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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Schuss.«
    »Okay. Gut. Soll ich dir Mama noch einmal geben?«
    »Ja … nein … du kannst ihr ja sagen, wie wir es machen, nicht?«
    »Mmm. Tschüss, bis bald.«
    »Ja genau. Tschüss.«
    Oskar legte auf, blieb einen Moment sitzen und stellte sich vor, wie es werden würde. Sie würden eine Runde mit dem Moped drehen. Das war klasse. Dabei zog Oskar Miniskier an, und sie befestigten ein Seil am Moped, an dessen Ende ein Stock war. An diesem Stock hielt Oskar sich mit beiden Händen fest, und dann fuhren sie durchs Dorf wie schneegetragene Wasserskiläufer. Das und eine Eiderente mit Vogelbeergelee. Außerdem würde er nur einen Abend von Eli getrennt sein.
    Er ging in sein Zimmer und packte seine Sportsachen und sein Messer ein, weil er nicht mehr nach Hause kommen würde, bevor er Eli traf. Er hatte einen Plan. Als er im Flur stand und seine Jacke anzog, kam Mama aus der Küche, wischte sich an ihrer Schürze das Mehl von den Händen. »Und? Was hat er gesagt?«
    »Ich soll am Samstag zu ihm kommen.«
    »Gut. Aber über das andere?«
    »Ich muss jetzt zum Training.«
    »Hat er gar nichts gesagt?«
    »Do-och, aber ich muss jetzt los.«
    »Und wohin?«
    »Zur Schwimmhalle.«
    »Zu welcher Schwimmhalle?«
    »Der an der Schule. Der kleinen.«
    »Was willst du denn da?«
    »Trainieren. Ich bin so gegen halb neun wieder da. Oder neun. Ich wollte mich nachher noch mit Johan treffen.«
    Mama wirkte bedrückt, wusste nicht, was sie mit ihren mehligen Händen anfangen sollte, steckte sie beide in die große Tasche in der Mitte der Schürze.
    »Aha. Ja, ja. Sei vorsichtig. Pass auf, dass du nicht auf dem Beckenrand ausrutschst. Hast du deine Mütze?«
    »Ja, ja.«
    »Dann zieh sie an, wenn du schwimmen warst. Es ist kalt draußen, und wenn man nasse Haare hat …«
    Oskar trat einen Schritt vor, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, sagte Tschüss und ging. Als er aus dem Haus trat, schielte er zu seinem Fenster hinauf. Dort stand Mama, die Hände immer noch in der großen Tasche. Oskar winkte. Mama hob langsam eine Hand und erwiderte seinen Gruß.
    Er weinte den halben Weg zum Training.
    *
    Die Clique hatte sich im Treppenhaus vor Göstas Tür versammelt. Lacke, Virginia, Morgan, Larry, Karlsson. Keiner von ihnen wollte es auf sich nehmen zu klingeln, denn wer es tat, würde anschließend auch ihr Anliegen vorbringen müssen. Bereits im Treppenhaus nahmen sie einen schwachen Hauch von Göstas Geruch wahr. Pisse. Morgan stieß Karlsson an und murmelte etwas Unverständliches. Karlsson hob die Ohrschützer an, die er statt einer Mütze trug, und fragte: »Was?«
    »Ich habe gefragt, ob du diese Dinger nicht mal abnehmen kannst. Du siehst ja aus wie ein Vollidiot.«
    »Das ist deine Meinung.«
    Jedenfalls nahm Karlsson die Ohrschützer ab, steckte sie in die Manteltasche und sagte: »Das wirst du übernehmen müssen, Larry. Immerhin hast du es gesehen.«
    Larry seufzte und klingelte. Ein wütendes Kreischen war hinter der Tür zu hören, gefolgt von einem dumpfen Knall, als würde etwas zu Boden fallen. Larry räusperte sich. Die Sache gefiel ihm nicht. Mit der ganzen Clique hinter sich fühlte er sich wie ein Bulle, es fehlten nur noch die gezogenen Pistolen. Man hörte schlurfende Schritte in der Wohnung, dann eine Stimme. »Meine Süße, hast du dir wehgetan?«
    Die Tür wurde geöffnet. Eine Welle von Uringestank schlug Larry ins Gesicht, und er schnappte nach Luft. Gösta stand im Türrahmen, trug ein verwaschenes Hemd, Weste und Fliege. Eine orange-weiß-getigerte Katze saß zusammengekauert in seiner Armbeuge.
    »Ja?«
    »Grüß dich, Gösta, wie geht’s?«
    Göstas Augen fuhren flackernd über die Gruppe im Treppenhaus. Er war ziemlich betrunken.
    »Ganz gut.«
    »Ja also, wir sind gekommen, weil … weißt du schon, was passiert ist?«
    »Nein.«
    »Sie haben Jocke gefunden. Heute.«
    »Ach wirklich. Aha. Ja.«
    »Und jetzt ist es so … dass …«
    Larry drehte sich um, suchte die Unterstützung seiner Delegation, Mehr als eine ermunternde Geste Morgans erntete er jedoch nicht. Larry schaffte es nicht, hier draußen als eine Art Amtsperson zu stehen und ein Ultimatum zu stellen. Es gab nur einen Weg, so sehr ihm dieser auch widerstrebte. Er fragte: »Können wir hereinkommen?«
    Er hatte irgendeine Form von Widerstand erwartet. Gösta war es mit Sicherheit nicht gewohnt, dass einfach so fünf Personen auftauchten, um ihm einen Besuch abzustatten. Aber Gösta nickte nur und wich zwei Schritte in den Flur

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