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So habe ich es mir nicht vorgestellt

So habe ich es mir nicht vorgestellt

Titel: So habe ich es mir nicht vorgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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ebenfalls nicht auf eine natürliche Geburt gewartet, auch wenn das aus medizinischer Sicht richtig gewesen wäre.«
    »Die ganze Geburt war eine Katastrophe, ich habe versagt«, sagte Jo’ela zur anderen Wand, dann schaute sie ihn an.
    Nerja schob die Brille auf die Stirn und rieb sich das linke Auge mit dem Handballen. Sie sah von der Seite, daß das kurzsichtige Auge gerötet war und das Lid zitterte. »Ich habe dir doch gesagt, ich hätte sie auch operiert.«
    Sie nickte schwach.
    »Natürlich hätte ich mit mir gekämpft, aber ich hätte sie vielleicht auch operiert. Das werde ich auch bei der Besprechung sagen. Schade, daß du dich nicht mit jemandem beraten hast …«
    »Wann hätte ich denn mit jemandem sprechen sollen? Drei Minuten nachdem ich es auf dem Monitor gesehen hatte, habe ich sie doch runtergebracht …«
    »Ja, ja, ich weiß, drei Minuten … Ich meine ja auch nicht die Ablösung, sondern das, was hinterher war, die Operation …«
    »Was gibt es da zu beraten? Es war meine Entscheidung, ich habe die Verantwortung dafür, daß ich auch an ihre Seele gedacht habe. Wenn du sie gesehen hättest …«
    »Natürlich, natürlich«, sagte Nerja beruhigend. »Ich spreche ja nur als guter Freund, als einer, der dich kennt, ohne Berechnung, ganz spontan, sogar ungeschützt, aber ich verstehe dich, gerade deshalb verstehe ich dich ja …« Er atmete tief ein und stieß geräuschvoll die Luft aus.
    »Ich bin nur zufällig vorbeigegangen, ganz zufällig bin ich reingegangen, ich hätte es überhaupt nicht zu tun brauchen«, klagte sie. »Und dann ging alles so schnell, so plötzlich, noch bevor ich Zeit hatte, sie zu untersuchen, ich stand da, hatte den Handschuh an, und da kam das Fruchtwasser …«
    (»Das ist ja wirklich Wasser«, hatte Talia Levi gesagt, die Gebärende, und ihr rundes Gesicht hatte gestrahlt, als sie den großen Fleck betrachtete, der sich auf dem Laken ausbreitete, und erst als das Wasser auf den Boden tropfte, hatte sich Besorgnis auf ihrem Gesicht gezeigt. »Was haben Sie denn geglaubt, was es wäre?« hatte Lina, die Hebamme, gefragt.)
    »Das ist mir zum ersten Mal passiert. Noch nie ist die Fruchtblase von selbst geplatzt, als ich gerade den Finger reinstecken wollte.«
    »Aber das heißt doch gar nichts«, sagte Nerja. »Du redest jetzt nur so daher. Was hat das damit zu tun? Mir ist das schon ein paarmal passiert. Und in der Nacht, als ich sie untersucht habe, war alles in Ordnung.«
    (»Jetzt kann ich Sie schon nicht mehr untersuchen, jetzt müssen wir warten«, hatte Jo’ela zu der jungen Frau mit dem runden Gesicht gesagt, die sie fragend anschaute. »Wir nehmen nur im Notfall eine vaginale Untersuchung vor, wenn die Fruchtblase geplatzt ist, um eine Infektion zu vermeiden«, hatte Jo’ela erklärt. Sie hatte sich um einen sachlichen Tonfall bemüht, um ihre Sorge zu verbergen, als sie die Hebamme fragte, wann die Gebärende das letzte Mal untersucht worden sei. »In der Nacht«, hatte Lina mit einem Blick auf die Patientenkartei geantwortet. »Doktor Nerja hat sie untersucht, alles war in Ordnung.« Jo’ela hatte auch in Linas kleinen, vernünftigen Augen hinter den dicken Gläsern die heimliche Sorge erkannt. Lina hatte die Hand auf die Talia Levis gelegt, bereit, sie zu drücken, wenn es nötig wäre. Nun befestigte sie den Gürtel auf dem gespannten Bauch der Frau. Ihr Eulengesicht war undurchdringlich. Talia Levi verfolgte ihre Bewegungen mit aufgeregter Freude.)
    »Sie hat sich so gefreut, als das Wasser gekommen ist«, sagte Jo’ela zu Nerja, der mit einer zarten Bewegung ein Haar von ihrem grünen Operationskittel nahm, von dem er glaubte, es sei ihr ausgefallen. Als er merkte, daß er sich geirrt hatte, ließ er es schnell wieder los.
    »Heute nacht, als ich sie untersucht habe, war alles in Ordnung«, bemerkte er.
    (»Jetzt kann man mich wirklich nicht mehr nach Hause schicken«, hatte Talia Levi gesagt, nachdem das Fruchtwasser gekommen war. »Niemand hat vor, Sie irgendwohin zu schicken«, hatte Lina versprochen und Jo’ela angeschaut, als wolle sie ihr Erstaunen über die seelische Festigkeit des Mädchens mit ihr teilen. »Schade, daß Sie die Hebamme heute nacht nicht gesehen haben, sie hat mir nicht geglaubt, daß das Kind kommt«, hatte Talia Levi gemeint. »Sie war die ganze Zeit mißtrauisch und hat geglaubt, es wären Übungswehen.« Jo’ela hatte sie angeschaut und gefragt: »Jetzt sind Sie schon über vierundzwanzig Stunden auf der Station. Beharren

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