So bloody Far (German Edition)
später zu vergewaltigen? Und warum war Lorcan nicht selber nach Irland gereist? Keine dieser Fragen konnte er beantworten.
Allmählich bekam Songlian Kopfschmerzen. Er musste erneut an Luc denken, was ihn immer traurig stimmte. Wollten seine Brüder Far ebenfalls auslöschen? Nein, zu unwahrscheinlich. Dazu hätten sie ihn nicht erst wandeln müssen.
Konzentriere dich auf das Wesentliche, ermahnte sich Songlian. Wo könnten Lorcan und Bhreac seinen Freund gefangen halten? Gedanklich ging er Lorcans diverse Schlupfwinkel in Manhattan durch. Zumindest die, die ihm bekannt waren. Es waren einige und er würde sich bei der Durchsuchung dieser Zufluchten vorsehen müssen. Schließlich wollte er nicht Fars derzeitiges Los teilen. Songlian seufzte. Das konnte Wochen dauern. Am besten, er fing gleich damit an.
™ ˜
Bereits seit fünf Minuten saß Far vor dem Handy und starrte es wie hypnotisiert an. Es gehörte Bhreac, der sich für eine kurze Besprechung mit Cailean zurückgezogen hatte. Er war allein, niemand belauerte ihn und er hatte ein Telefon vor sich. Es hatte sich bereits ein paar Mal die Möglichkeit für einen Anruf gegeben, aber zu was sollte dies gut sein? Selbst wenn er den Freunden seinen Aufenthaltsort durchgab und eine Flucht gelang … Bhreac würde ihnen seine Handlanger auf den Hals hetzen und er würde es nicht ertragen, sollte jemand seinetwegen umkommen. Zögernd griff Far zum Handy. Ein kurzer Anruf. Nur um zu hören, ob es ihnen gut ging. Eigentlich glaubte er daran, dass Bhreac sein Wort hielt. Dennoch würde es ihn beruhigen, es selber zu hören. Ein einziger kurzer Anruf. Bloß – bei wem? Kurz entschlossen wählte Far eine Nummer des Departments. Songlian konnte auf sich aufpassen, wie er wusste. Obwohl er zu gerne die Stimme seines Geliebten gehört hätte, entschied er sich für die Direktwahl von Jonathans Büro, einer internen Nummer, die nur den Kollegen der SEED bekannt war. Wie erwartet ging Jonathan sofort ans Telefon und meldete sich. Far schluckte und schloss die Augen, während er das Handy an sein Ohr presste. Jonathan erkundigte sich mehrmals, wer ihn anrief. Dann stieß er fragend Fars Namen hervor. Hoffnungsvoll, wie Far bemerkte. Hastig drückte er das Gespräch weg und legte das Handy auf den Tisch zurück, als würde es seine Finger verbrennen. Im nächsten Moment fühlte er Augen auf sich gerichtet und schaute auf. Bhreac lehnte in der Tür und beobachtete ihn. Sein Gesicht war ausdruckslos. Far erhob sich, trat auf ihn zu und kniete vor ihm nieder. Mit gesenktem Kopf erklärte er:
„Ich habe nichts gesagt. Kein einziges Wort.“
„Hör auf vor mir zu knien. Ich dachte, das hätte sich zwischen uns erledigt.“
Far sprang auf die Füße, wobei er den Blick weiterhin auf den Boden gerichtet hielt.
„Wen hast du angerufen?“, fragte Bhreac ruhig.
„G…Goodman“, antwortete Far mit einem Anflug von Angst und fügte hastig hinzu: „Der Anruf war zu kurz. Er kann ihn nicht verfolgen. Bhreac, bitte, ich habe kein Wort gesagt.“
„Ich weiß“, sagte der. „Vergessen wir diesen Vorfall. Sollte ich dich jedoch ein weiteres Mal in der Nähe eines Telefons …“
Hastig beteuerte Far: „Es kommt nie wieder vor.“
Bhreac nickte langsam und musterte Far, der nervös von einem Fuß auf den anderen trat.
„Deine Freunde sind unversehrt. Du siehst, auch ich halte mein Wort. Kann ich mich weiterhin auf deines verlassen?“
„Natürlich“, flüsterte Far.
Ein weiterer erfolgloser Ausflug lag hinter ihm, gespickt mit dem Nervenkitzel, jederzeit entdeckt und ausgelöscht zu werden. Übermüdet und gereizt schloss Songlian hinter sich die Tür, ließ seine Jacke achtlos auf den Boden fallen und ging erst einmal in das Bad, um sich mit etwas kaltem Wasser zu erfrischen. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihm ein angespanntes Gesicht mit dunklen Augenringen. Sein erschöpftes Antlitz in dem großen Spiegel kam ihm völlig fremd vor. Er fand zu wenig erholsamen Schlaf. Far fehlte ihm und die Ungewissheit über sein Schicksal raubte ihm die Ruhe, die er benötigte, um vernünftig denken zu können.
„Beim Blut! Wie sehe ich denn aus?“ Mit den gespreizten Fingern fuhr er sich durch den blauschwarzen Schopf. An einem Lächeln versuchte er sich gar nicht erst, weil er sonst sicherlich vor sich selber weglaufen würde.
Mit müden Schritten ging Songlian ins Wohnzimmer hinüber und ließ sich mit der Grazie eines alten Mannes auf das Sofa sinken. Hier
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