So fern wie ein Traum
unbekümmert fest.
»Wir sind vollkommen nackt.« Mehr brachte sie beim besten Willen nicht hervor, als er sich der Treppe zuwandte. »Wir stehen vollkommen nackt hier draußen auf dem Hof.«
»Sieht aus, als würde es ein wunderbarer Tag. Hast du heute Abend schon was vor?«
»Ich…« Begriff er nicht, dass sie in hellem Tageslicht splitterfasernackt auf seiner kleinen Veranda standen? »Bring mich sofort rein!«
»Ist dir etwa kalt? Kein Problem, da kann ich dir sicherlich behilflich sein.« Er streckte eine seiner Hände nach dem Türknauf aus.
Was für eine Beleidigung. Was für ein Mangel an Sensibilität. Was für eine Unverfrorenheit. »Lass mich sofort runter.«
»Aber sicher doch.« Er stellte sie gehorsam auf die Füße und wartete auf den Beginn der Show. Und wirklich enttäuschte sie ihn nicht.
»Bist du vollkommen übergeschnappt? Was, wenn eins der Mädchen aus dem Fenster geguckt und uns gesehen hat?«
»Es ist noch keine sechs Uhr. Gucken die beiden für gewöhnlich um diese Zeit aus den Fenstern ihrer Schlafzimmer, noch dazu mit Ferngläsern?«
Natürlich nicht. »Darum geht es nicht. Ich lasse mich nicht einfach in der Gegend rumschleppen, nur weil dein krankes Hirn das lustig findet. Und jetzt hol mir ein Hemd.«
Er fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und sah sie an. Selbst mit Heu im Haar und vor Zorn gerötetem Gesicht behielt sie eine erstaunliche Würde. Es war… faszinierend, dachte er.
»Süße, dein Anblick ist erregend wie heute Nacht, aber ich fürchte, dass wir keine Zeit für eine weitere Runde haben, was meinst du?«
»Du…«
»Bauer? Barbar?«
Mühsam bezwang sie ihren Zorn. Unter den gegebenen Umständen war ein vernünftiges Gespräch schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit, erkannte sie. »Ich würde mir gern etwas von dir zum Überziehen leihen, wenn du nichts dagegen hast.«
»Himmel. Es würde doch nur ein paar Minuten dauern«, antwortete er.
»Michael.« Sie wich entsetzt zurück, als sie seine Augen sah. »Michael, ich lasse mich nicht einfach…«
.. . auf den Boden zerren, küssen, bis ich mich dir willig unterwerfe, und abermals zu einem erschauernden Höhepunkt peitschen, dachte sie.
»Oh Gott.« Schon lag sie auf dem Teppich in seinem kleinen Flur und ließ selig dies alles zu.
Es dauerte länger als ein paar Minuten, und so blieb Laura nichts anderes übrig, als wie eine Diebin in ihr eigenes Haus zu schleichen. Wenn sie nur nach oben in ihr Zimmer käme, dachte sie, als sie eine der Seitentüren öffnete.
Ihre Kinder würden sicher jeden Augenblick von ihren Weckern aus dem Schlaf gerissen. Ihre Kinder. Sie fuhr zusammen, als sie, die Schuhe in den Händen, auf Zehenspitzen durch die Eingangshalle schlich. War sie vollkommen übergeschnappt? Wie sollte sie das alles bloß erklären, falls…
»Miss Laura!«
Falls das Schlimmste geschehen würde, dachte Laura schicksalsergeben, drehte sich um und begegnete dem strengen Blick ihrer Wirtschafterin.
»Annie. Ich war bloß, äh, ein bisschen früher als gewöhnlich… auf. Ich habe einen, äh, Spaziergang gemacht.«
Langsam kam Ann die Treppe herunter. Auch wenn sie seit über fünfundzwanzig Jahren Witwe war, erkannte sie doch den Anblick einer Frau, die die Nacht in den Armen eines Mannes verbracht hatte.
»Sie tragen ein Männerhemd«, sagte sie steif. »Und Sie haben Heu im Haar.«
»Ah.« Laura räusperte sich und zupfte einen verknickten Halm heraus. »Ja, das stimmt. Ich war… wie gesagt, ich war spazieren und…«
»Sie hatten noch nie Talent zum Lügen.« Ann blieb am Fuß der Treppe stehen und bedachte ihr Opfer mit demselben Blick, mit dem eine Mutter ihr ungebärdiges Kind ansah. Halb belustigt und halb furchtsam blickte Laura sie an.
»Annie . ..«
»Sie waren im Stall und haben sich mit diesem Frauenhelden Michael Fury im Heu herumgewälzt.«
»Ja, ich war im Stall«, hüllte sich Laura in den schützenden Umhang ihrer verbleibenden Würde. »Ja, ich war mit Michael zusammen. Und ich bin eine erwachsene Frau.«
»Mit dem Verstand einer Erdnuss. Was haben Sie sich nur dabei gedacht?« Ann fuchtelte mit einem Finger durch die Luft. »Eine Frau wie Sie, die sich wie ein Teenager mit einem Kerl wie ihm im Heu wälzt.«
Mit den Menschen, die sie liebte, war Laura sehr geduldig, daher blieb ihre Stimme ruhig. »Ich nehme an, Sie wissen ganz genau, was ich mir dabei gedacht habe. Was auch immer Sie von ihm oder von meinem Verstand halten, bleibt die Tatsache bestehen, dass ich
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