Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So hell wie der Mond

So hell wie der Mond

Titel: So hell wie der Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
Gefühl vermittelt, derart begehrt zu sein. Er hatte keine sanften, verführerischen Worte gewählt, keine Oden an die Schönheit ihrer Augen gedichtet – trotzdem fühlte sie sich lebendig und höchst attraktiv. »Ich bin nicht sicher, ob ich verwirrt oder geschmeichelt bin – aber es scheint, als reiche mir das ebenfalls.«
    »Gut.« Ein Großteil seiner Anspannung legte sich, als er erneut ihre Hand an seine Lippen hob. »Aber warum erzählst du mir jetzt nicht endlich von deinem aufregenden Arbeitstag?«
    »Von meinem Tag?« Verwirrt riß sie die Augen auf, doch plötzlich strahlte sie. »Oh, Himmel, mein Tag! Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.«
    »Wie schön das für mich ist!« Wieder legte er eine Hand auf ihren Schenkel und glitt langsam daran hinauf. »Falls du noch etwas länger nicht daran denken willst…«
    »Nein.« Lachend schob sie seine Hand zurück. »Ich habe regelrecht darauf gebrannt, es dir zu erzählen; aber dann habe ich angefangen daran zu denken, wie es wäre, endlich mit dir ins Bett zu gehen, und dadurch verloren meine ursprünglichen Überlegungen für einen Augenblick an Wichtigkeit.«
    »Wie wäre es, wenn ich gestatten würde, dass du mich noch einmal in mein Schlafzimmer zerrst und mir einfach später von deinem Tag berichtest?«
    »Nein.« Sie lehnte sich so weit zurück, dass sie unerreichbar für ihn war. »Der Punkt ist fürs erste abgehakt. Jetzt erörtern wir meinen Tag.«
    »Das Geräusch, das du da gerade hörst, ist mein Ego, dem die Luft ausgeht.«
    Das Zigarillo zwischen den Lippen, das Weinglas in der Hand, lehnte er sich ebenfalls zurück. »Also gut, dann spuck’s aus!«
    Sie fragte sich, was für ein Gefühl es wohl sein würde, wenn sie mit jemand anderem darüber sprach. »Im März habe ich herausgefunden, dass mein Vater kurz vor seinem Tod bei der Werbeagentur, bei der er beschäftigt gewesen war, Gelder veruntreut hatte.« Sie atmete vorsichtig aus und legte eine Hand auf ihren Bauch. »Allmächtiger!«
    Endlich, so dachte er, rutschte das bisher fehlende Puzzleteil an seinen Platz. »Im März«, wiederholte er und sah sie reglos an. »Und vorher hast du nichts davon gewusst?«
    »Nein, nichts. Ich erwarte immer noch, dass die Leute schockiert sind, wenn ich ihnen davon erzähle. Warum bist du nicht schockiert?«
    »Es liegt in der Natur des Menschen, dass er hin und wieder Fehler macht.« Seine Stimme wurde sanft, als er überlegte, wie schrecklich die Entdeckung für sie sicherlich gewesen war. »Aber dich hat es erst mal umgehauen, stimmt’s?«
    »Allzu gut kam ich nicht damit zurecht. Erst dachte ich, es würde mir gelingen, die Sache einfach zu verdrängen, so zu tun, als wäre nie etwas Derartiges geschehen. Aber das hat offenbar nicht funktioniert.«
    »Und du hast mit niemandem darüber gesprochen?«
    »Ich konnte es nicht. Margo hatte gerade erfahren, dass sie schwanger ist, und Laura, Himmel, sie hat bereits mehr als genug am Hals; außerdem habe ich mich einfach zu sehr geschämt. Im Grunde war es wohl das. Ich habe es einfach nicht über mich gebracht, mich jemandem anzuvertrauen.«
    Weshalb sie schließlich aus lauter Sorge, Streß und Schuldgefühlen krank geworden war, erkannte er. »Und dann hat man dir bei Bittie dasselbe vorgeworfen.«
    »Das alles konnte einfach nicht wahr sein. Es war wie irgendein grausamer komischer Witz und hat mich vollkommen gelähmt. Nie zuvor hatte ich eine derartige Angst, nie zuvor hatte ich mich derart hilflos gefühlt. Die ganze Sache zu ignorieren schien die einzig mögliche Lösung für mich zu sein. Dann würde sich schon alles von selbst erledigen. Ich dachte, am besten würde ich mich mit anderen Dingen beschäftigen, nicht darüber nachdenken, nicht reagieren, und dann würde dieser Irrtum sicher irgendwie aufgeklären.«
    »In solchen Fällen flippen manche Menschen aus«, murmelte er, »manche brechen zusammen, manche starten den Gegenangriff.«
    »Und ich habe einfach den Kopf in den Sand gesteckt. Tja, aber damit ist es jetzt vorbei.« Sie hob ihr Glas. »Ich habe mit meiner Tante und meinem Onkel gesprochen. Statt dass dadurch irgend etwas besser geworden wäre, habe ich alles nur noch schlimmer gemacht. Es muss ihnen furchtbar weh getan haben. Ich wollte ihnen erklären, weshalb ich ihnen so dankbar bin, und habe alles vollkommen falsch, formuliert. Oder vielleicht waren bereits meine Überlegungen falsch, und ich habe sie obendrein noch unglücklich vorgebracht. Tante Su – sie war furchtbar

Weitere Kostenlose Bücher