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So habe ich es mir nicht vorgestellt

So habe ich es mir nicht vorgestellt

Titel: So habe ich es mir nicht vorgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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um Hila eben keinen Grund zu geben, sie zu unterbrechen und nach Details zu fragen, mußte sie eine genaue Beschreibung in der richtigen Reihenfolge liefern, um in Hilas Augen die Bestätigung zu sehen, daß auch sie, wäre sie an ihrer Stelle gewesen, mit Entsetzen und Verletztsein reagiert hätte, und erst als Hilas olivgrüne Pupillen sich erweiterten und verengten, als sie das Kinn auf eine Hand stützte, während die andere mit dem Löffel im Suppenteller rührte, beruhigte sich Jo’ela. Sie hatte jetzt aufgehört zu sprechen und fuhr sich mit der Hand über Mund und Nase.
    »Ich habe es ja gewußt«, rief Hila triumphierend und schlug mit dem Löffel auf den Tisch. Dann fügte sie hinzu, während sie den Fuß auf den Stuhl links neben ihr stellte: »Ich habe diesem Typ nie getraut. Allerdings soll man so etwas nicht von vornherein erwarten, das stimmt schon.« Sie runzelte die Stirn. »Wenn man von vornherein mißtrauisch ist, kann man sich auf niemanden einlassen, und wenn man das nicht tut, wenn man ständig auf die Grenzen achtet und dauernd Angst hat, vom anderen verletzt zu werden, sind alle Beziehungen sinnlos. Aber in seinem Fall …« Jo’ela blickte sie erwartungsvoll an. Sie wunderte sich selbst, wie abhängig sie gerade jetzt von Hilas Zustimmung war. Das unmißverständliche Bedürfnis, sie auf ihrer Seite zu wissen, eindeutig, ohne jede Distanz, war größer als ihre Scham. »Es war nicht schwer zu wissen, daß man sich auf ihn nicht verlassen kann. Ich habe dir schon lange gesagt, daß er abhängig ist, ein Opfer seines Ehrgeizes. Die Grausamkeit dieser Ehrgeizlinge, die süchtig sind nach Anerkennung …«
    »So extrem muß man es nun auch wieder nicht sehen«, protestierte Jo’ela, die insgeheim hoffte, Hila würde ihren Einspruch sofort widerlegen, und sie fragte sich, warum sie die Dinge überhaupt auf diese radikale, gefährliche Art zur Diskussion stellte, als gäbe es keine andere Möglichkeit, aber sie konnte nicht aufhören damit. »Schließlich kann man doch leicht verstehen, was ihn ärgert und neidisch macht. Wenn du das Ganze mal aus seiner Sicht betrachtest …«
    Hila aß ein paar Löffel Suppe, und Jo’ela merkte, wie heftig ihr Herz klopfte, bis sie Hila wütend sagen hörte: »Du kannst es betrachten, wie du willst, ich jedenfalls betrachte es auf meine Art.« Sie wischte sich die Lippen mit dem Handrücken ab und verkündete: »Ich sehe überhaupt keine Notwendigkeit, darüber nachzudenken oder nach Entschuldigungen zu suchen, Verrat ist Verrat, und das ist alles. Mich hätte das auch krank gemacht.«
    »Wirklich?« fragte Jo’ela erleichtert. »Glaubst du wirklich, es hätte dich ebenso gekränkt?«
    »Was für eine Frage! Jeder wäre so verletzt gewesen, besonders wenn es keine Hinweise …«
    »Nicht nur, daß es keine Hinweise gegeben hat, er hat selbst vorgeschlagen … er hat sich als Hilfe angeboten, es hat ihn doch niemand gebeten, mich bei der Sitzung zu verteidigen, oder? Wenn ich jetzt logisch darüber nachdenke, war schon seine Ankündigung, er würde bei der Sitzung für mich einstehen, eine Gemeinheit. Seit wann brauche ich solchen Schutz? Ich wäre mit der Angelegenheit leicht allein zurechtgekommen, und wenn er es so hinstellt, als wolle er mich schützen oder so, dann verstärkt er damit das Gefühl, etwas sei falsch. Ich sage ja nicht, daß es in diesem Fall nicht so etwas gab – in gewisser Hinsicht –, aber es war auch nicht so, daß er es als Präzedenzfall nehmen müßte, schließlich kann man wirklich nichts machen, wenn sich die Plazenta vorzeitig gelöst hat. Nur wenn es während des Geburtsvorgangs selbst passiert, kann man das Kind retten. Aber du an meiner Stelle wärest nicht so zusammengebrochen, ich verstehe selbst nicht, was das in mir ausgelöst hat, ein Gefühl, als …« Etwas erstickte ihre Stimme und hinderte sie am Weitersprechen.
    »Was für ein Gefühl?« Hila hörte auf zu essen und beugte sich vor.
    Jo’ela senkte den Kopf und schluckte. »Ich weiß es nicht. Als hätte sich alles umgedreht, als stünden alle Bilder auf dem Kopf, als hätte ich die Realität nicht wirklich gesehen, als hätte ich von jemandem einen Schlag bekommen, genau in dem Moment, als ich bedingungsloses Vertrauen empfand, als hätte ich vergessen, vorsichtig zu sein, als wäre ich der letzte Dummkopf, und darauf war ich nicht vorbereitet, ich war so sicher gewesen, daß er alles ernst meinte, was er sagte, mir ist es gar nicht in den Sinn gekommen,

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