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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Oh, mein Gott! Oh, mein Gott.«
    Überall Geschrei. Es wurde kurz dunkel, dann filmte wieder eine Handkamera, ein junger Mann hinkte vorbei und hielt einer Frau ein blutgetränktes Handtuch vors Gesicht. Er versuchte, sie mit sich zu ziehen, weg von der Wolke, die unerbittlich näherrückte.
    Dann folgte die Schaltung ins Nachrichtenstudio zum Sprecher, hinter dem auf Monitoren die chaotischen Bilder zu sehen waren.
    »Es wird gemeldet, dass der Südturm des World Trade Center soeben eingestürzt ist. Außerdem bringen wir Ihnen gleich die neuesten Berichte über die Situation im Pentagon.«
    Lorraine versuchte, die Zigarette anzuzünden, doch ihre Hand zitterte so sehr, dass das Feuerzeug auf den Boden fiel. Sie konnte die Augen nicht vom Fernseher wenden. Hatte Angst, Ronnie zu verpassen. Eine aufgeregte Frau rief unverständliche Wörter. Eine attraktive Reporterin, die ein Mikrofon umklammert hielt, stand vor einer schwarzen Rauchwolke, aus der Flammen züngelten und hinter der die niedrige Silhouette des Pentagon zu erkennen war.
    Sie wählte Ronnies Handynummer, doch es war immer noch besetzt.
    Sie versuchte es wieder und wieder. Ihr Herz hämmerte wie wild, und sie zitterte, sehnte sich verzweifelt danach, seine Stimme zu hören, sich zu vergewissern, dass es ihm gut ging. Doch sie konnte nicht verdrängen, dass seine Besprechung im Südturm hätte stattfinden sollen. Und der war soeben eingestürzt.
    Sie wollte neue Aufnahmen von Manhattan, nicht vom blöden Pentagon. Sie schaltete auf Sky News um. Wieder eine Handkamera, diesmal filmte sie drei staubige Feuerwehrmänner mit gelben Armbinden, die mit eiligen Schritten einen verletzten grauhaarigen Mann davontrugen.
    Dann ein brennendes Auto. Ein brennender Krankenwagen. Gestalten, die aus der Düsternis auftauchten. Ronnie? Sie beugte sich vor, kroch ganz nah an den großen Bildschirm. Ronnie? Die Gestalten gewannen an Schärfe wie auf einem Foto im Entwicklerbad. Keine Spur von Ronnie.
    Wieder wählte sie seine Nummer. Eine Pause, ein Sekundenbruchteil, gleich würde es klingeln! Dann ertönte wieder das Besetztzeichen.
    Sky News schaltete nach Washington. Sie drückte einen Knopf auf der Fernbedienung. Alle Sender schienen dieselben Bilder zu zeigen, dieselben Quellen zu benutzen. Sie sah noch einmal den Einschlag des ersten Flugzeugs, dann den des zweiten. Die Bilder liefen wieder und wieder über den Bildschirm.
    Ihr Telefon klingelte. Mit Herzklopfen nahm sie das Gespräch an und erstickte fast an ihrem »Hallo?«
    Aber es war der Waschmaschinenmonteur, der den Termin für den nächsten Tag bestätigen wollte.
    24
    OKTOBER 2007 Der Name der Zielperson lautete Ricky. Abby war ihm gelegentlich auf Partys begegnet, wo er schnurstracks auf sie zuzukommen und mit ihr zu plaudern pflegte. Sie fand ihn tatsächlich recht attraktiv und genoss es, mit ihm zu flirten.
    Er war ein gut aussehender Mann Mitte vierzig, dem etwas Geheimnisvolles anhaftete. Er wirkte sehr selbstsicher und erinnerte sie an einen alternden entspannten Surfer. Genau wie Dave verstand er sich auf den Umgang mit Frauen, stellte viele Fragen, gab aber nur wenig von sich selbst preis. Er war eine große Nummer im Briefmarkenhandel.
    Allerdings gab es Streit mit ihm. Es ging um Briefmarken im Wert von vier Millionen Pfund. Laut Dave hatten er und Ricky vereinbart, den Gewinn zu teilen, doch nun verlangte Ricky auf einmal neunzig Prozent. Als sie sich erkundigte, weshalb Dave nicht einfach die Polizei einschaltete, hatte er nur gelächelt. Die Polizei schien für beide keine Option zu sein.
    Außerdem hatte er einen viel besseren Plan.
    25
    OKTOBER 2007 Trotz des grellen Strahls der Halogenlampe mühte sich Roy Grace, den winzigen Gegenstand zu erkennen, den Frazer Theobald mit einer stählernen Pinzette in die Höhe hielt. Er sah nur verschwommen etwas Blaues.
    Blinzelnd gestand er sich ein, dass wohl allmählich eine Brille fällig wäre. Erst als der Rechtsmediziner ein Stückchen Papier hinter die Pinzette hielt und ihm eine Lupe reichte, konnte Roy den Gegenstand erkennen. Es war eine Faser, dünner als ein menschliches Haar und zart wie eine Spinnwebe. Sie changierte im Licht, wirkte abwechselnd durchsichtig und blass blau, und die Enden zitterten leicht, weil Theobalds Hand nicht ganz ruhig war und ein eisiger Luftzug durch den Abwasserkanal pfiff.
    »Wer immer die Frau getötet hat, hat sich sehr bemüht, keine Spuren zu hinterlassen«, erklärte Theobald. »Ich vermute, er hat sie hier

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