganz unten«, sagt Jan.
»Nein.« Torgny schüttelt den Kopf. »Du warst gar nichts für uns, du bist uns nur zufällig über den Weg gelaufen.«
Jan will noch etwas sagen, sieht sich aber plötzlich um. Der Scheue ist weg.
Auch Torgnys Blick schweift suchend durch den Laden.
»Filip?«, fragt er. »Wo ist Filip?«
Jan lässt die Axt los und geht ein paar Schritte rückwärts vom Tresen weg. Er stöÃt gegen einen anderen Kunden, aber er bleibt nicht stehen. Er flieht.
Hinaus in die Herbstkälte. Jetzt sind mehr Menschen auf den StraÃen, fremde Gesichter.
Jan erblickt seinen Volvo, als der gerade aus der ParkÂlücke fährt. Hinter dem Lenkrad sitzt Der Scheue, und neben ihm ragt ein Kopf über das Armaturenbrett. Der Kopf eines fünfjährigen Jungen.
Jan rennt schneller. Er läuft über den Asphalt und ruft und winkt, aber Der Scheue sieht nicht einmal in seine Richtung. Das Auto biegt einfach auf die StraÃe, fädelt sich in den Verkehr ein und fährt davon.
»Rössel!«
Der Junge auf dem Beifahrersitz scheint Jans Rufe zu hören, er dreht den Kopf und sieht zurück, aber das Auto hält nicht an.
Jan weiÃ, wohin Der Scheue unterwegs ist: zum Bunker am Vogelsee. Er wird den Jungen zu dem Raum mit den Betonwänden bringen und ihn dort einsperren. Aber nicht für zwei Tage, sondern viel länger. Wochen, Monate,
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