So gut wie tot
Posten zu verlassen und in einem Pub etwas zu trinken.
Vor etwa zwei Stunden hatte er ein Signal ihres neuen Handys empfangen, als sie das neue Telefon ihrer Mutter anrief, um Lautstärke und Klingelton zu überprüfen und ihre Nummer darin zu speichern. Auf diese Weise kannte er nun beide Nummern.
Als sie die Telefone ausprobierten, konnte er im Hintergrund den Fernseher hören. Es klang wie eine Seifenoper, ein Mann und eine Frau, die beim Autofahren stritten. Also saßen die Schlampe und ihre Mutter gemütlich in der warmen Wohnung vor dem Fernseher und luden zwei neue Mobiltelefone auf, die sie von seinem Geld gekauft hatte.
Das Intercept piepste aufgeregt. Abby rief nacheinander mehrere Pflegeheime an, weil sie eine Unterkunft für vier Wochen suchte, bis das Zimmer ihrer Mutter frei wurde.
Sie erkundigte sich nach Pflege, ärztlicher Versorgung, Mahlzeiten, Küche, Sportangebot und ob es Schwimmbad und Sauna gebe, ob die Zimmer ein eigenes Bad hätten, ob eine Hauptverkehrsstraße in der Nähe sei oder ein Park mit Rollstuhlzugang. Die Liste ihrer Fragen war endlos. Dass sie gründlich war, hatte er zu seinem Leidwesen erfahren müssen. Eine gründliche Schlampe.
Von wessen Geld würde sie das nun wieder bezahlen?
Er hörte, wie Abby für den nächsten Morgen drei Besichtigungstermine vereinbarte. Ihre Mutter würde sie vermutlich nicht mitnehmen, schließlich sollte der Schlüsseldienst ja kommen.
Wenn er mit ihr fertig wäre, würde sie kein Pflegeheim mehr brauchen. Eher eine Friedhofskapelle.
81
OKTOBER 2007 Um 8.20 Uhr am nächsten Morgen betraten Inspector Stephen Curry und Sergeant Ian Brown das kleine Besprechungszimmer im Untersuchungsgefängnis hinter Sussex House. Curry hatte die Unterlagen für die Morgenbesprechung bei sich, die einen umfassenden Überblick über schwer wiegende Zwischenfälle gaben, die sich innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden im Bezirk ereignet hatten.
Zum Team gehörten noch Sergeant Morley und seine Kollegin Mary Gregson mit dem dynamischen Kurzhaarschnitt, der gut zu dem energischen Enthusiasmus passte, mit dem sie ihre Arbeit anging.
Sie machten sich sofort ans Werk. Curry sprach sämtliche Vorfälle an. Bei einem hässlichen rassistischen Übergriff in der Park Road in Coldean war ein junger muslimischer Student, der auf dem Rückweg zur Uni war, vor einem Imbiss zusammengeschlagen worden; auf der Lewes Road hatte es einen Verkehrsunfall mit Todesfolge gegeben, in den ein Motorradfahrer und ein Fußgänger verwickelt waren; dazu einen Raubüberfall auf dem Broadway in Whitehawk. Im Preston Park war ein junger Homosexueller verprügelt worden.
Curry ging alle Vorfälle gründlich durch und grenzte die Gefahrenschwerpunkte ein. Danach folgte eine Bewertung der Vermisstenfälle. Mary berichtete von einer Freilassung auf Kaution und erinnerte Curry daran, dass er um elf mit dem Staatsanwalt verabredet sei, um über die Verhaftung eines Verdächtigen zu sprechen, der des mehrfachen Handtaschendiebstahls bezichtigt wurde.
Dann fiel dem Inspector noch etwas ein. »John, gestern haben wir darüber gesprochen, dass jemand bei einer Frau in Kemp Town vorbeischauen sollte. Ich sehe nichts dazu auf der Liste. Wie hieß sie doch gleich – Katherine Jennings? Gibt es etwas Neues dazu?«
Morley wurde rot. »Mein Gott, tut mir leid, Boss. In dieser Sache habe ich noch gar nichts unternommen. Als die Sache mit der kleinen Gemma Buxton dazwischenkam, habe ich alles andere stehen und liegen lassen. Ich schicke gleich heute Morgen jemanden hin.«
»In Ordnung.« Curry schaute auf die Uhr. Scheiße. Schon fünf nach neun. Er sprang auf. »Bis später.«
»Viel Spaß beim Schuldirektor«, sagte Mary mit frechem Grinsen.
»Ja, heute bist du der Lieblingsschüler«, warf Morley ein.
»Wohl kaum, wenn ich Leute im Team habe, die ein so beschissenes Gedächtnis haben wie du«, konterte er.
82
OKTOBER 2007 Ricky schlief unruhig. Er hatte in einem Pub an der Promenade mehrere Biere getrunken und war eingedöst. Sobald ein Auto mit erleuchteten Scheinwerfern vorbeifuhr oder ein Motorgeräusch oder Schritte erklangen, zuckte er zusammen. Er hatte sich auf den Beifahrersitz gesetzt, damit ihn ein neugieriger Polizist nicht für einen betrunkenen Fahrer hielt. Er hatte den Lieferwagen ein paar Mal kurz verlassen, um in einem Durchgang zwischen zwei Häusern zu pinkeln.
Gegen sechs Uhr fuhr er los, um in einem Café zu frühstücken, und fand sich binnen einer Stunde wieder
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