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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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zum Briefkasten, stützte sich auf ihm ab und lachte und prustete, dass er zittern musste. Eli kam zu ihm, schüttelte den Kopf.
    »Keine Bananen.«
    Oskar keuchte hervor: »Hat er bestimmt … alle selber … gegessen.«
    Oskar riss sich zusammen, presste die Lippen aufeinander, holte seine vier Einkronenmünzen heraus und ging zur Luke.
    »Eine gemischte Tüte.«
    Der Kioskbesitzer stierte ihn an und begann mit einer Zange Süßigkeiten aus den Plastikbehältern im Schaufenster zu greifen und in eine Papiertüte fallen zu lassen. Oskar schielte zur Seite, um sich zu vergewissern, dass Eli auch zuhörte, sagte: »Vergessen Sie die Bananen nicht.«
    Der Kioskbesitzer hielt inne.
    »Ich habe keine Bananen.«
    Oskar zeigte auf einen der Behälter.
    »Ich meinte die Gummibananen.«
    Er hörte Eli kichern und machte das Gleiche wie sie; legte einen Finger auf den Mund und ermahnte sie, ruhig zu sein. Der Kioskbesitzer schnaubte, legte zwei Gummibananen in die Tüte und überreichte diese anschließend Oskar.
    Sie gingen zum Hof zurück. Noch ehe Oskar sich selber etwas genommen hatte, hielt er die Tüte Eli hin. Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein danke.«
    »Magst du keine Süßigkeiten?«
    »Ich vertrage sie nicht.«
    »Keine Süßigkeiten?«
    »Nein.«
    »Och, das ist aber traurig.«
    »Ja. Nein. Ich weiß ohnehin nicht, wie sie schmecken.«
    »Hast du noch nie welche probiert?«
    »Nein.«
    »Aber woher weißt du dann, dass …«
    »Ich weiß es einfach.«
    So war es manchmal. Sie sprachen über etwas, Oskar fragte nach etwas, und es endete mit einem »es ist einfach so«, »ich weiß es einfach«. Keine nähere Erklärung. Dies gehörte zu den Dingen, die an Eli seltsam waren.
    Blöd, dass er sie nicht einladen konnte, denn das war sein Plan gewesen. Ihr ganz viel anzubieten. So viel sie wollte. Und dann aß sie gar keine Süßigkeiten. Er schob sich eine Gummibanane in den Mund und schielte zu ihr hinüber.
    Sie sah wirklich nicht besonders gesund aus. Und dann auch noch diese weißen Strähnen im Haar … In einer Geschichte, die Oskar gelesen hatte, waren die Haare einer Figur vollkommen weiß geworden, nachdem sie irgendetwas extrem erschreckt hatte. Aber das war Eli nicht passiert, oder doch?
    Sie schaute sich nach beiden Seiten um, schlang die Arme um den Körper und sah ganz klein aus. Oskar bekam Lust, den Arm um sie zu legen, traute sich aber nicht recht.
    Im Durchgang zum Hinterhof blieb Eli stehen und schaute zu ihrem Fenster hinauf. Es brannte kein Licht. Regungslos stand sie da, die Arme um den Körper gelegt, und sah zu Boden.
    »Du, Oskar …«
    Er tat es. Ihr ganzer Körper schien darum zu bitten, und irgendwoher nahm er den Mut, es zu tun. Er umarmte sie. Für einen schrecklichen Moment glaubte er, das Falsche getan zu haben, ihr Körper war steif, verschlossen. Er wollte sie schon wieder loslassen, als sie sich in seinen Armen entspannte. Der Knoten löste sich, und sie zog ihre Arme heraus, legte sie um seinen Rücken und presste sich zitternd an ihn.
    Sie lehnte ihren Kopf auf seine Schulter, und so blieben sie stehen. Ihr Atem war auf seinem Hals. Schweigend umarmten sie sich. Oskar schloss die Augen und wusste: Das war das Größte. Das Licht der Lampe im Durchgang drang schwach durch seine geschlossenen Lider, legte eine rote Membran vor seine Augen. Das Größte.
    Eli rückte mit ihrem Kopf näher an seinen Hals heran. Die Wärme ihres Atems wurde spürbarer. Muskel in ihrem Körper, die entspannt gewesen waren, spannten sich von Neuem. Ihre Lippen berührten seinen Hals, und ein Schauer durchlief seinen Körper.
    Plötzlich zuckte sie zusammen, löste sich aus der Umarmung und wich einen Schritt zurück. Oskar ließ die Arme fallen. Eli schüttelte den Kopf, als wollte sie sich von einem bösen Traum befreien, drehte sich um und ging zu ihrem Hauseingang. Oskar blieb stehen. Als sie die Tür öffnete, rief er ihr hinterher.
    »Eli?« Sie wandte sich um. »Wo ist dein Vater?«
    »Er wollte … mir etwas zu essen besorgen.«
    Sie bekommt nichts zu essen. Das ist es.
    »Du kannst bei uns etwas bekommen.«
    Eli ließ die Tür los, ging zu ihm. Oskar überlegte in Windeseile, wie er das seiner Mutter beibringen sollte. Er wollte nicht, dass Mama Eli traf. Und umgekehrt. Vielleicht konnte er ein paar Brote schmieren und mit hinausnehmen. Ja, das würde das Beste sein.
    Eli stellte sich vor ihn, sah ihm ernst in die Augen.
    »Oskar. Hast du mich gern?«
    »Ja. Sehr gern.«
    »Wenn ich nun kein

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