So fern wie ein Traum
verloren hast, also haben wir ein paar Sachen herübergebracht.«
Die Hände vor dem Bauch verschränkt, wartete sie, während er sich das Zimmer besah. Das Sofa hatte auf dem Speicher gestanden und hätte einen neuen Bezug gebrauchen können, dachte sie. Aber es war ein gutes, solides Stück. Und in den Sheridan-Kaffeetisch hatte irgendein Templeton oder ein Gast mit einer achtlos abgelegten Zigarette ein kleines Loch gebrannt, aber ansonsten wirkte er wie neu.
Außerdem hatte sie ein paar Messinglampen, von denen sie gedacht hatte, sie entsprächen männlichem Geschmack, im Zimmer aufgestellt, einen Sessel, weitere kleine Tische und sogar eine Vase mit einem winterlichen Blumenstrauß. Um sich nicht alle erdenkliche Mühe zu geben in ihrer Sorge um den zeitweiligen Gast, war sie einfach zu sehr die Tochter eines Hoteliers.
»Du hast dir wirklich Mühe gemacht.« Was ihn überraschte und verlegen machte. »Dabei hätte ich gedacht, ich kampiere einfach für ein paar Monate hier.«
»Es ist nicht unbedingt das Templeton Paris.« Sie sah ihn mit einem Lächeln an. »Zum Schlafzimmer geht's dort entlang.« Sie wies in Richtung eines kurzen Flurs. »Es ist nicht gerade riesig, aber ich habe trotzdem ein Doppelbett hineingestellt. Ich weiß, Josh hat immer gerne Platz um zu, ah…« Michaels Grinsen brachte sie aus dem Konzept. »Josh hat immer gerne Platz«, beendete sie ihren Satz. »Die Kopf- und Fußteile aus Eisen hatten wir noch da. Ich habe sie immer sehr gern gehabt. Der Schrank ist ziemlich klein, aber…«
»Ich habe nicht besonders viel.«
»Tja, dann.« Da sie nicht wusste, was sie noch hätte sagen sollen, trat sie ans Fenster und blickte hinaus. »Die Aussicht ist sehr nett.«
»Ja.« Er gesellte sich zu ihr und stellte voller Überraschung fest, dass ihr Kopf genau bis unter sein Kinn reichte. Über sie hinweg konnte er die Klippen sehen, dahinter das azurblaue Meer, die Splitter kleiner Felseninseln und die schäumende Gischt, die gegen die Steine donnerte. »Früher hast du viel Zeit dort unten verbracht.«
»Das tue ich auch heute noch.«
»Immer noch auf Schatzsuche?«
»Natürlich.«
»Wie hieß doch gleich das Mädchen, das sich von den Klippen ins Meer gestürzt hat?«
»Seraphina.«
»Genau. Seraphina. Eine romantische kleine Geschichte.«
»Vor allem traurig, finde ich.«
»Ist das nicht das Gleiche? Josh hat dich, Margo und Kate immer dafür ausgelacht, dass ihr euch in der Hoffnung, Seraphinas verlorenen Schatz zu finden, dort auf den Klippen herumgetrieben habt. Aber ich glaube, insgeheim hätte er am liebsten selbst danach gesucht.«
»Wir suchen jeden Sonntag. Margo, Kate, meine Töchter und ich.«
Er rang unmerklich nach Luft. Einen Augenblick lang hatte er völlig vergessen, dass diese kleine, zarte Frau die Mutter zweier Kinder war. »Du hast Kinder. Mädchen«, sagte er.
»Ja.« Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Töchter. Meine Töchter.«
Irgendwie hatte er sie anscheinend auf dem falschen Fuß erwischt, erkannte er. »Und wie alt sind die beiden?«, fragte er.
Sie hätte nicht erwartet, dass er danach fragen würde, noch nicht einmal aus Höflichkeit. Und sofort wurde sie weich. »Ali ist zehn. Kayla sieben.«
»Scheint, als hättest du ganz schön früh damit begonnen. Für gewöhnlich sind Mädchen in dem Alter ziemliche Pferdenärrinnen. Die beiden dürfen gerne vorbeikommen und sich meine Tiere ansehen, wenn sie möchten.«
Wieder war sie überrascht. »Das ist wirklich nett von dir, Michael. Aber ich möchte nicht, dass sie dich stören«, sagte sie.
»Ich habe Kinder gern.«
Seine ruhige Feststellung verriet ihr, dass es der Wahrheit entsprach. »Dann sei besser gewarnt, die beiden sind schon ganz versessen darauf, sich deine Pferde anzusehen. Und ich nehme an, du bist ganz versessen darauf, endlich die Stallungen zu sehen.« Ein kurzer Blick auf ihre Uhr, und sie rang nach Luft.
»Hast du noch einen Termin?«
»Ehrlich gesagt, ja. Wenn es dir nichts ausmacht, dir die Ställe alleine anzusehen, gehe ich mich schnell umziehen.«
Sicher wollte sie zum Friseur oder zur Maniküre, dachte er. Oder aber zum Tee zu irgendeiner Ziege der High Society. »Na sicher doch.«
»Ich habe die Schlüssel auf den Küchentisch gelegt. Leider gibt es kein Telefon. Ich wusste nicht, ob du eins willst. Aber es gibt einen Anschluss. Irgendwo. Falls du irgendetwas brauchst. . .«
»Ich komme schon zurecht.« Er zog einen Scheck aus der Tasche und gab ihn ihr. »Die
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