So coache ich
blöden Posten abgeschoben werde.«
»Haben Sie das mit Ihrem Chef besprochen?«
»Der hat sich bedeckt gehalten. Schauen wir mal, hat er gesagt.«
»Nicht gerade beruhigend, was?«
»Nein. Aber ich wollte auch gern für meinen Sohn da sein. Meinen Vater habe ich ja während meiner ganzen Kindheit fast nicht gesehen.«
»Und Sie möchten ein anderer Vater sein?«
»Ja.« Er lächelt das erste Mal.
»Dann sind Sie ja ein echter Vater-Pionier?«
Er lächelt verlegen, nickt.
»Weiß Ihre Frau, welches berufliche Risiko Sie für Ihre Entscheidung auf sich genommen haben?«
»So genau nicht.«
»Haben Sie ihr das nicht erzählt?«
»Sie hat sich so auf die Rückkehr in ihren Job gefreut. Sie kann noch schlechter wegbleiben als ich, sie ist IT-Spezialistin.«
»Wäre es hilfreich, wenn Sie offen mit ihr darüber sprechen würden?«
»Ja, vielleicht.«
»Was würde das bringen?«
»Sie würde vielleicht sehen, dass es auch nicht einfach für mich ist.«
»Wann werden Sie mit ihr sprechen?«
Robert stutzt, überlegt. »Ähm, am Wochenende.«
»Erzählen Sie ihr auch von Ihrem Ärger wegen Ihres Schwagers?«
»Kann ich machen, aber das ist schon nicht mehr so wichtig. Ich würde lieber mit ihr darüber sprechen, wie es beruflich für mich weitergeht. Ich könnte mir vorstellen ...«
Robert hat den Ärger offensichtlich abgeschüttelt. Wir sind in aller Ruhe auf das viel wichtigere Thema gekommen, nämlich seine Sorge, wie seine berufliche Zukunft aussehen wird. Und wir haben danach sehr spannende Pläne entwickelt.
Am Schluss des Coachings sage ich zu Robert: »Danken Sie Ihrem Schwager, er hat den richtigen Pfeil abgeschossen.« Robert lacht.
Ärger ist sehr oft das Symptom dafür, dass hinter der Aufregung ein anderes bedeutendes, aber verstecktes Thema liegt. Oft wundern wir uns, worüber sich andere Menschen so aufregen können. »Haben die sonst keine Sorgen?«, fragen wir uns dann. Doch, haben sie, deshalb reagieren sie ja so gereizt.
Deshalb bringt es meistens wenig, den Verärgerten zu trösten mit »Ach, ist doch nicht so schlimm« oder gar ihn anzustacheln: »Ja, sag deinem Schwager mal ordentlich die Meinung«. Beides geht an den Ursachen vorbei, es kann im Gegenteil dafür sorgen, dass die Wagenburg noch enger gestellt wird, in die der Ärger einen Menschen treibt. Das aktive
Zuhören ist eine Möglichkeit, Menschen aus dem Ärger herauszuführen. Und auf das viel wichtigere Thema dahinter zu kommen.
Besonderheit beim Coachen
Aktiv zuhören ist der Schlüssel. Im Rahmen der LOKC-Methode verzichten Sie allerdings besser auf das ständige Spiegeln der Aussagen: »Sie meinen also, dass Sie ärgerlich sind, weil ...« Viele Coaching-Klienten fühlen sich dadurch eher veräppelt als gespiegelt. Es ist völlig okay, wenn Sie die gemachten Aussagen aufgreifen und weiterführen. Vorsicht ist geboten vor eigenen schnellen Schlüssen des Coaches. Meistens führen uns die Klienten an verborgene Stellen, an die wir selbst gar nicht gedacht hätten.
7. Das Motivationsraster
Anwendung: Der Mind-Opener für den Blick hinter die Kulissen
Situation: Zum Selbstcoachen und beim Coachen von anderen
Voraussetzung: Spontan entscheiden können
Methode: Klarheit durch das Ausschlussverfahren
Dauer: 5 bis 15 Minuten
Dieser Coaching-Impuls eignet sich wunderbar als »Mind-Opener« in anspruchsvollen Coaching-Gesprächen. Am Anfang dieser Übung wissen die Gecoachten noch nicht, wohin die Reise geht, und können deshalb nicht »konform« antworten. Ich habe viele meiner Coaching-Impulse deshalb entwickelt, weil ich im Coaching bemerkt habe, dass viele Menschen »zu klug« sind. Sprich, sie können ganz toll erklären, was sie eigentlich möchten oder warum etwas nicht geht – doch sie lassen sich nicht gern »in die Karten gucken«.
Dafür haben sie mir mit ihren Widerständen immer wieder geholfen, fantasievolle »Öffner« zu entwickeln, die die Coaching-Zeit erheblich verkürzen können.
Jeder erfahrene Coach weiß, dass die Ebene hinter dem tatsächlich Ausgesprochenen die Lösung bergen kann. So ging es mir damals auch im Coaching mit der Inhaberin eines großen Bürocenters, in dem ich auf die Idee des Motivationsrasters gekommen bin. Ich glaube, es war 1998. Die Frau, nennen wir sie Melanie P., wollte eigentlich ganz nüchtern eine Bestandsaufnahme ihrer beruflichen Situation machen. Ich machte mir ein Erstes Bild, als sie zur Tür hereinkam: Die Augen schauten müde, sie sah traurig
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