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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Einsamkeit und Sehnsucht vor, doch auch er applaudiert höflich. Er hebt sein Glas. Heute Abend trinkt er ein normales Bier, und der Alkohol ist ihm bereits wie eine Rakete auf direktem Weg in den Kopf geschossen. Seine Gedanken schweifen ungehindert umher.
    Jetzt wäre es toll, hier Stammgast zu sein, aber Jan ist nicht sehr begabt darin, sich Kneipenfreunde zu machen. Das hat er schon zu Beginn des Abends gemerkt, als er sich zur Bar durchgedrängelt und keinem Menschen in die Augen gesehen hat. Es fällt ihm schwer, in Gesellschaft Erwachsener locker zu sein, bei Kindern ist das viel leichter.
    Wenigstens hat ihm der Barkeeper freundschaftlich zugenickt, als er das zweite Bier bestellte, und jetzt haben sich also seine beiden Kolleginnen bei ihm am Tisch niedergelassen. Sie sind plötzlich aufgetaucht und haben sich zu ihm gesetzt: Hanna mit ihren blauen Augen, Lilian mit ihrem roten Haar.
    Lilian leert ihr drittes Glas und lehnt sich über den Tisch. »Sag mal, Jan, bist du allein hierhergekommen?«
    Er nickt und erwägt kurz, Rami zu zitieren, Ich bin eine verirrte Seele in einer Wüste von Eis, doch er schweigt und hofft, dass sein Lächeln geheimnisvoll wirkt.
    Â»Huch, schon wieder leer.« Lilian deutet mit einem Nicken zur Bar hin. »Haltet mir den Platz frei, ich hole nur noch was zu trinken.«
    Die Gläser von Jan und Hanna sind immer noch halb voll, doch als Lilian zurückkommt, hat sie auch ihnen ein frisches Bier mitgebracht. »Bei der nächsten Runde seid ihr dran!«
    Jan will keinen Tropfen mehr trinken, nimmt das Glas aber dennoch an.
    Und dann sitzen sie um den Tisch und unterhalten sich. Lilian findet, dass die Band, auch wenn sie kaum jemand kennt, die absolut beste der Stadt ist. »Bei Bills spielen die nur zum Spaß«, erklärt sie. »Die haben alle noch andere Jobs ...«
    Â»Sie arbeiten oben im Patricia«, ergänzt Hanna, »zumindest einige.«
    Lilian wirft Hanna einen Blick zu, als hätte sie zu viel gesagt.
    Â»Ehrlich?« Jan sieht mit neuem Interesse zu der Band hinüber. »Im Patricia?«
    Â»Wir kennen sie nicht«, erklärt Lilian rasch.
    Jetzt geht es Jan gut, die nächste Runde geht auf ihn. Und dann besorgt Hanna noch eine Runde. Ein Bier nach dem anderen. Aber das ist in Ordnung für Jan, schließlich kann er morgen ausschlafen, ehe er zur Nachtschicht in die Vorschule geht.
    Lilian trinkt mehr als Hanna und er zusammen, und ihr Kopf hängt immer tiefer über dem Tisch. Plötzlich richtet sie sich auf. »Jan ... mein süßer Jan«, sagt sie und blinzelt müde. »Frag mich mal, ob ich an die Liebe glaube.«
    Â»Wie bitte?«
    Lilian schüttelt bedächtig den Kopf. »Ich glaube nicht an die Liebe.« Sie hält drei Finger hoch. »Hier sind meine Männer. Der erste hat mir zwei Jahre geraubt, der zweite vier, und den dritten habe ich geheiratet. Und das ist voriges Jahr zu Ende gegangen. Jetzt habe ich nur noch meinen Bruder. Einen einzigen Bruder. Ich hatte zwei, aber jetzt hab ich nur noch einen ...«
    Hanna beugt sich über den Tisch. »Lilian, sollen wir mal nach Hause gehen?«
    Lilian antwortet nicht, sie leert ihr Bierglas, stellt es ab und seufzt.
    Â»Okay. Jetzt gehn wir nach Hause«, nuschelt sie.
    Jan stellt fest, dass Bills Bar im Begriff ist zu schließen. Die Musik ist verstummt, The Bohemos haben die Bühne verlassen. Die Tische um sie herum leeren sich.
    Â»Gut«, sagt Jan und nickt. »Gehen wir.«
    Er nickt und nickt. Jetzt ist er zum ersten Mal richtig betrunken, merkt er, und die Füße gleiten wie von selbst davon, als er aufsteht.
    Â»Ich bin eine verirrte Seele in einer Wüste von Eis«, sagt er, doch weder Lilian noch Hanna scheinen ihn zu hören.
    Als sie auf die Straße treten, fühlt sich die Luft kalt wie ein Eisschrank an, und hier draußen schlägt die Trunkenheit wie ein Hammer auf Jans Kopf. Er schwankt und sieht auf die Uhr, es ist fast zwei. Spät, tierisch spät. Aber er hat ja frei bis um neun Uhr morgen Abend. Er kann richtig ausschlafen.
    Lilian sieht sich um und entdeckt auf der anderen Straßenseite ein Taxi. »Das gehört mir!«, ruft sie mit gellender Stimme. »Tschüss!«
    Sie torkelt zu dem Taxi, steigt ein und braust davon.
    Hanna steht noch da. »Lilian wohnt ziemlich weit weg«, erklärt sie. »Wo wohnst du, Jan?«
    Â»Ganz in der Nähe.« Er hebt

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