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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Größere hatte eine Plastiktüte dabei, in der sich vermutlich eine Bierdose befand. In der Stadt war es verboten, auf der Straße zu trinken, sodass die Leute eine offene Dose in einer Plastiktüte bei sich trugen. Vermutlich wollten sich die beiden durch einen Taschen- oder Ladendiebstahl Geld beschaffen oder ihre Tagesration kaufen, darauf deutete die Eile hin, mit der sie sich bewegten. Denkbar war auch, dass es Dealer auf dem Weg zu einem Kunden waren.
    Zwei rotgelbe Busse donnerten vorbei, gefolgt von einem Taxi und mehreren Pkw. Irgendwo heulte eine Sirene, worauf die Köpfe der Männer herumschossen. Der Stämmige schaute sich immer noch um, und Grace tauchte zwischen Passanten unter, um nicht bemerkt zu werden.
    Die Männer gingen nach links in die Trafalgar Street. Graces Instinkt hatte ihn also nicht getrogen. Wie erwartet verschwanden sie einige hundert Meter weiter auf den Pelham Square, einen kleinen, eleganten Platz mit Häusern aus der Regency-Zeit, die einen eingezäunten Park umrahmten.
    An schönen Tagen verbrachten die Büroangestellten aus der Gegend gern ihre Mittagspause auf den Bänken am Ende der Trafalgar Street. Seit am Arbeitsplatz absolutes Rauchverbot galt, waren sie noch beliebter geworden. Die Leute aßen ihre Sandwiches und rauchten, ohne sich um die schäbigen Gestalten zu kümmern, die sich am Ende des Parks um eine Bank drängten.
    Grace lehnte sich an einen Laternenpfahl und beobachtete die Gruppe. Niall Foster saß mit zwei anderen auf der Bank und trank Bier aus einer versteckten Dose. Er war Anfang vierzig, mit mürrischem, unsympathischem Gesicht und einem seltsamen Haarschnitt, der an die verunglückte Tonsur eines Mönchs erinnerte. Trotz des kühlen Wetters trug er nur ein Unterhemd, einen Blaumann und derbe Stiefel.
    Grace kannte ihn, der Mann war eine kleine Nummer als Einbrecher und Drogenhändler. Vermutlich bediente er die jämmerlichen Gestalten, die neben ihm saßen: eine ungepflegte, nervöse Frau mit verfilztem braunem Haar und einen ähnlich schmutzigen Mann Mitte dreißig, der wiederholt den Kopf zwischen die Knie presste.
    Die beiden Männer, denen Grace gefolgt war, traten zu Foster. Es war eine Migration wie aus dem Lehrbuch. Foster hatte die Süchtigen um exakt diese Zeit an diesen Ort bestellt. Kam ihm etwas verdächtig vor, würde er den Park sofort verlassen, einen neuen Ort auswählen und seine Kunden dorthin bestellen. Es konnte zu mehreren Migrationen kommen, bevor ein Dealer sich sicher fühlte. Oft hatten sie einen jungen Helfer, der das für sie erledigte, aber Foster war billig und wollte von seinem schmalen Profit nichts abgeben. Außerdem kannte er das System. Er war sich durchaus bewusst, dass er ein kleiner Fisch war und notfalls die Päckchen verschlucken und auf der Toilette wieder hervorholen konnte.
    Niall Foster schaute zu Grace herüber, der sich daraufhin umdrehte und fast mit dem Mann zusammenstieß, nach dem er eigentlich gesucht hatte.
    Er hatte Terry Biglow mehrere Jahre nicht gesehen und war entsetzt, wie sehr der alte Ganove gealtert war. Er war ein Ableger einer der übelsten Verbrecherfamilien von Brighton. Die Geschichte der Biglows reichte zurück bis zu den Rasiermesserbanden, die in den 1940er und 1950er Jahren heftige Kämpfe um Schutzgeldreviere ausgefochten hatten. Damals versetzte allein ihr Name viele Menschen in Brighton and Hove in Angst und Schrecken. Inzwischen waren die älteren Biglows gestorben, und die Jüngeren verbüßten langjährige Strafen oder hatten sich nach Spanien abgesetzt. Wer wie Terry dageblieben war, hatte die beste Zeit hinter sich.
    Terry Biglow hatte zunächst alte Damen ausgeraubt, war dann Hehler und schließlich Drogendealer geworden. Niederträchtiges Gesicht, billige Eleganz, schicke Schuhe und zu einer Tolle frisierte Haare. Inzwischen musste er Mitte bis Ende sechzig sein, sah aber gut und gern zehn Jahre älter aus.
    Der alte Ganove hatte die Haare noch immer tadellos frisiert, doch sie waren mattgrau, fettig und schütter. Sein Rattengesicht war gelblich und hager, die kleinen scharfen Zähne bräunlich verfärbt. Er trug einen schäbigen grauen Anzug, dessen Hose von einem viel zu hoch getragenen Gürtel gehalten wurde. Er schien geschrumpft zu sein und roch ungepflegt. Nur die dicke goldene Uhr und der protzige Smaragdring erinnerten an den alten Terry Biglow.
    »Mr Grace, Detective Sergeant Grace, schön Sie zu sehen! Was für eine Überraschung!«
    So überraschend nun auch wieder

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