So bloody Far (German Edition)
wieder, Songlians unheimliches Talent über Dinge zu stolpern, die er eigentlich nicht bemerken sollte. Es machte Far ganz verrückt, zumal er sich vorkam, als hätte er Songlian betrogen. Und ihn anlügen zu müssen, machte die Sache nicht einfacher.
„Song, es ist nichts. Ich muss nur duschen und mich umziehen.“ Sein Einwand wurde ignoriert.
„Kümmerst du dich bitte um mein Pferd?“, fragte Songlian ausgerechnet Mike, diesen kleinen, miesen Schurken.
„Kein Problem. Mache ich gerne.“ Mike gab sich gefällig. Hinter Songlians Rücken gelang es ihm einen kurzen Blick mit Far auszutauschen. Das gemeine Lächeln, das um seine Mundwinkel spielte, entging Far keineswegs. Innerlich fluchend drehte er dem Mistkerl den Rücken zu und stakste steifbeinig vor Wut mit Songlian an seiner Seite in ihr gemeinsames Zimmer. Schnurstracks begab er sich zum Waschbecken, um sich die Zähne zu putzen.
„Far?“
„Verdammt, Songlian, ich habe bloß Dreck im Mund.“ Erschrocken zuckte Songlian zurück, als bei seinem Ausbruch Zahnpasta durch die Luft sprühte.
„Okay“, murmelte er leise. Far beugte sich wieder über das Waschbecken und spülte sich den Mund aus. Mehrfach! Am liebsten hätte er mit irgendetwas gegurgelt. Mundwasser, Whiskey, Benzin, Salzsäure – egal was. Ihm war, als könnte er immer noch Bhreac auf seiner Zunge schmecken. Aber Songlian lehnte in der Tür, beobachtete ihn und schien zu ahnen, dass er nicht bloß gestürzt war. Mit einem stummen Fluch streifte er sich die Jogginghose ab und stellte sich unter die Dusche. Das lauwarme Wasser wirkte belebend und erfrischend. Und es spülte die dicke Staubschicht von seinem Körper. Far griff zum Duschgel und begann sich zu schrubben. Er hätte sich mit einer Drahtbürste bearbeiten können.
„Du bist wirklich ausgerutscht?“
Die Skepsis in Songlians Stimme blieb Far nicht verborgen.
„Das kommt davon, wenn man querfeldein läuft …“ Er bemerkte, dass er inzwischen die Hälfte seines Duschgels verbraucht hatte. Falls er Songlian nicht zu neuen Fragen bewegen wollte, sollte er das Duschen jetzt einstellen. Widerstrebend stellte Far das Wasser ab. Songlian sah ihn seltsam an, sagte jedoch nichts weiter, sondern ging dazu über Far liebevoll mit einem weichen Handtuch abzutrocknen. Mit hängenden Armen ließ er sich das gefallen, dabei war ihm im Moment überhaupt nicht danach zumute, von jemandem angefasst zu werden. Als Songlian mit dem Abtrocknen fertig war, fragte er:
„Sollen wir heute lieber hierbleiben? Wir können uns Galway an einem anderen Tag ansehen.“
„Warum?“
„Du wirkst, als wolltest du auf irgendetwas draufschlagen. Als stündest du kurz vor dem Explodieren.“
Far schüttelte rasch den Kopf. Ihm erschien es sicherer, wenn sie sich unter Menschen bewegten. Je mehr, desto besser. Er hoffte, dass Mike nicht so hemmungslos war, Songlian vor Zeugen etwas anzutun. Natürlich würde Songlian mit ihm fertig werden, aber der vertraute Mike und ahnte nichts Böses. Und gegen eine Kugel in den Hinterkopf war Songlian auch nicht resistent. Auf einmal sagte der:
„Ich habe das Gefühl, du erzählst mir nicht alles.“
Far schaute ihn unschuldig an und hoffte, dass Songlian ihm den Blick abnahm. Der neigte leicht seinen Kopf.
„Hat Mike irgendetwas gesagt oder getan?“
„Wie kommst du auf Mike?“, wollte Far alarmiert wissen.
„Du hast ihn vorhin so wütend angesehen.“
Uuups! Songlian bekam offenbar mehr mit, als gut war.
„Ich bin auf mich wütend, Song. Bei dem Sturz habe ich mir das Knie verrenkt, es tat weh und ich musste eine Weile warten, bis es verheilt war. Dieser blöde Unfall hätte nicht sein müssen, wenn ich etwas besser aufgepasst hätte“, versuchte sich Far herauszureden. „Und jetzt habe ich einfach bloß Appetit auf eine Blutkonserve.“ Die hoffentlich diesen widerlichen Geschmack vertreiben würde.
„Setz dich hin. Ich hole dir eine.“ Sein Freund schlug nun einen Kommandoton an und Far gehorchte, ohne zu protestieren. In seinen letzten gemeinsamen Stunden mit Songlian wollte er nicht streiten.
„Wieso bist du sauer auf mich?“, fragte er im Tonfall eines zahmen Lammes.
„Weil du mich anlügst, Baxter.“ Songlian füllte den Inhalt einer Konserve in ein Glas und reichte es ihm. Danach lehnte er sich mit verschränkten Armen gegen eine Kommode und sah Far resigniert an. Der seufzte und suchte verzweifelt nach einer neuen Lüge. Eine, die Songlian zufriedenstellen würde.
„In Ordnung.
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