So frei wie der Himmel
dafür oder dagegen?"
"Dafür", sagte Callie. "Dein Vater arbeitet viel zu viel. Eve auch. Wir würden alle reich werden.
"Mom, wir sind bereits reich."
Jesse legte das Omelette auf einen Teller, nahm sich Besteck und trug alles zum Tisch. Du weißt, dass ich kein Freund von Zwölf-Stunden-Arbeitstagen, Diagrammen, Grafiken und dem ganzen Kram bin. Aber Keegan wird sich querstellen. Er wird spätestens mit fünfzig einen dreifachen Bypass bekommen."
"Er ist einfach noch nicht über diese schreckliche Scheidung hinweg", sagte Callie traurig.
"Nein. Gerade macht Shelley ihm eine Menge Ärger wegen Devon. Sie will mit Devon und ihrem neuen Mann nach Europa gehen."
"Was für eine Ziege." Weil seine Mutter selten solche Ausdrücke benutzte, war Jesse einen Moment sprachlos. "Und dumm obendrein."
Einen Moment verharrte er mit der Gabel in der Luft. Ganz kurz überlegte er, ob seine Familie vielleicht etwas über Brandl herausgefunden hatte und seine Mutter ihn nun zu einem Geständnis bewegen wollte.
"Stimmt. Shelley ist nicht gerade der hellste Stern am Himmel", sagte er vorsichtig. "Aber sie ist nicht dumm." Genauso wenig wie Brandl.
"Nein", seufzte Callie. "Vermutlich nicht. Ich mache mir einfach nur Sorgen um Keegan. Nun hat er nicht nur seine Eltern, sondern auch noch seine Frau verloren und ist ganz allein auf der Welt."
Keegans Eltern, Libby und John Henry McKettrick, waren bei einem Hotelbrand in Singapur gestorben, als ihr Sohn vierzehn war. Danach war er von einem Teil der Familie zum nächsten geschoben worden, bis er aufs College kam.
"Er ist nicht allein, Mom. Er hat doch uns."
"Trotzdem", behauptete Callie. "Keegan ist einsam. Er braucht ein Zuhause und eine Familie. Eine eigene."
"Er hat ein Zuhause - das Haupthaus auf der Ranch. Und er hat Devon."
"Ein Haus und ein Zuhause sind nicht dasselbe. Und Devon sieht er nicht besonders oft. Und jetzt will Shelley sie auch noch mit nach Europa nehmen.«
Jesse nahm einen Bissen von seinem Omelette, das wie Pappe schmeckte. Kein Wunder bei diesem Gespräch, dachte er. "Worauf willst du hinaus, Mom?" Wenn er es zuließ, würde seine Mutter den ganzen Tag um den heißen Brei herumreden.
"Es ist höchste Zeit, dass jeder von euch dreien eine Familie gründet. Rance fliegt um die ganze Welt, um irgendwelche Firmen aufzukaufen und lässt seine kleinen Mädchen bei ihrer Großmutter. Cora ist ein wunderbarer Mensch, aber nicht mehr jung genug, um Kinder aufzuziehen. Keegan arbeitet wie ein Verrückter und du - du tust genau das Gegenteil. Dein Vater und ich haben dir an deinem fünfundzwanzigsten Geburtstag das Haus nicht überschrieben, damit du dich herumtreibst."
"Wollt ihr es zurück?"
"Jesse McKettrick, red nicht so neunmalklug mit mir."
"Okay. Dann werde ich die nächstbeste Frau heiraten, die mir über den Weg läuft und sie bis Dienstag schwängern. Oder wäre Montag besser?"
"Jesse." Callies Stimme nahm einen warnenden Ton an.
Er lachte. "Keine Bange, Mom. Ich bin der ewige Junggeselle in der Familie, vergiss das nicht."
"Das würde ich aber nur allzu gern. Ich will Enkelkinder."
"Du hast Enkelkinder, Mom. Zwei von Sarah und drei von Victoria."
Im Hintergrund hörte er die Stimme seines Vaters. "Lass ihn in Ruhe, Callie."
"Dein Vater sagt, ich soll dich in Ruhe lassen", wiederholte seine Mutter.
"Ja, hab ich gehört. Ist dieses Gespräch dann damit beendet, Mom? Ich muss nämlich in die Stadt fahren und nachschauen, wie unsere Familiengeschäfte so laufen."
"Heißt das, du willst nach einem Job fragen?"
Da legte Jesse die Gabel hin, schob den Teller von sich und schloss die Augen. Er war mehrfacher Millionär - unter anderem durchs Pokern. Um ihn herum tobte das Leben - Bäume und Berge und Tiere wo man hinsah, es war, als lebte er mitten in Gottes Garten. Wozu brauchte er - oder irgendjemand in dieser Familie - einen Job? "Ja, Mom. Ich könnte den Kopierer überwachen. Oder die Post wegbringen."
"Jesse, du hast studiert."
"Das weiß ich, Mom. Ich habe einen Abschluss im Rodeoreiten und Frauenverführen."
"Du hast Jura studiert und einen hervorragenden Abschluss gemacht."
Bevor er darauf etwas erwidern konnte, hörte er ein Rascheln am anderen Ende, dann kam sein Vater an den Apparat. "Hör gar nicht hin", sagte er. "Was den Job betrifft, meine ich. Aber du solltest wirklich heiraten, mein Junge."
"Ich sehe, was ich tun kann, Dad", versprach Jesse.
"Auf Wiederhören, Jesse", sagte sein Vater lachend.
"Bis dann." Jesse legte auf,
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