So hell wie der Mond
unterlegen war, machte ihr auf erregende Weise ihre tatsächliche Zartheit und Verletzlichkeit klar. »Ich bin nicht sicher, ob es mir gefällt, wenn du mich ständig durch die Gegend schleppst.«
»Sag mir Bescheid, sobald du dir sicher bist. In der Zwischenzeit plädiere ich für eine Dusche und dafür, dass es endlich etwas zu essen gibt. Ich komme mir schon halb verhungert vor.«
Nein, es wurde nicht peinlich, merkte sie. In der Tat empfand sie es als überraschend angenehm, eins seiner verblichenen T-Shirts zu tragen und Bob Segers Sandpapierstimme zu lauschen, die irgendeine Rockballade sang. Byron hatte sie gebeten, einen Salat zu kreieren, während er sich dem Grillen der Steaks widmete. Die Tätigkeit machte ihr Spaß. Nie zuvor hatte sie die Farben, die Textur oder den sommerlichen Duft frischen Gemüses derart bewusst erlebt. Sie aß durchaus gerne, überlegte sie, aber bisher hatte für sie einzig der Geschmack gezählt. Nun jedoch erkannte sie, dass dies nicht der einzig bedeutsame Faktor war. Auch die Art, wie sich die Lebensmittel anfühlten, wie verschiedene Zutaten miteinander harmonierten oder kontrastierten, machte ein gutes Essen aus.
Die feuchten, fedrigen Blätter eines Artischockenherzens, der feste Biß einer Karotte, die subtile Säure einer Gurke, die Zartheit eines grünen Salatblattes – das alles hatte seine eigene Note.
Sie legte das Küchenmesser fort und blinzelte. Was, zum Teufel, tat sie da? Schwärmte sie tatsächlich derart von einem Salat? Ach, du liebe Güte! Vorsichtig schenkte sie sich etwas Rotwein ein. Obgleich sie in letzter Zeit keine Magenprobleme mehr plagten, trank sie immer noch kaum Alkohol. Um so gieriger hob sie nun das Glas an ihren Mund.
Durch die Glastür sah sie, wie er, während er die Steaks wendete, mit seinen Hunden sprach. Eine dichte Rauchwolke stieg in die Luft.
Sie kochten gemeinsam, dachte sie. Sie trug sein Hemd. Die Hunde bettelten, dass er ihnen kleine Fleischbrocken spendierte, und im Hintergrund spielte angenehme Musik.
Es war alles so häuslich, dass ihr geradezu schwindelte.
»Schatz …« Byron schob die Türen auf. »Schenkst du mir bitte auch ein Gläschen ein? Die Steaks sind so gut wie fertig.«
»Aber sicher doch.« Vorsicht, Mädchen, warnte sie sich. Dies ist nichts weiter als ein netter, angenehmer Abend zweier einander sympathischer Erwachsener. Nichts, weshalb du nervös zu werden brauchst.
»Danke.« Byron nahm das Glas und schwenkte den Wein vorsichtig, ehe er den ersten Schluck durch die Kehle rinnen ließ. »Wollen wir vielleicht hier draußen essen? Es ist eine wunderbare Nacht.«
»Okay.« Vor allem war es draußen wesentlich romantischer, überlegte sie, während sie mit dem Geschirr auf die Veranda trat. Weshalb sollte sie nicht einen Abend lang das Licht der Sterne und eine Flasche Wein mit dem Mann genießen, der soeben ihr Liebhaber geworden war? Daran konnte doch nichts falsch sein …
»Du hast schon wieder diese Falte zwischen den Brauen«, stellte er fest, während er den von ihr zubereiteten Salat probierte und zustimmend nickte. »Die, die du immer kriegst, wenn du mit irgendwelchen wichtigen Berechnungen beschäftigt bist.«
»Ich habe gerade versucht auszurechnen, wieviel von dem Steak ich essen kann, ohne zu platzen.« Ohne aufzublicken, schnitt sie ihr Fleisch klein. »Es schmeckt einfach wunderbar.«
»Obgleich es mich mit einer überraschenden Befriedigung erfüllt, dich zu füttern, glaube ich nicht, dass du im Augenblick wirklich ans Essen denkst.« Erst wollte er sie bitten, den Kopf zu heben und ihn anzusehen; aber dann nahm er lieber den direkten Weg, legte eine Hand auf ihren nackten Schenkel. Siehe da, er brauchte nicht lange zu warten, bis ihr Kopf nach oben fuhr und sie ihn anstarrte. »Warum mache ich es dir nicht einfach leicht? Ich möchte, dass du die Nacht mit mir verbringst.«
Sie nahm ihr Weinglas in die Hand und drehte den Stiel. »Ich habe keine frische Garderobe dabei.«
»Dann stehen wir einfach ein bisschen früher auf, damit du genug Zeit hast, dich zu Hause umzuziehen, ehe du zur Arbeit musst.« Er fuhr mit einer Fingerspitze an ihrem langen, schmalen Hals hinab. »Ich möchte noch mal mit dir schlafen. Ist das deutlich genug?«
Tatsächlich war es das, darum nickte sie. »Also gut, ich bleibe hier – aber ich möchte keine Beschwerde hören, wenn um sechs der Wecker klingelt.«
Statt einer Antwort lächelte er leicht. Für gewöhnlich joggte er morgens um sechs bereits
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